HIER WOHNTE
WERNER
GOLDEMANN
JG. 1893
DEPORTIERT 10.1.1944
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET
Am 18. August 1893 wurde Werner Goldemann in Berlin geboren. Seine Eltern waren Julius Goldemann und Sophie, geb. Jacob. Werner hatte einen drei Jahre älteren Bruder, Erwin, geb. am 20. Juni 1890. Julius Goldemann besaß damals schon zusammen mit seinem Bruder Nathan eine Papier- und Pappenfabrik an der Holzmarktstraße 67. Im Mai 1906 wurde Julius als Alleininhaber der Firma „Papier- und Pappen – Engros und Exportgeschäft Julius Goldemann“ ins Handelsregister eingetragen.
Werner besuchte in Berlin das Gymnasium und schloss es erfolgreich mit dem Abitur ab. Er trat anschließend als Volontär in die Firma seines Vaters ein.
Am 7. August 1913 ereignete sich ein alles veränderndes Familiendrama. Julius und sein ältester Sohn Erwin ertranken in der Ostsee bei Swinemünde. Die Ursache dieses Unglücks ist nicht bekannt. Erwin wurde am 8. August in der Nähe der Swinemünder Landungsbrücke tot im Meer gefunden, Julius’ Leiche fand man erst am 16. August in der Nähe des Seebades.
Sophie Goldemann wurde nun die Alleininhaberin der Papier- und Pappenfabrik.
Der seit der Firmengründung 1906 als Prokurist der Firma beschäftigte Gabriel von Perlheim trat 1916 als persönlich haftender Gesellschafter in das Geschäft ein. Die Firma zog um in die Alexanderstraße 22.
Am 25. Januar 1925 verstarb Werners Mutter Sophie im Alter von 54 Jahren. Werner wurde an ihrer Stelle zusammen mit Gabriel von Perlheim Inhaber der OHG. Seit 1920 war er bereits Prokurist der Firma gewesen.
Sein Privatleben hatte sich schon 1923 geändert. Im August 1923 heiratete er die Bankbeamtin Victoria Tischler und ein Jahr später kam der Sohn Hans-Peter auf die Welt. Die Familie zog von der Kreuzberger Fichtestraße 14 in die Mommsenstraße 41. Dort lebte die verwitwete Mutter Victorias, Olga Tischler, in einer großen 5-Zimmerwohnung.
Die Geschäfte der Papier- und Pappenfabrik liefen sehr gut. Die Firma beschäftigte mehrere Büroangestellte, 10 bis 12 Arbeiter und 6 bis 7 Handelsreisende. Die Waren wurden mit zwei Pferdefuhrwerken ausgeliefert und in den 1930er- Jahren leistete man sich ein Geschäftsauto. Zu den Großkunden der Firma „Julius Goldemann“ gehörte u.a. die Schokoladenfabrik Sarotti.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 brachen die Umsätze dramatisch ein, denn viele Kunden boykottierten den jüdischen Betrieb.
Werner Goldemann wurde von nun an unerträglichen Repressalien ausgesetzt. Mehrfach wurde er von der Gestapo verhört, sein Firmenwagen demoliert und schließlich – nach den Pogromen 1938 – seine Firma „arisiert“, d.h. weit unter Wert an einen nicht–jüdischen Besitzer veräußert.
1938 verließen sie wohl nicht ganz freiwillig die Wohnung in der Mommsenstraße 41 und zogen mit Victorias Mutter in die Gustloffstraße 17 (heute Dernburgstraße).
Ab 1942 musste Werner Zwangsarbeit leisten. Die Firma Osram in der Helmholtzstraße beschäftigte ihn und seine Frau Victoria für einen kargen Wochenlohn von je knapp 32 RM.
Ebenfalls 1942 wurde die jüdische Josef – Lehmann – Schule geschlossen. Der 16-jährige Hans-Peter musste von diesem Zeitpunkt an Zwangsarbeit in einer chemischen Fabrik in Niederschöneweide leisten. Nun beschloss die Familie, in die Illegalität zu gehen. Werner konnte sich noch mit Bargeld eindecken, die transportablen Wertgegenstände wurden in einem Koffer verstaut – er sollte später über die Niederlande nach Amerika verschifft werden. Die Goldemanns nahmen alles mit, was sie transportieren konnten und lebten von Februar 1943 bis Ende Oktober 1943 unter dem Namen Holdemann in einem abgelegenen Haus in Eggersdorf bei Strausberg. Nachdem ihre Flucht entdeckt worden war, wurde die Wohnung in der Gustloffstraße sofort versiegelt und das gesamte Inventar beschlagnahmt.
In Eggersdorf wurde ihre Identität verraten. In einem Auto herumfahrende Gestapo -Männer entdeckten und verhafteten sie. Das Bargeld in Höhe von 4000 RM, das Werner mitgenommen hatte, wanderte sofort in die Taschen der Gestapo. Hans- Peters Fahrrad, sein Fotoapparat, die Armbanduhren – alles wurde sofort beschlagnahmt und fortgeschafft.
Werner, Victoria und Hans-Peter kamen in das Polizeigefängnis in der Großen Hamburger Straße. Sie sollten ursprünglich sofort am 8. November 1943 nach Auschwitz deportiert werden und standen schon auf der Transportliste, wurden aber wieder gestrichen, offenbar brauchte man noch ihre Arbeitskraft für Aufräumarbeiten nach den Bombardierungen Berlins.
Am 10. Januar 1944 wurde die Familie zusammen nach Theresienstadt verschleppt. Hans-Peter wurde am 29. September1944 weiter nach Auschwitz deportiert, von dort am 10. Oktober nach Dachau. Er erlebte zwar die Befreiung, starb jedoch am 17. Mai 1945 an den Folgen der Haft. .
Werner Goldemann wurde am 16. Oktober 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz weiter deportiert. Sein Todeszeitpunkt ist nicht bekannt.
Victoria lebte unter den elenden Bedingungen des Ghettos Theresienstadt bis zur Befreiung im Mai 1945.
Recherche und Text: Karin Sievert Stolperstein Initiative Charlottenburg – Wilmersdorf
Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Theresienstädter Gedenkbuch Holocaust.cz
Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten – Entschädigungsbehörde
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Landesarchiv Berlin
Arolsen Archiv
Mapping The Lives
Deportationslisten
Yad Vashem – Opferdatenbank