Stolpersteine Kudowastr. 28

Hauseingang Kudowastraße 28

Hauseingang Kudowastraße 28

Die Stolpersteine für Martha und Dr. Julius Jelski wurden am 24. Juni 2023 verlegt.

Stolperstein Martha Jelski

Stolperstein Martha Jelski

HIER WOHNTE
MARTHA JELSKI
GEB. KLEMPERER
JG. 1874
FLUCHT 1939
URUGUAY

Martha (Marta) Jelski wurde am 15. September 1874 als siebtes von neun Kindern des Rabbiners Dr. phil. Wilhelm Klemperer (1839-1912) und seiner Frau Henriette, geb. Franke (1843-1919), in Landsberg an der Warthe geboren.
Wilhelm und Henriette Klemperer stammten aus jüdischen Gelehrtenfamilien in Prag.
Wilhelm Klemperer fand seine erste Anstellung als Rabbiner in Landsberg an der Warthe, wo neben Martha, alle Kinder des Paares geboren wurden, unter ihnen die späteren Professoren der Medizin Georg (1865-1946) und Felix Klemperer (1866-1932) und der Romanist Victor Klemperer (1881-1960). Der Dirigent Otto Klemperer (1885-1973) war ihr Cousin.
1891 kam die Familie nach Berlin. Wilhelm Klemperer war als Prediger an die Jüdische Reformgemeinde in der Johannisstraße 16 berufen worden. Martha war 17 Jahre alt.

Das Paar Jelski (1897)

Das Paar Jelski (1897)

Als Kollege ihres Vaters wurde sechs Jahre später der junge Rabbiner und promovierte Philosoph Julius Jelski 1897 an die Jüdische Reformgemeinde berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung 1934 tätig war. Er wurde Marthas Ehemann. Am 27. Dezember 1897 wurde die Ehe standesamtlich geschlossen.
Das Paar bekam drei Kinder, Wilhelm Felix Walter (1903-1958), Lilli Alice Henriette (1909-2007) und Wilhelm Hans Wolfgang (1913-1994).
1912 verstarb Marthas Vater Wilhelm Klemperer. Nach dessen Tod betreute sie ihre Mutter Henriette und begleitete sie auf Reisen. Nach kurzer Krankheit verstarb Henriette Klemperer friedlich sieben Jahre später, im Juni 1919. Martha Jelski führte im Rollenverständnis der Zeit den großen Haushalt, in dem auch Pensionsgäste untergebracht waren, für ihren in Dresden lebenden Bruder Victor erledigte sie Börsen- und Bankgeschäfte.

Martha und Julius Jelski (1948)

Martha und Julius Jelski (1948)

In den Jahren 1931 und 1932 verstarben ihre Brüder Berthold und Felix.
Ab 1933 emigrierten Martha und Julius‘ Jelskis Kinder nach Palästina, Uruguay und Peru.
In Berlin lebten ab 1937 nur noch wenige Familienmitglieder.
Nach den Erfahrungen der Novemberpogrome 1938 flohen Martha und Julius Jelski ohne wirtschaftliche Sicherheit im April 1939 zu ihrer Tochter Lilli nach Montevideo, Uruguay.
Martha Jelski verstarb dort am 22. Januar 1954 mit 79 Jahren, ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes Julius. Sie wurde neben ihrem Mann auf dem Cementerio Israelita de La Paz, Canelones, Uruguay beigesetzt.

Biografische Zusammenstellung
Dorothea Thünken-Klemperer

Die Quellen finden sich in der ausführlicheren Biografie im Anhang.

