Stolpersteine Kaiserdamm 19

Hausansicht Kaiserdamm 19

Hausansicht Kaiserdamm 19

Die Stolpersteine für Erna, Walter, Lore und Günther Salz wurden am 17. Februar 2023 verlegt.

Stolperstein Erna Salz

Stolperstein Erna Salz

HIER WOHNTE
ERNA SALZ
GEB. BRISKE
JG. 1898
DEPORTIERT 28.3.1942
GHETTO PIASKI
ERMORDET

Stolperstein Walter Salz

Stolperstein Walter Salz

HIER WOHNTE
WALTER SALZ
JG. 1897
DEPORTIERT 28.3.1942
GHETTO PIASKI
ERMORDET

Walter Philipp Salz wurde am 6. Juni 1897 in Berlin als Sohn von Benno Salz und seiner Ehefrau Ella geboren. Walters Vater war Justizrat, Rechtsanwalt und Notar. Er wohnte zu dem Zeitpunkt in der Magdeburger Straße 34. Über Walters Kindheit und Jugend wissen wir wenig, lediglich dass die Eltern oft umgezogen sind und dass er wohl eine kaufmännische Ausbildung absolvierte. Als er 1923 heiratete, wohnte er mit seinen Eltern in der Bamberger Str. 48.

Die Braut war die ein Jahr jüngere Erna Briske. Sie war am 18. Dezember 1898 als eines der Kinder von Otto Briske und Gertrud geb. Lesser zur Welt gekommen. Erna hatte mindestens drei weitere Geschwister: Kurt (*1897), Gerda (*1904) und Annemarie (*1912). Otto Briske, Jahrgang 1871, war laut Posener Einwohnerkartei schon als Kind mit seiner Familie von Posen nach Berlin gekommen. Eine eigene Berliner Adresse hatte er ab 1897, vermutlich aus Anlass seiner Heirat und der Geburt des ersten Kindes Kurt. Er wurde Mitinhaber und nach dem Ersten Weltkrieg auch Alleininhaber einer Reihe von Firmen, die offenbar alle irgendwie zusammenhingen, ein Umstand, der die Ämter irritierte. Es handelte sich um die Firmen „Lindenau & Pincsohn“ und „Märkische Kammgarnspinnerei Lindenau & Pincsohn“, die mal Niederlage einer Spinnerei in Sommerfeld (Brandenburg), mal Hauptgeschäftssitz, mal Handelsfirma, mal Fabrik waren, und die laut Industrie und Handelskammer 1927 den Betrieb eingestellt hatten und gelöscht werden sollten. Otto Briske gelang, die Löschung bis 1932 immer wieder aufzuschieben. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Geschäftsführer einer weiteren Firma, „Spinnerei Niederlage und Wollgarnfabrik Otto Briske & Co GmbH“, den Betrieb in Sommerfeld hatte er verkauft.

Spinnerei-Niederlage und Wollgarnfabrik BRISKE & CO

Spinnerei-Niederlage und Wollgarnfabrik BRISKE & CO

Jedenfalls war Otto Briske schon Anfang der 20er- Jahre zu beträchtlichem Wohlstand gekommen. In Berlin hatte er zunächst in der Klopstockstraße gelebt, zog aber mehrmals um bis er um 1921 eine eigene Villa in Wannsee, Bismarckstraße 26-27 beziehen konnte. Dort wohnte Erna, als sie 1923 Walter Salz heiratete.

Erna und Walter Salz.

Erna und Walter Salz.

Walter Salz war bis Ende der 30er- Jahre kaufmännischer Angestellter in einem von Otto Briskes Betrieben, zuletzt in der „Spinnerei-Niederlage“. Möglicherweise arbeitete er dort schon vor seiner Heirat und hatte so Erna kennengelernt. Oder umgekehrt, der junge Schwiegersohn wurde nach der Heirat eingestellt. Das Paar nahm sich eine Wohnung in der Suarezstraße 5. Dort kam am 31. März 1924 ihre Tochter Lore zur Welt. Als am 14. Februar 1926 der Sohn Peter geboren wurde, waren sie erst kurz zuvor an den Kaiserdamm Nr. 22 gezogen. Zwölf Jahre später bekamen sie am 12. Januar 1938 noch ein drittes Kind, Günther, auch diesmal in einer anderen Wohnung: 1932 war Familie Salz zunächst vier Häuser weiter in die Nr. 18 und ein Jahr darauf in die Nr. 19 gezogen.

