Stolpersteine Bregenzer Straße 3

Hausansicht Bregenzer Str 3

Hausansicht Bregenzer Str 3

Die Stolpersteine von Else und Egon Baginsky wurden am 17.02.2023 in Anwesenheit der Familie verlegt. Die Steine wurden von den Neffen Egon Baginskys, William und Sidney Baginsky, gespendet.

Stolperstein Else Baginsky

Stolperstein Else Baginsky

HIER WOHNTE
ELSE BAGINSKY
GEB. ANGRESS
JG. 1901
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Else Angress kam am 11. September 1901 in Kreuzhütte (heute Krzyżanowice) im Landkreis Rosenberg auf die Welt. Sie hatte drei Geschwister: Adele, Max und Fritz.
Am 23. März 1938 heiratete sie in Rosenberg Egon Baginsky, Sohn des Hotelinhabers Siegmund Baginsky. Die Hochzeit wurde in den Räumen des Hotel Baginskys gefeiert.
Ihr beruflicher Werdegang führte sie u.a. nach Frankfurt am Main, wo sie bei der Schuhfirma „Supinator – Compagnie GmbH“ im Ladengeschäft Supinator „Alles für die Füße“ eine Ausbildung zur Schaufenstergestalterin und danach zur Podologin machte. Ein Arbeitszeugnis ihres Arbeitgebers endet mit der Feststellung, dass sie ihre Aufgaben hervorragend erfüllt und stets „ehrlich, fleißig und eifrig“ gewesen sei und: „Wir können ihr daher wärmstens empfehlen, effizient und zuverlässig zu sein und wünschen ihr eine sehr erfolgreiche Zukunft.“ Das Zeugnis endet, als wäre es das Natürlichste auf der Welt: „Sie verlässt uns wegen der Arisierung unseres Unternehmens.“
Das junge Ehepaar versucht Deutschland zu verlassen, vermutlich Richtung Shanghai. Else stellt im März 1939, auch in Egons Namen, beim Hilfsverein der Juden einen Antrag auf Ausreise. Vermutlich vereitelt der Ausbruch des 2. Weltkriegs im September 1939 die Flucht.
Else und Egon wohnten in Berlin in der Bregenzer Straße 3, einem überwiegend von Juden bewohnten Haus mit einem ebenfalls jüdischen Hausbesitzer. Die Aufhebung des Mieterschutzes für die jüdische Bevölkerung im Mai 1939 führte zu massenhaften Zwangsumsetzungen der jüdischen Mieter, so wurden auch Else und Egon bei dem Hauptmieter Bing – Orgler in der Brandenburgischen Straße 38 untergebracht.
Am 29. Januar 1943 wurde Else Baginsky zusammen mit ihrem Mann Egon und vielen anderen jüdischen Nachbarn aus demselben Haus mit dem 27. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Text: Karin Sievert – nach Angaben von William Baginsky.
Weitere Quellen:
Berliner Adressbücher
Deportationslisten
Gedenkbuch
https://www.stadtgeschichte-ffm.de/de/stadtgeschichte/stadtchronik/1957

Stolperstein Egon Baginsky

Stolperstein Egon Baginsky

HIER WOHNTE
EGON BAGINSKY
JG. 1903
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Egon Baginsky wurde als drittes von fünf Kindern in Rosenberg (Olesno, Oberschlesien) geboren. Er kam am 28. Dezember 1903 auf die Welt. Seine Geschwister waren Willy, Edith und Kurt. Das zweitgeborene Kind Johanna wurde nur wenige Monate alt. Der Vater Siegmund Baginsky war Inhaber des „Hotel Baginsky“, ehemals „Hotel de Rome“. Das Hotel lag am Ring, dem Hauptplatz Rosenbergs und galt als Zentrum der Stadt für Unterhaltung, Tanz, Kartenspiel und ausgezeichnetes Essen.

Hotel Baginsky in Rosenberg

Hotel Baginsky in Rosenberg

Nachdem seine Frau Lina geb. Krakauer 1910 im Alter von 38 Jahren gestorben war – das jüngste Kind Kurt war gerade zwei Jahre alt – übernahm Siegmund die alleinige Verantwortung und Fürsorge für seine Kinder. Er starb 1940 in Breslau.

Egon und seine Schwester Edith (Atelierfoto)

Egon und seine Schwester Edith (Atelierfoto)

Egon besuchte nach der Grundschule die Israelitische Jacobson Oberrealschule im sächsischen Seesen – ein wegweisendes Internat, das in seinem 100-jährigen Bestehen unter anderem die gemeinsame Erziehung jüdischer und christlicher Kinder vorantrieb.

Egon ca. 11 Jahre alt

Egon ca. 11 Jahre alt

Nach dem Schulabschluss im Alter von 16 Jahren wurde Egon Lehrling in einem Sägewerk und arbeitete als Holzhändler. Sein Lebensmittelpunkt war nun Berlin.

Egon Baginsky, 29 Jahre alt, in Rosenberg

Egon Baginsky, 29 Jahre alt, in Rosenberg

Hochzeit Else und Egon Baginsky (vorn in der Mitte) 23. März 1938

Hochzeit Else und Egon Baginsky (vorn in der Mitte) 23. März 1938

Am 23. März 1938 heiratete Egon seine Frau Else Angress in Rosenberg im Hotel Baginsky.

Das Paar versuchte vergeblich, 1939 Deutschland zu verlassen und nach Shanghai auszuwandern. Ein Antrag, den Else Baginsky 1939 auch im Namen ihres Mannes an den Hilfsverein der Juden stellte, bezeugt die Auswanderungsbemühungen. Egon und Else hatten zuvor ihre Arbeit verloren, Grund war die „Arisierung“ der jeweiligen Betriebe.

Egon und Else Baginsky wohnten in der Bregenzer Straße 3, ein überwiegend von Juden bewohntes Haus mit einem jüdischen Eigentümer, dem Holzmakler Felix Philipsthal. Er und seine Frau Ida wohnten ebenfalls in diesem Haus. 19 Bewohner der Bregenzer Straße 3 wurden deportiert und ermordet.
Vor ihrer Deportation mussten Egon und Else ihre Wohnung verlassen. Sie wurden in der Brandenburgischen Straße 38 zwangsweise als Untermieter bei „Bing – Orgler“ untergebracht und von dort am 29. Januar 1943 mit dem 27. Osttransport nach Auschwitz deportiert. Es ist nicht bekannt, ob Egon und Else Baginsky im KZ noch registriert, oder ob sie sofort nach Ankunft ermordet wurden.
Egons Bruder Willy und seine Frau Dorothea geb. Müller wurden am 25. November 1941 mit einem Zug von Breslau nach Fort IX in Kaunas, Litauen verbracht. Sie waren 2 von 2000 Frauen, Männern und Kindern aus Wien und Breslau, die vier Tage nach Ankunft, am 29. November 1941 ermordet wurden.

Edith und Kurt Baginsky fanden 1939 in England Zuflucht.
Kurts Baginskys Söhne Sidney und William waren mit ihren Familien bei der Stolpersteinverlegung anwesend.

Text: Karin Sievert nach Angaben von William Baginsky.

Weitere Quellen:
Berliner Adressbücher
Deportationslisten
Gedenkbuch
Arolsen Archiv

Alle Fotos aus dem Privatbesitz Baginsky

William Baginskys Ansprache bei der Verlegung

  • Ansprache William Baginsky im Original auf Englisch

    PDF-Dokument (125.9 kB)

  • Ansprache William Baginsky deutsch

    PDF-Dokument (163.3 kB)