Im März 1939, unmittelbar vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Tschechoslowakei, gelang ihm die Flucht nach Warschau mit dem letzten Zug, der das Land verlassen durfte. Am 1. September 1939 übermittelte er seinen letzten Artikel per Telefon nach Basel, während die ersten Bomben auf Polen fielen und der Zweite Weltkrieg begann. Wolfgang Bretholz floh aus Warschau unter dramatischen Bedingungen und entkam in die kleine Stadt Krzemieniec (heute Ukraine) und setzte dann seine Flucht in Richtung Rumänien fort. Am 17. September nahmen ihn Russen fest, die von Osten her in Polen eingedrungen waren. Er blieb einige Wochen in Gefangenschaft in Tyraspol bis er freigelassen wurde und die rumänische Grenze über den Dnister überquerte um Bukarest zu erreichen, wo er sich von Januar 1940 bis September 1940 aufhielt. Als König Carol II zugunsten seines 18-jährigen Sohnes Michael abdankte und aus dem Land floh, übernahmen Antonescu und seine faschistische Eiserne Garde die
Macht; Wolfgang Bretholz musste erneut fliehen um Griechenland zu erreichen, nachdem er Bulgarien und Jugoslawien passiert hatte, wo das komplette Chaos herrschte.
Wolfgang Bretholz verließ Ende 1940 Griechenland von Piräus aus und erreichte Istanbul und dann Ankara, wo er am 1. Januar 1941 ankam und während des gesamten Krieges bis 1947 blieb. In dieser Stadt kam sein einziger Sohn Alexander am 9. Juni 1944 auf die Welt. Ankara, wahrlich ein Drehpunkt für zahlreiche Diplomaten, Journalisten, politische und militärische Repräsentanten, Geheimagenten und Spione aus etlichen Kriegsländern oder neutralen Staaten, diese Stadt gab ihm die Möglichkeit zahlreiche Kontakte zu knüpfen, insbesondere auch zu einem hochrangigen Schweizer Militärangehörigen, der ihm 1947 zu dem kostbaren Visum verhalf, mit dem er in die Schweiz einwandern konnte. Ankara ermöglichte ihm ebenfalls erste Kontakte zum Orient und eröffnete ihm die arabische Welt, die zum Zentrum seines Interesses und seiner künftigen journalistischen Arbeit wurde.
Im März 1943 unternahm er seine erste große Reise nach Palästina, in den Libanon und nach Jordanien, wo er mehrmals in Audienz mit dem Emir Abdullah bin Hussein zusammentraf. Dieser Emir war der Sohn des Sharif Hussein von Mekka, der die Engländer gegen das Osmanische Reich im Gegenzug für das Versprechen unterstützte, nach dem Krieg ein unabhängiges arabisches Königreich zu schaffen, ein Versprechen, das niemals eingehalten wurde.
Ab September 1944 unternahm Wolfgang Bretholz viele Reisen in die endlich vom deutschen Joch befreiten osteuropäischen Länder, ahnte aber nicht, dass er “statt Freiheit, Glück, Zukunftsvertrauen, Gerechtigkeit, Frieden und Fortschritt nur Tyrannei, Angst, Verzweiflung, rohe Gewalt, Hass und Rückkehr zur Barbarei finden würde“. Diese verschiedenen Reisen und die Wahrnehmung der Tragödien, die sich in diesen Ländern abspielten, veranlassten ihn, sein erstes Buch zu schreiben über den historischen Verlauf in diesen Ländern: „Ich sah sie stürzen“. Während Frankreich, Italien, Belgien und Holland ihre Freiheit und Unabhängigkeit wiedererlangten, fielen die baltischen Staaten, Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien und die Tschechoslowakei in die Hände von Stalins UdSSR. Wolfgang Bretholz war in Sofia, Bukarest, Budapest und Prag, durchquerte diese osteuropäischen Länder und übermittelte unter Lebensgefahr zahlreiche Dokumente zwischen den leitenden
demokratischen Kräften, die immer noch versuchten, ihre Länder vor der sowjetischen Kontrolle zu retten.
