Stolpersteine Wittelsbacherstraße 22

Hauseingang Wittelsbacherstraße 22

Hauseingang Wittelsbacher Str. 22, 2022

Diese Stolpersteine wurden am 8. April 2022 verlegt und von Dr. Harro Jenss gespendet.

Stolperstein Eva Edel Wittelsbacherstraße 22

Stolperstein Eva Edel, 2022

HIER WOHNTE
EVA EDEL
GEB. STRAUSS
JG. 1877
DEPORTIERT 3.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 14.11.1942

Eva Edel wurde am 3. Oktober 1877 als Tochter von Heinrich Strauß und seiner Ehefrau Röschen, geb. Oppenheimer, in Heilbronn geboren. Ihr Vater war Kaufmann, der im Landesproduktenhandel tätig war. Ihre Mutter stammte aus Würzburg. Beide Eltern bekannten sich zur mosaischen Konfession. Eva Strauß hatte drei ältere Brüder: – Hermann Strauß, geboren 1868, wurde renommierter Internist und Wissenschaftler an der Berliner Charité und war von 1910 bis 1942 Leitender Arzt der Abteilung für Innere Medizin am Jüdischen Krankenhaus in Berlin, – Moritz Strauß, geboren 1870, wurde Bankkaufmann in Frankfurt, – Josef Strauß, geboren 1872, studierte wie sein ältester Bruder Hermann Medizin und war wie er ein früher Spezialist für Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten. Er war in Frankfurt als niedergelassener Arzt tätig.

Einzelheiten aus den beiden ersten Lebensjahrzehnten von Eva Strauß sind bisher nicht bekannt. Am 12. Dezember 1898 heiratete die 21jährige an ihrem damaligen Wohnort Frankfurt a. M. den Psychiater und Neurologen Dr. Max Leopold Edel, der in jener Zeit soeben seine ärztliche Tätigkeit in der väterlichen privaten „Edel’schen Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke zu Charlottenburg“ begonnen hatte. Die Kontakte der beiden Familien Strauß und Edel vermittelten sich über ihren Bruder Hermann Strauß, der seit seinem Studium in Berlin mit zahlreichen Berliner Neurologen und Psychiatern bekannt war.

Eva Edel wechselte nach der Heirat von Frankfurt nach Berlin. Das Ehepaar bezog eine Wohnung im Haus Berliner Str. 15 auf dem Gelände der Charlottenburger Edel’schen Klinik. 1899 kam der erste Sohn Ernst Edel zur Welt, der nach dem Abitur 1917 Medizin studieren wird. Die Tochter Rose Margarete wurde 1901 geboren; nach dem Besuch eines Lyzeums in Charlottenburg strebte sie später einen Beruf als Kunstgewerblerin an. 1904 folgte Robert Wolfgang Edel, der nach dem Abitur ein Studium der Rechtswissenschaften mit der Promotion 1928 abschloss und danach als Rechtsanwalt in Berlin tätig war.

Eva Edel

Eva Edel

Die Familie Edel erlebte nach Beginn der NS-Diktatur 1933 die rasche Entrechtung, Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung. Dem Sohn Robert Edel wurde von den NS-Behörden im Juni 1933 die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen; er floh im gleichen Jahr gemeinsam mit seiner Ehefrau nach Frankreich und musste 1941 nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in Frankreich in den Süden des Landes nach Marseille fliehen. Der Arzt Ernst Edel verließ Deutschland ebenfalls bereits 1933 und lebte seither in der Nähe Birminghams und später in London in England.
Unter dem Druck der Nationalsozialisten musste die Familie Edel das große Grundstück mit den Klinikgebäuden an der Berliner Straße 15 bis 18 sowie am Charlottenburger Ufer 75 bis 79 im Oktober 1936 verkaufen. Die bisherige Wohnung auf dem Klinikgelände musste aufgegeben werden, Max und Eva Edel waren gezwungen, in die Wittelsbacher Str. 22 umzuziehen. Die Tochter Rose Margarete konnte im April 1939 aus Deutschland fliehen und lebte seit dieser Zeit in England unter schwierigsten Verhältnissen.