  • Martha Jelski, Biografie + Quellen

    PDF-Dokument (3.6 MB)

Stolperstein Dr. Julius Jelski

Stolperstein Dr. Julius Jelski

HIER WOHNTE
DR. JULIUS
JELSKI
JG. 1867
FLUCHT 1939
URUGUAY

Julius Jelski wurde am 29. November 1867 in Slonim (jetzt Belarus), geboren, mit ihm seine Zwillingsschwester Martha (1867-1943). Dem Zwillingspaar Julius und Martha folgten Bernhard (1869-1942), David (1872-1943), Franziska (1877-1932) und der Nachzügler Erich Gotthold (1891-1895).
Ihre Eltern waren der Kantor und Schächter Isaak Jelski (1845-1930) und Ida, geb. Kremer (Krämer).
Über Ida Kremer liegen keine Informationen vor.
Julius Jelski wuchs in Danzig auf und besuchte das Städtische Gymnasium, wo er Ostern 1888 die Reifeprüfung ablegte.
Danach studierte er in Breslau und Tübingen, vorwiegend aber in Berlin.
Direkt im Anschluss an seine Ausbildung zum Rabbiner an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin wurde Jelski 1897 zum Prediger der Jüdischen Reformgemeinde in der Johannisstraße 16 gewählt.
Am 1. Juli 1897 trat Jelski seine Stelle an und blieb dort bis zu seiner Pensionierung 1934.
Vor seinem Amtsantritt hatte er “mit einer philosophischen Arbeit über Spinoza zum Doctor phil. “Magna cum laude” promoviert.
Bis zu seiner Pensionierung nach 37 Dienstjahren blieb Julius Jelski Prediger an der Jüdischen Reformgemeinde Berlin. Während seiner Berufstätigkeit veröffentlichte er, wie seine akademisch gebildeten Kollegen, Artikel in Zeitschriften, so über Spinoza und Goethe, über das Wesen des Judentums, zu ethischen und religiösen Themen und Sammlungen von Konfirmations- und Grabreden und Predigten.
Am 27. Dezember 1897 heiratete er die 23jährige Tochter seines Amtskollegen Dr. Wilhelm Klemperer (1839-1912), Martha Klemperer (1874-1954). Trauzeugen der standesamtlichen Eheschließung waren die Brüder von Bräutigam und Braut, der Danziger praktische Arzt Bernhard Jelski und der Berliner Arzt und Universitätsprofessor Georg Klemperer.

Julius jelski, Februar 1939

Julius Jelski, Februar 1939

Das Paar bekam drei Kinder: Wilhelm Felix Walter (1903-1958), Lilli Alice Henriette (1909-2007) und Wilhelm Hans Wolfgang (1912-1992). Die Kinder flohen ab 1933 nach Südamerika und nach Palästina, später auch in die USA.
Am 3. April 1939, noch vor dem allgemeinen Verbot von Auswanderung für Juden im Oktober 1939, wurde durch Kontakte zum Konsulat in Uruguay die Flucht zu ihrer Tochter Lilli nach Montevideo möglich. Lilli hatte bereits 1933 in Uruguay den Pianisten Raúl Victor Gandolfo geheiratet.
Julius Jelski starb im Schlaf in der Nacht vom 7. auf den 8. Januar 1953 im Alter von 85 Jahren.
Beigesetzt wurde er auf dem Cementerio Israelita de La Paz, Canelones, Uruguay.
Seine Frau Martha überlebte ihn um ein Jahr. Sie starb am 22. Januar 1954 mit 79 Jahren.

Die Verfolgung durch die Nazis nicht überlebt haben Julius Jelskis Zwillingsschwester Martha und seine Brüder David und Dr. med. Bernhard Jelski und seine Familie. David und Martha kamen in Theresienstadt ums Leben, Bernhard Jelski wurde in Treblinka ermordet.

An der Verlegung der Stolpersteine für Julius und Martha Jelski am 24. Juni 2023 nahmen ihre drei Enkel und zwei Urenkel aus Uruguay und USA teil.
Am selben Tag wurde durch die Familie ein Stolperstein für Julius Jelskis Bruder David Jelski vor der Melanchthonstr. 1 verlegt.

Biografische Zusammenstellung
Dorothea Thünken-Klemperer

Die Quellen finden sich in der ausführlicheren Biografie im Anhang.

  • Julius Jelski, Biografie + Quellen

    PDF-Dokument (1.5 MB)