HIER WOHNTE
KÄTHE BENZION
GEB. BASCH
JG. 1905
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Käthe Hildegard Benzion geb. Basch, die Mutter von Eva und Marianne, wurde am 25. August 1905 in Pinne, heute Pniewy, in Posen geboren. Ihre Eltern hießen Moritz und Hulda Basch. Käthe war das Jüngste von fünf Kindern. Sie hatte drei Schwestern, Elsa, geb.1891, Margarete, geb.1893 und Dagmar, geb.1895 und den Bruder Siegfried, geb.1897. Bis auf Margarete Werblowski geb. Basch bleibt das Schicksal der gesamten Familie Basch unbekannt.
Auch für Käthe und ihre beiden Töchter gibt es keinerlei überlieferte Dokumente. Zu einem unbekannten Zeitpunkt, vermutlich 1930, heiratete sie Gerhard Benzion, geb. am 24. März 1903 in Berlin. In den Berliner Adressbüchern von 1930 sind Käthe Basch als „Angestellte“ und 1931 Gerhard Benzion als „Kaufmann“ unter der gemeinsamen Adresse Lortzingstraße 3 eingetragen. Haben sie sich in diesem Haus kennen gelernt, oder war Käthe bei Gerhard Benzion angestellt? Käthe hatte vorher zusammen mit ihrer Schwester Elsa in der Brunnenstraße 110 gewohnt.
Das Ehepaar Benzion bekam zwei Töchter, Eva wurde am 27. August 1931 und Marianne am 9. Februar 1933 geboren. Gerhard Benzion muss nach den ersten Boykottmaßnahmen gegen jüdische Unternehmen bereits 1933 seine Selbstständigkeit verloren haben, von 1934 an galt er nur noch als Angestellter mit der Wohnung im Reinickendorfer Schillerring 31.
Am 16. Dezember 1938 verließ Gerhard Benzion seine Frau und seine beiden Töchter und emigrierte in die Niederlande. Allerdings taucht sein Name mit der alten Berufsbezeichnung „Kaufmann“ 1939 noch ein einziges Mal unter der Adresse Pariser Straße 11 auf. Käthe hatte hier mit den Kindern Unterkunft gefunden. Das Haus gehörte der Jüdischen Gemeinde, wir wissen jedoch nicht, wo und bei wem sie lebten. Vermutlich hatten sie ein Zimmer zur Untermiete bei einem der jüdischen Hauptmieter.
Ihr Ehemann hielt sich genau ein Jahr in Amsterdam in Freiheit auf. Am 23. November 1939 wurde er verhaftet und im Sammellager Westerbork interniert. Er war ungewöhnlich lange, nämlich vier Jahre, in diesem eigentlich als Durchgangslager für jüdische Gefangene eingerichteten Lager inhaftiert. Im Archiv des Kamp Westerbork gibt es keinerlei Dokumente über Gerhard Benzion, die diesen langen Aufenthalt erklären könnten. Am 14. September 1943 musste er den Todeszug nach Auschwitz besteigen. Entgegen der Eintragung im Gedenkbuch, welches sein Todesdatum auf den 11. November 1943 festlegt, war er noch am 3. Januar 1944 im KZ Auschwitz inhaftiert. Quelle dafür ist ein Eintrag im Operationsbuch des Häftlingskrankenhauses des Lagers. Kaum vorstellbar, welchem Martyrium Gerhard Benzion bei einer dort durchgeführten Operation ausgesetzt war.
Wir wissen nicht, wie seine Frau und seine Töchter in dieser Zeit ihr Leben in Berlin verbrachten. Wurde Käthe zur Zwangsarbeit verpflichtet? Wie konnte sie ihre Kinder ernähren? Hatten sie Nachricht vom Ehemann und Vater? Für Eva und Marianne war durch die Verordnung vom 15. November 1938 der Besuch einer deutschen Schule verboten. Wie haben sie die Jahre verbracht, bis sie zusammen mit ihrer Mutter festgenommen und deportiert wurden? Sie wurden aus der Wohnung in der Pariser Straße 11 noch einmal ausquartiert und in die Auguststraße 17 verbracht. Auch dieses Haus gehörte, wie auch die Nachbarhäuser, der Jüdischen Gemeinde. Bis 1914 war dort der Verein für Jüdische Krankenpflege untergebracht, es war ein Schwesternwohnheim. Ab 1936 diente es als Zufluchtsheim für wohnungslose jüdische Frauen und Mädchen.
Am 12. Januar 1943 wurden von hier 74 Menschen aller Altersstufen mit einem riesigen Transport, es waren insgesamt 1196 Insassen, unter ihnen die Schriftstellerin Else Ury, nach Auschwitz verschleppt. Haben Käthe, Marianne und Eva ihren Mann und Vater, der 8 Monate später im Konzentrationslager ankam, noch einmal gesehen? Oder wurden sie sofort nach ihrer Ankunft ermordet? Käthe Benzion war noch jung, 38 Jahre alt. Es ist denkbar, dass sie im Lager oder einem der Industriebetriebe in der Nähe Zwangsarbeit leisten musste, bis sie vor Entkräftung starb. Das Leben und Sterben Käthe Benzions und ihrer beiden Kinder Eva und Marianne bleibt weitgehend im Dunkeln. Die wenigen überlieferten Informationen werfen mehr Fragen auf, als sie Antworten geben können.
Wir wissen von ihrer Schwester Margarete, dass sie mit dem Kantor und Volksschullehrer Samuel Werblowski verheiratet war. Sie hatten einen Sohn, Gerd Siegfried, geboren 1923 in Berlin. Die Familie zog nach München, von wo aus sie am 20. November 1941 nach Kaunas/Litauen deportiert und im Fort IX, einer ehemaligen Festungsanlage, vier Tage später ermordet wurden.
Jonny Benzion, Gerhard Benzions Vater, wurde am 7. Februar 1942 im Alter von 71 Jahren im Ghetto Lodz/Polen ums Leben gebracht. Als offizielle Todesursache wurde „Multiple Hirnblutung“ angegeben.