Eva Edels Ehemann Dr. Max Edel konnte nach 1933 zunächst eine private neurologisch-psychiatrische Praxis fortführen. 1938 wurde ihm von den NS-Behörden die Approbation entzogen. Er starb im März 1941 an den Folgen einer Operation. Eva Edel lebte danach weiterhin in der Wittelsbacher St. 22 gemeinsam mit der 17-jährigen Enkeltochter Rosemarie Noah.

Eva Edel wurde am Tage ihres 65. Geburtstages, am 3.10.1942, mit dem Transport 1/71 ( Zug Da 523 ) in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb sie am 14. November 1942.

todesfallanzeige-eva-edel

Todesfallanzeige Eva Edel

Die Todesfallanzeige nennt als Todesursache „Krebsauszehrung“ und „Körperschwäche“. Man weiß aber heute, dass die wahren Todesursachen wie Mangelernährung, unsägliche hygienische Umstände, mangelnde medizinische Versorgung und die generell menschenunwürdigen und lebensfeindlichen Bedingungen im Ghetto häufig verschleiert wurden.

Wohnung und Hausrat sowie die große Bibliothek der Familie Edel in der Wittelsbacher Straße 22 wurden am 21. Oktober 1942 von den NS-Behörden beschlagnahmt und konfisziert und teilweise dem Nachmieter der Wohnung überlassen.

Eva Edels Sohn Dr. jur. Robert Edel wurde 1944 im KZ Auschwitz ermordet. Ihr Bruder, der 74-jährige Professor Hermann Strauß wurde mit seiner Ehefrau Ende Juli 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert. Er starb im Oktober 1944 im Ghetto. Eva Edels zweiter Bruder, Josef Strauß, wurde im August 1942 aus Frankfurt a. M. ebenfalls in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Er starb dort am 30.11.1942. Eva Edels Enkeltochter Rosemarie Noah wurde Ende November 1942 aus Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Am Berliner Kurfürstendamm 184 sind seit 2011 Stolpersteine für ihre Schwägerin Elsa und ihren Bruder Hermann Strauß sowie seit 2015 eine Gedenktafel zu finden. In Frankfurt am Main erinnert ein Stolperstein in der Kaiserstraße 36 an den Bruder Josef Strauß.

Recherche und Text: Dr. Harro Jenss
Quellen: – Entschädigungsbehörde Berlin / Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ( LABO ), Entschädigungsakten: Reg. Nr. 53 284 [ Eva Edel, geb. Strauß ]; Reg. Nr. 53 285 [ Dr. Ernst Edel ] – Familienarchiv Hallmann-Strauß – Opferdatenbank Theresienstadt https://www.holocaust.cz/de/datenbank-der-digitalisierten-dokumenten/dokument/88491-edel-eva-todesfallanzeige-ghetto-theresienstadt/
- Yad VashemZentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer – Angaben auf dem Dokument (yadvashem.org) – ITS Arolsen Suche in Dokumenten der Arolsen Archives | DE ITS 1.2.1.2 – AJDC Berlin Kartei (Deportationen) (arolsen-archives.org)

Literatur

Jenss, H.: Hermann Strauss. Internist und Wissenschaftler in der Charité und im Jüdischen Krankenhaus Berlin. Mit einem Beitrag von Peter Reinicke über Elsa Strauss. Jüdische Miniaturen Band 95. Berlin: Hentrich & Hentrich Verlag, 2010

Jenss, H.: Familie Strauss in der Klostergasse in Heilbronn, in: Jüdisches Leben in Heilbronn – Skizzen einer tausendjährigen Geschichte. Stadtarchiv Heilbronn [ Hg. ], im Druck

