HIER WOHNTE
CLARA
BAUMGARTEN
GEB. ROCHELSOHN
JG. 1882
DEPORTIERT 26.1.1943
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET
Clara Baumgarten, geb. Rochelson, kam am 10. Januar 1882 in Hohensalza in der damaligen preußischen Provinz Posen (heute Inowroclaw in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern, Województwo Kujawsko-Pomorskie) zur Welt.
Das Ehepaar Baumgarten war sehr wohlhabend. Aus den Inventarlisten, die jüdische Menschen vor der Deportation anzufertigen hatten, geht hervor, dass das Vermögen aus Wertpapieren, Geschäfts- und Grundvermögen bestand. Auch die Wohnungseinrichtung – wertvolle Brücken und Gemälde, Hausrat, Kleidung wie Nerz- und Persianermäntel und Schmuck – wies auf sehr wertvollen Besitz hin. Die Baumgartens lebten also in mehr als großbürgerlichen „gediegenen” Verhältnissen.
Entsprechend hoch war ihre sog. „Judenvermögensabgabe”, die alle jüdischen Menschen deutscher Staatsangehörigkeit mit über 5000 RM Vermögen als „Sühneleistung” für die in der Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 entstandenen Schäden zu leisten hatten. Besonders perfide an dieser Sondersteuer war, dass die Nazis in jener Nacht Synagogen, Geschäfte jüdischer Eigentümer etc. zerstörten – also die Schäden selbst angerichtet hatten. Die Höhe der „Judenvermögensabgabe” wurde auf 20% des Vermögens festgesetzt. Für das Ehepaar Baumgarten betrug sie 131.250 RM, die Clara und Theodor Baumgarten bezahlen mussten. Zudem mussten sie die „Reichsfluchtsteuer” in Höhe von 111.500 RM zahlen, eine Steuer, die zynischerweise von den Nationalsozialisten nicht nur für Emigranten, sondern auch vor einer Deportation erhoben wurde.
Nach 1938, als die meisten jüdischen Mitbürger ihren Beruf nicht mehr ausüben durften, wurde auch Theodor Baumgarten für einen Hungerlohn zu Zwangsarbeit verpflichtet – in der Firma „Georg Stritzke Mechanische Werkstatt“, Neue Schönhauser Straße 16 in Berlin-Mitte. Der Schmuck seiner Frau musste abgeliefert werden. Außerdem wurde das Ehepaar im August 1942 zwangsweise in die Bamberger Straße 5 in die aufgelöste Pension Hammerschmidt „umgesiedelt”. Wie üblich bei einem von den Nationalsozialisten angeordneten „Umzug” wurde der größte und wertvollste Teil der Wohnungseinrichtung in der Duisburger Straße 8 beschlagnahmt und veräußert.
In der Bamberger Straße 5 bewohnten Clara und Theodor Baumgarten zwei Zimmer in einer großen 8-Zimmerwohnung, die möglicherweise dem Ehepaar gehörte und von den Nationalsozialisten in eine sogenannte „Judenwohnung” umgewandelt war. In der Vermögenserklärung, welche vor einer Deportation abzugeben war, wurden 6 vermietete Zimmer, notdürftig für eine Person eingerichtet, aufgeführt.
Von der Bamberger Straße 5 wurde das Ehepaar im Januar 1943 von der Gestapo abgeholt und in das von den Nationalsozialisten als „Sammellager” missbrauchte jüdische Altersheim in der Gerlachstraße 18-21 verbracht. Von dort aus wurden sie am 26. Januar 1943 mit dem sogenannten „82. Alterstransport” zusammen mit weiteren 98 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern nach Theresienstadt deportiert. Am 28.Oktober 1944 wurden beide weiter in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt. Theodor Baumgarten wurde am 15. November 1944 ermordet. Von seiner Frau Clara ist kein genaues Todesdatum überliefert.
Das schon vorher beschlagnahmte gesamte Vermögen, der Grundbesitz und das noch verbliebene Wohnungsinventar wurden 1943 „zugunsten des Deutschen Reiches” eingezogen.
Recherche und Text: Angelika Kaufel, Monica Schümer-Strucksberg
Quellen: – Volkszählung vom 17.5.1939 – Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam-Golm – Entschädigungsamt Berlin, Fehrbelliner Platz – Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1933-1945, Humboldt-Universität – Deportationsliste