Im Oktober 1944 ging Wolfgnag Bretholz nach Thrakien, das im Frühjahr 1941 von den Deutschen und dann von den Bulgaren besetzt worden war. Er entdeckte dort eine völlig mittellose griechische Bevölkerung, die von allem beraubt und am Rande des Hungertods stand, beseelt von einem heftigen Hass gegen die bulgarische kommunistische Besatzung. Bei seiner Rückkehr von dieser Reise wurde er nahe der türkischen Grenze von bulgarischen Soldaten festgenommen, die ihn für einen deutschen Agenten hielten und seine beiden Begleiter des Faschismus beschuldigten und erschossen. Er entkam wie durch ein Wunder dem gleichen Schicksal, indem er dem bulgarischen Offizier gegenüber eindringlich sowohl seine eigenen Verbindungen zu hochrangigen Politikern ansprach als auch die Risiken von Sanktionen, die der Bulgare durch die Ermordung von Wolfgang Bretholz auf sich nehmen würde.
Im Dezember 1944 ging er mitten im Bürgerkrieg (der 5 Jahre andauern sollte) nach Athen und fand sich im Hexenkessel der Straßenkämpfe wieder, als die Armee kommunistischer Partisanen versuchte, die Engländer zu vertreiben und die Macht zu übernehmen. Durch ein weiteres Wunder entkam er einem Angriff auf das Hotel „Akropolis“, in dem er übernachten sollte, dort aber keine Unterkunft gefunden hatte.
Im Februar 1948 ereignete sich eine besonders dramatische Situation im Leben von Wolfgang Bretholz. Er war nach Prag gereist in der Überzeugung, dass sich im Land dramatische Ereignisse zusammenbrauten. Von „Freunden“ vor einer bevorstehenden Verhaftung durch die Kommunisten gewarnt, die bereits seinen Pass beschlagnahmt hatten, entschloss er sich nach der Kapitulation von Präsident Benesch am 25. Februar zur Flucht aus dem Land. Nach vielen Schwierigkeiten nahe der deutschen Grenze angekommen, konnte er sich dieser wegen eines unpassierbaren Niemandslandes ohne Papiere nicht weiter nähern. In diesem Moment geschah erneut ein Wunder: Der Leiter einer Gruppe von etwa dreißig jüdischen Männern auf dem Weg nach Palästina erklärte sich bereit, ihn in ihre Mitte aufzunehmen. Das ermöglichte ihm, in das Niemandsland zu gelangen und sich der Grenze bis auf wenige hundert Meter anzunähern. Von dort gelang ihm am Ende der Nacht über eine in Morgennebel getauchte Ebene der
Grenzübertritt unter dem Feuer der Grenzposten, deren Kugeln ihm um die Ohren pfiffen.
Im Mai 1948, kurz nach seiner ereignisreichen Flucht aus der Tschechoslowakei, begab er sich nach Haifa, wo er von Ben Gurion mit den Worten begrüßt wurde: „Wir grüßen Sie als ersten Ausländer, der das neue Land Israel besucht“, einen Staat, der gemäß der Resolution der UN-Generalversammlung am 14. Mai ausgerufen wurde. Er blieb in den ersten Monaten des Krieges mit den Arabern im Land. Der Krieg sollte bis zum 7. Januar 1949 andauern.
Im Herbst 1948 war er in Belgrad und erlebte aus erster Hand Titos Bruch mit Moskau und den Ausschluss der jugoslawischen kommunistischen Partei aus dem Kominform.
Nach diesen extrem ereignisreichen Jahren der Nachkriegszeit konzentrierte sich die journalistische Arbeit von Wolfgang Bretholz auf die arabische Welt mit zahlreichen Reisen, die ihn dazu brachten, alle obersten Repräsentanten dieser Länder zu treffen. 1950 wurde er Korrespondent der „Welt am Sonntag“. 1951 war er im Iran, wo er mehrmals Mossadegh und Schah Mohammad Reza Pahlavi traf, Interviews führte mit König Farouk von Ägypten vor dessen Abdankung 1952, dann mit Mohamed Naguib und Nasser nach dem Staatsstreich. Er traf den jungen König Faisal II vom Irak und König Hussein von Jordanien, reiste nach Syrien, in den Libanon, nach Kuweit und Saudi-Arabien, wo ihn König Abd al-Aziz ibn Saud in Audienz empfing. Weitere Reisen in den Maghreb erlaubten ihm, die komplexen Geschichten von Tunesien, Marokko und Algerien kennen zu lernen und deren Staatsoberhäupter zu interviewen.