Jenss, H.: Gegen das Vergessen. Stolperstein für Dr. med., Josef Strauß (1872-1942), Facharzt für Magen-,Darm- und Stoffwechselkrankheiten. Hessisches Ärzteblatt 2015; 76 (7-8)

Stolperstein Dr. Max Leopold Edel Wittelsbacherstraße 22

Stolperstein Dr. Max Leopold Edel, 2022

HIER WOHNTE
DR. MAX LEOPOLD
EDEL
JG. 1868
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
TOT 23.3.1941

„Max Edel, geboren den 25. Mai 1868 zu Berlin, mosaischer Religion, Sohn des Sanitätsraths Dr. C. Edel, erhielt seine Gymnasialbildung auf dem Kaiserin-Augusta-Gymnasium zu Charlottenburg, von dem er Michaelis 1887 [September 1887, Anm. die Verf.] mit dem Zeugnis der Reife entlassen wurde. Immatriculiert wurde er im October desselben Jahres auf der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, welcher er bis jetzt, außer dem Sommer-Semester 1888 angehörte, während dessen er in Freiburg i. B. studierte“, so Max Edel im Lebenslauf in seiner Dissertationsschrift. Am 7. Juli 1891 bestand er das medizinische Staatsexamen. Im Oktober desselben Jahres wurde er an der Berliner Universität mit der Arbeit „Casuistischer Beitrag zur Carcinomentwicklung“ promoviert. Die Dissertation widmete er seinen Eltern.

Seine Mutter, Elisabeth Esther Edel, geb. Abel (1840-1907), stammte aus Berlin und hatte 1862 den Arzt Dr. Karl Edel geheiratet. Karl Edel wurde 1837 in Köslin/Koszalin geboren, hatte in Berlin Medizin studiert und führte nach dem Studium zunächst in Stolp/Słupsk, im früheren Westpommern, eine allgemeinärztliche Praxis. Das Ehepaar bekannte sich zur jüdischen Religion.

Max Edel wuchs mit den Brüdern Edmund (1863 – 1934) und Paul Philipp (1867 – 1939) sowie mit den Schwestern Anna Margarete (1866 – ?) und Gertrud Clara (1872 – 1945) auf. Paul Edel studierte ebenfalls Medizin in Berlin, Freiburg sowie Straßburg und wurde 1894 an der Universität Leipzig promoviert. Edmund Edel wurde ein bekannter Karikaturist, Plakatkünstler und Schriftsteller. Sein Enkelsohn war der Berliner Grafiker und Schriftsteller Peter Edel-Hirschweh (1921 – 1983).

Im Dezember 1898 heiratete Max Edel die aus Heilbronn stammende Eva Strauß. Die Bekanntschaft vermittelte sich über Evas Bruder Hermann Strauß, der in jener Zeit als Oberarzt an der III. Medizinischen Klinik der Berliner Charité tätig war. Das Ehepaar hatte drei Kinder: – Ernst Edel (geboren 1899 in Berlin, gestorben 1987 in Hamburg), der Mediziner wurde, 1933 nach England emigrierte und 1955 nach Deutschland zurückkehrte;
- Rose Margarete Edel (1901 in Berlin geboren, gestorben 1979 in London), die eine künstlerische Tätigkeit anstrebte und nach ihrer Flucht aus Deutschland 1939 in England in prekären Verhältnissen lebte, – Robert Edel (geboren 1904 in Berlin). Er promovierte als Jurist, dem die Nationalsozialisten 1933 die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen. Er emigrierte nach Frankreich. 1941 fand er in Marseille Zuflucht, schloss sich dem Widerstand an und wurde 1944 von der Gestapo verhaftet, nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Die Familie Edel gehörte zu den sehr angesehenen, auch kaisertreuen Bürgern der Städte Charlottenburg und Berlin. Karl Edel war über viele Jahre Stadtverordneter in Charlottenburg, unbesoldeter Stadtrat, Dezernent des Schulwesens und Vorsitzender der Charlottenburger Krankenhaus-Deputation. Er hatte nach einer psychiatrisch-neurologischen Weiterbildung an der Berliner Charité im Februar 1896 in Charlottenburg ein „Privat-Asyl für Gemüthskranke“ (später „Edel’sche Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke zu Charlottenburg“) eröffnet, das sich im .Laufe von 50 Jahren zu einer der größten Anstalten Deutschlands entwickelte. Wegen einer Erkrankung zog sich Karl Edel 1911 zurück und seine Söhne Max und Paul Edel übernahmen die Klinikleitung. In seinem Todesjahr 1921 verfügte die Klinik über etwa 500 Betten an der Berliner Str. 15 – 18 sowie am Charlottenburger Ufer 75 – 79. Die Klinik hatte ein großes Renommee.

