Sie war eine der innovativsten und erfolgreichsten Textilgestalterinnen der Moderne wie die ehemalige Leiterin der Bauhaus Webereiwerkstatt, Gunta Stölzl, sowie Direktor Walter Gropius bestätigten.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 stellte sich die Realität für Otti Berger grundlegend anders dar: Sie, im damaligen Österreich-Ungarn geboren, galt als Ausländerin, und aufgrund ihrer jüdischen Religionszugehörigkeit wurde ihr 1936 ein Berufsverbot erteilt, woraufhin sie nach England floh. Hierbei folgte sie anderen Bauhäuslern nach, die bereits nach England emigriert oder auch schon von England weiter nach Amerika gereist waren. In der Zeit von 1937 bis 1938 erhielt Otti Berger in England nur einen einzigen bezahlten Auftrag von der Firma Helios Ltd. nahe Manchester. In der Retrospektive wird Otti Berger ihre Zeit in England als nicht sehr positiv beschreiben. Sie ging in einem späteren Brief an Ludwig Hilberseimer so weit zu sagen, dass sie keine geschäftliche Tätigkeit mehr in England aufnehmen möchte.
Otti Berger hatte bereits länger die Emigration in die USA zu ihrem Lebensgefährten Ludwig Hilberseimer geplant. Dort wollte sie einem Ruf László Moholy-Nagys an das „New Bauhaus” in Chicago folgen. Doch zunächst kehrte sie nach einer letzten gemeinsamen Reise mit Ludwig Hilberseimer durch Südosteuropa – und der Verabschiedung von ihm vor seiner Ausreise von England nach Amerika – im August 1938 in ihre Heimat nach Zmajevac zurück, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern. In ihrem ersten Brief von dort an Ludwig Hilberseimer beschrieb sie die ihr unwirklich erscheinende Situation, mit dem Flugzeug von England nach Prag über das „Dritte Reich“ zu fliegen. Zu diesem Zeitpunkt war Otti Berger trotz deutlicher Warnsignale noch zuversichtlich, ihrem Lebensgefährten bald in die USA folgen zu können.
In Jugoslawien saß sie jedoch nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fest und erhielt das Visum zu spät, um noch ausreisen zu können. Anfangs vermutete sie, dass die USA sie aufgrund der seit ihrer Kindheit bestehenden Hörbehinderung nicht ins Land lassen wollten. Von hieran verschlechterte sich die Lage der Familie Berger – wie auch anderer Juden in diesem Grenzgebiet zwischen Jugoslawien und Ungarn – Jahr um Jahr. In ihren Briefen an Hilberseimer wandelte sich die zuerst noch vorherrschende Zuversicht nach und nach in Traurigkeit, Schrecken und Realisierung der prekären Lage. So schrieb Otti Berger bereits Ende 1938 von ihrem starken Gewichtsverlust, berichtete von „fürchterlichem Antisemitismus“ oder beschrieb während einer Reise von Budapest zurück nach Zmajevac beobachtete Zwangsräumungen in den Straßen von Wien. Ihre letzten beiden erhaltenen Briefe an Ludwig Hilberseimer sind auf den September 1941 datiert und stellen das letzte bekannte
Lebenszeichen von Otti Berger dar.
Ungarn war zwar im Zweiten Weltkrieg mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündet, die dort lebenden jüdischen Menschen aber dennoch zunächst von Deportationen verschont geblieben. Nach der Besetzung durch die Wehrmacht und der Einsetzung einer Kollaborations – Regierung im März 1944 wurde aber auch hier die „Endlösung der Judenfrage” unter der Leitung von Adolf Eichmann konsequent durchgesetzt. Fast 70 % der über 800 Tsd jüdischen Ungarinnen und Ungarn wurden deportiert und ermordet – überwiegend in Auschwitz.
Otti Berger, ihre Brüder und ihre Schwägerin Elza (Elizabeth) Berger geb.Fischer (* 1894), mussten im April 1944 aufgrund polizeilicher Aufforderung Ihre Häuser in Zmajevac / Vörösmart verlassen und wurden für fünf Wochen in einem Lager interniert, bevor sie am 29. Mai 1944 vermutlich über ein Lager in Mohács oder Pécs (Ungarn) nach Auschwitz deportiert wurden. Otti Bergers Mutter verstarb kurz vor der Deportation. Nur ihr Bruder Otto überlebte und schrieb 1945 an Ludwig Hilberseimer über die Verhaftung und Deportierung. Er musste Hilberseimer übermitteln, dass seine Lebensgefährtin Otti und deren Familienmitglieder vermutlich nie wieder zurückkommen würden. Über Otti schrieb er, dass sie aufgrund ihrer Hörbehinderung vermutlich direkt nach Ankunft in Auschwitz ermordet wurde.
Durch die Reaktivierung alter Bauhaus-Netzwerke erreichte Ludwig Hilberseimer in den Nachkriegsjahren, dass Otti Bergers Hab und Gut, das noch in London lagerte – inklusive Musterbüchern und Stoffen – als Schenkung an das Busch-Reisinger Museum in Harvard sowie dem Art Institute of Chicago überstellt wurde und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden konnte.