Neben seinen unzähligen politischen Reisen unternahm Wolfgang Bretholz auch zwei mehrmonatige größere Reisen für die Schweizer Wochenzeitschrift „Sie und Er“ in Begleitung eines Fotografen. Mit diesen Reisen sprach er eine breitere Öffentlichkeit an, auch wenn politische Erwägungen in diesen Artikeln immer allgegenwärtig waren.
Die erste Reise im Jahr 1953 führt die beiden Männer in ihrem kleinen Volkswagen von Kairo in den Sudan, quer durch die Nubische Wüste, dann über äußerst gefährliche Straßen, beherrscht von bewaffneten Banden, nach Eritrea, Äthiopien, wo sie von dem Negus Haile Selassie in seinem Palast empfangen wurden, und schließlich nach Kenia (die letzte Etappe per Flugzeug). In diesem Land revoltierten seit 1948 die Mau-Mau unter der Herrschaft von Jomo Kenyatta gegen die englische Präsenz.
Die zweite große Reise fand von November 1955 bis März 1956 statt. Sie führte den Journalisten und den Fotografen von Kairo nach Burma, durch Syrien, den Irak, Pakistan und Indien – das Land, das Gegenstand eines 1957 veröffentlichten Buches mit großartigen kommentierten Fotos wurde.
Im November 1957 erlangte Wolfgang Bretholz mit seiner Frau und seinem Sohn die begehrte Schweizer Staatsangehörigkeit und wurde Bürger des Waadtländer Städtchens Moudon.
Als er im Juni 1967 nicht mehr in Kriegsländer reisen wollte, gab er der Redaktion seiner Basler Zeitung, der „National Zeitung”, schließlich nach und reiste einen Tag vor Beginn des „6-Tage-Krieges“ nach Israel, der am 5. Juni begann. Kurz nach Kriegsende erlitt er einen Herzinfarkt (er rauchte durchschnittlich 3 Packungen Zigaretten am Tag!) und blieb zwei Monate in Tel Aviv im Krankenhaus.
Zwei Jahre später, am 31. August 1969, starb Dr. Wolfgang Bretholz in Lausanne an Darmkrebs, der wegen des Herzinfarkts zu spät diagnostiziert worden war.
Die unzähligen Informationen und Treffen mit an die Hundert Staatsoberhäuptern und Politikern all der osteuropäischen Länder, die er besonders gut kannte, und auch in der arabischen Welt veranlassten ihn zwei Bücher zu schreiben: „Ich sah sie stürzen“, erschienen 1955, beschreibt und erklärt die tragischen Ereignisse, die den Kommunisten ermöglichten die Macht in den Ländern zu übernehmen, die in der Zeit von 1946 – 1948 Satellitenstaaten der UdSSR wurden. Das 1960 erschienene Buch „Der Aufstand der Araber“, fasst die Geschichte aller arabischen Länder seit dem Propheten Mohammed zusammen und geht in einem zweiten Teil auf die Entwicklungen in diesen Ländern während der Nachkriegszeit ein.
Dr. Wolfgang Bretholz hinterlässt mit seinen Artikeln eine besonders objektive Chronik der Zeitgeschichte von den 20er bis 60er Jahren des 20. Jahrhunderts, entstanden durch persönlich erhaltene beste Informationen, ob gesammelt aus dem Munde der Hauptakteure der großen Politszene oder spontan aufgegriffen an allen heißen und turbulenten Orten des Planeten.
Recherche und Text: Dr. Alexander Bretholz und Gabriele Beutel (Sohn bzw. Nichte von Dr. Wolfgang Bretholz)