Max Edel arbeitete nach seinem Medizinstudium zweieinhalb Jahre in allgemeinen Krankenhäusern und schloss danach eine psychiatrische Ausbildung in der „Irrenanstalt der Stadt Berlin zu Dalldorf“ an. Seit Ostern 1897 war er bei seinem Vater tätig. 1903 publizierte er mit dem Sprachforscher und Hals-Nasen-Ohrenarzt-Arzt Albert Liebmann „Die Sprache der Geisteskranken nach stenographischen Aufzeichnungen“ (im Oktober 2016 erschien in der Leopold Classic Library eine Neuauflage). Max Edel führte seit Eintritt in die Klinik regelmäßige Kurse für klinische Psychiatrie zur Fortbildung praktischer Ärzte durch und engagierte sich für die kontinuierliche Weiterbildung des Pflegepersonals.

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg konfrontierte die Klinik und seine beiden ärztlichen Leiter mit zunehmenden ökonomischen Problemen. Nach bisherigem Kenntnisstand wurden seit 1922 Teile des Gebäudekomplexes an das Finanzamt Berlin-Charlottenburg vermietet (Charlottenburg gehörte seit 1920 zu Groß-Berlin). In anderen Gebäuden befanden sich Praxen von Nervenärzten, u.a. jene der Gebrüder Max und Paul Edel. Das Ehepaar Max und Eva Edel wohnte zunächst weiterhin auf dem ehemaligen Klinikareal.

Der Beginn der NS-Diktatur 1933 war für die Familie Edel mit tiefen Zäsuren durch die allseitige Entrechtung und Verfolgung verbunden. Das Grundstück mit den Klinikgebäuden an der Berliner Straße sowie am Charlottenburger Ufer musste im Herbst 1936 unter dem Druck der Nationalsozialisten verkauft werden. Als Eigentümer des ehemaligen Klinikareals war seit dem 9. Oktober 1936 die Kassenärztliche Vereinigung Deutschlands eingetragen. Max Edel konnte dort zunächst noch privat praktizieren. Die Wohnung auf dem Klinikgelände musste aufgegeben werden. Das Ehepaar zog 1938 in eine 5-Zimmerwohung in der Berliner Wittelsbacher Straße 22. Im September 1938 wurde Max Edel die ärztliche Approbation entzogen. Die genauen Lebensumstände des Ehepaars nach 1933 sind bisher nur in Bruchstücken dokumentiert. Die beiden Söhne hatten Deutschland bereits 1933 verlassen. Die Tochter Rose Margarete Noah floh im April 1939 nach England. Seit dieser Zeit wohnte deren damals 15-jährige Tochter Rosemarie Noah bei den Großeltern in der Wittelsbacher Straße 22. Max Edels Bruder Paul starb im Januar 1939. Die Schwester Gertrud Schönheimer konnte 1940 aus Deutschland über Lissabon in die USA fliehen.

Dr. Max Edel starb am 23. März 1941 72jährig – gedemütigt und entrechtet – in Berlin an den Folgen einer Operation.