Lore und Günther Salz

Lore und Günther Salz

Nach der Machtübernahme der Nazis konnte Walter Salz zunächst in der Wollgarnfabrik weiter arbeiten, bis1939 die Firma „arisiert“ und er entlassen wurde. Aber schon vorher war klar geworden, dass Diskriminierung und Verfolgung das Leben jüdischer Menschen zunehmend unerträglich machten. 1938 schickten Walter und Erna Salz ihren 12jährigen Sohn Peter mit einem Kindertransport nach Belgien. Möglicherweise hatten sie vor, mit der ganzen Familie nachzukommen. Dies war jedoch bald nicht mehr möglich, der Krieg brach aus, auswandern konnte kaum noch jemand. 1940 überfiel die Wehrmacht Belgien, und Peters Betreuer flohen mit ihm und anderen Kindern nach Südfrankreich. Später gelangte Peter in die Schweiz und nach dem Krieg wanderte er nach Israel aus.

 Peter Salz nach seiner Flucht von Frankreich in die Schweiz.

Peter Salz nach seiner Flucht von Frankreich in die Schweiz.

Seine Eltern und Geschwister sah er nicht wieder. Sie waren im März 1942 von der Gestapo abgeholt und am 28. März in das Ghetto Piaski (Kreis Lublin) deportiert worden. Piaski galt als „Transit-Ghetto“. Bereits 1940 hatten die Deutschen das zunächst offene Ghetto eingerichtet, es aber später abgeriegelt. Als die Berliner Juden ankamen, war das Lager bereits überfüllt, Piaskis Bevölkerung selbst war zu 2/3 jüdisch und zusätzlich hatten die Nationalsozialisten schon Juden aus Stettin und Schneidemühl dorthin deportiert. Neben der Überbelegung waren die Lebensbedingungen durch Mangelernährung, miserable Hygiene und Krankheiten gekennzeichnet. Wer nicht diesen Umständen erlag, wurde oft schon nach kurzer Zeit weiter nach Belcek oder Sobibor deportiert und dort ermordet. Die Spur von Familie Salz verliert sich in Piaski. Möglicherweise wurde sie auseinandergerissen, da arbeitsfähige jüngere Männer aus diesem „Transport“ zum Aufbau des Lagers Majdanek herangezogen wurden – Walter war erst 44 Jahre alt. Wir wissen nicht, ob Walter, Erna, Lore und der vierjährige Günther Salz bereits im Ghetto umgekommen sind oder in einem der Vernichtungslager ermordet wurden.

Quellen:
Gedenkbuch. Bundesarchiv Koblenz, 2006; Gedenkbuch Berlin der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus 1995; Berliner Adressbücher; Landesarchiv Berlin; Akten des Landesentschädigungsamtes Berlin; Arolsen Archives; Gottwaldt/Schulle, Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005; Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer; Einwohnermeldekartei Posen (http://e-kartoteka.net/en/); /www.statistik-des-holocaust.de/list_ger.html; United States Holocaust Memorial Museum (https://collections.ushmm.org/search/catalog/pa1149054)

Recherchen/Text: Micaela Haas
Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Stolperstein Lore Salz

Stolperstein Lore Salz

HIER WOHNTE
LORE SALZ
JG. 1924
DEPORTIERT 28.3.1942
GHETTO PIASKI
ERMORDET

Stolperstein Günther Salz

Stolperstein Günther Salz

HIER WOHNTE
GÜNTHER SALZ
JG. 1938
DEPORTIERT 28.3.1942
GHETTO PIASKI
ERMORDET