Der Schriftsteller Peter Edel widmete seinem Onkel Max in der Autobiografie „Wenn es ans Leben geht“ literarisch Erinnerungen. Er schilderte ihn als „Patriarchen einer sich auflösenden, nur noch aus wenigen nicht mehr davon gekommenen Leuten bestehenden Familie“. Sie versammelte sich in der „Wohnung des Sanitätsrats Max Edel, dem Bruder des verstorbenen Edmund-Opas. Sitzt da ein schlanker, kleiner, betagter Herr, auf angestammtem Platz … Will bleiben. Was er stets war, sprechen, wie er immer sprach : ,Gut deutsch!´ … Darf sich aber nicht einmal mehr seines schlichten Vornamens Max bedienen, hat als Max Israel auch nicht mehr das Recht, den Titel Sanitätsrat zu führen, sondern muss an seine Haustür weisungsgemäß ´Krankenbehandler´ schreiben“. Bereits im vierteiligen DDR-Fernsehfilm nach Edels Roman „Die Bilder des Zeugen Schattmann“ war dieses Thema Gegenstand. Erstmals hatte damals ein deutsches Filmteam Gelegenheit bekommen, Sequenzen in Auschwitz direkt zu drehen.

Am Kurfürstendamm 184 sind seit 2011 Stolpersteine Elsa und Hermann Strauß sowie seit 2015 eine Gedenktafel zu finden. In der Kurfürstenstraße 50 erinnert ein Stolperstein an Erich Hirschweh, den Vater des Schriftstellers. Vor dem Haus Sonnenallee 174 in Neukölln sind drei Stolpersteine Lieselotte Hirschweh, ihrer Mutter Berta Reichmann sowie Peter Edel-Hirschweh gewidmet.

Recherche und Text: Dr. Harro Jenss und Dr. Hans-Jürgen Nagel

Quellen und Literatur:

Edel, M.: Casuistischer Beitrag zur Carcinomentwicklung. Med. Dissertation. Berlin 1891 [ Lebenslauf ], BSB, Bayerische Staatsbibliothek München, Sign Diss. med. 233-67/

Liebmann, A, Edel, M.: Die Sprache der Geisteskranken nach stenographischen (1903). Vorwort Emanuel Mendel. Halle: Verlag von Carl Marhold 1903

Edel, M. [ Hg ]. Festschrift zum 40-jährigen Bestehen der Edel’schen Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke zu Charlottenburg 1869 – 1909. Vorwort Wilhelm Sander. Berlin: Verlag von August Hischwald 1909

Jenss, H.: Hermann Strauß (1868 – 1944). Internist und Wissenschaftler in der Charité und im Jüdischen Krankenhaus Berlin. Mit einem Beitrag von Peter Reinicke über Elsa Strauß. Jüdische Miniaturen Bd. 95. Leipzig-Berlin: Hentrich & Hentrich 2010

Entschädigungsbehörde Berlin / Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Entschädigungsakten: Reg. Nr. 379 612 [Dr. Max Leopold Edel], Reg.Nr. 53 284 [Dr. med. Ernst Edel], Reg.Nr 52 331 [Dr. jur. Robert Wolfgang Edel], Reg.Nr. 73 308 [Rose Margarete Noah, geb. Edel]

Edel, P.: Die Bilder des Zeugen Schattmann, 1. Auflage 1969, und „Wenn es ans Leben geht“, Bd. 1 u. 2, 4. Auflage 1979, beide Verlag der Nation Berlin
www.filmmuseum-potsdam.de/media/de/4642_5551_Schattmannbroschuere.pdf sowie auf YouTube „Die Bilder des Zeugen Schattmann”.

Download: ausführliche Fassung der Familiengeschichte mit weiteren Quellen und Literaturangaben

  • Zur Biografie Max Edel und seiner Familie

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Stolperstein Rosemarie Noah Wittelsbacherstraße 22

Stolperstein Rosemarie Noah

HIER WOHNTE
ROSEMARIE NOAH
JG. 1924
DEPORTIERT 29.11.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Rosemarie Noah wurde am 12. Mai 1924 in Berlin geboren. Ihre Mutter war Rose Margarete, die Tochter von Max und Eva Edel, ihr Vater der Berliner Kaufmann Ernst Elias Noah. Das Ehepaar Noah hatte im Juli 1923 in Charlottenburg geheiratet, trennte sich aber bereits 1926 wieder – Rosemarie war gerade zwei Jahre alt.

Die Kindheit und Jugendzeit war für das heranwachsende Mädchen belastend und kompliziert, zumal sie vorübergehend an einer Tuberkulose erkrankt war. Die Großeltern Eva und Max Edel waren für Rosemarie Noah wichtige Bezugspersonen. Seit der Flucht ihrer Mutter Rose Margarete nach Großbritannien am 17. April 1939, lebte Rosemarie kontinuierlich bei den Großeltern in der Wittelsbacher Strasse 22. Ihr Vater Ernst E. Noah, der 1930 erneut geheiratet hatte, versuchte erfolglos eine Ausreisemöglichkeit (u.a. nach Kuba) für seine Tochter zu erlangen. Er selbst konnte im Sommer 1941 über Lissabon Europa verlassen und erreichte New York am 23. Juni 1941. Der Großvater Max Edel war im Frühjahr 1941 gestorben. Die Großmutter Eva Edel litt schwer an der familiären Situation, entwickelte eine Depression und musste vorübergehend in einem Sanatorium behandelt werden.

Rosemarie Noah führte von September 1938 bis August 1939 einen tief bewegenden, regen Briefwechsel mit ihrer Freundin Anne Marie Asch, die mit ihren Eltern 1938 nach Großbritannien emigrieren konnte. In ihren Briefen spiegelt sich die unendliche, immer wieder enttäuschte Hoffnung und Sehnsucht wider, Deutschland doch noch verlassen zu können. In einem dieser Briefe schreibt sie: „Wenn ich bloß bald nach England kommen würde… Ich sehne mich schrecklich nach Dir. Du würdest mich nicht wiedererkennen, so habe ich mich in der letzten Zeit verändert: ich meine nicht äußerlich, sondern innerlich“.

Rosemarie Noah 1938

Rosemarie Noah 1938

Nachdem ihre Großmutter Eva Edel, geb. Strauß, am 3. Oktober 1942 aus Berlin nach Theresienstadt deportiert worden war, war die 18jährige Rosemarie in Berlin vollkommen auf sich allein gestellt. Sie wurde im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße untergebracht. Rosemarie Noah wurde am 29. November 1942 mit dem sog. „23. Osttransport“ in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Recherche und Text: Dr. Harro Jenss, Dr. Hans-Jürgen Nagel

Quellen: – Entschädigungsbehörde Berlin / Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO). Entschädigungs-Akte Reg. Nr. 73 308 [Rose Margarete Noah]; Entschädigungsakte Reg. Nr. 74 362 [Ernst E. Noah]; Entschädigungs-Akte Reg. Nr. 53 284 [Eva Edel, geb. Strauß] – ITS Arolsen: https://collections.arolsen-archives.org/archive/127207507/?p=1&s=Noah,%20Rosemarie&doc_id=127207507 – Yad Vashem: https://yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=de&itemId=1533174&ind=1

Literatur: – Aus Kindern wurden Briefe. Die Rettung jüdischer Kinder aus Nazi-Deutschland. Maierhof, G., Schütz, Ch., Simon, H. [Hg.], Berlin: edition Berlin im Metropol Verlag, S. 163 f [Der vollständie Briefwechsel zwischen Rosemarie Noah und ihrer Freundin Anne Marie Asch, verheiratete Goodwin, wird im Jüdischen Museum Berlin bewahrt].

– Akademie der Künste Berlin, Peter-Edel-Archiv, „ … mit diesen grauen und roten J-Stempeln fing es an“ – Dokumente aus der Peter-Edel-Archiv, 2013