Stolperstein Bamberger Straße 18

Hausansicht Bamberger Str. 18

Dieser Stolperstein wurde am 8. November 2021 verlegt und von den Großnichten Karen und Connie Levi gespendet.

Stolperstein Emmy Brodnitz

HIER WOHNTE
EMMY BRODNITZ
GEB. WOLFFHEIM
JG. 1876
DEPORTIERT 26.9.1942
ERMORDET IN
RAASIKU

Klara Wolffheim als junge Frau

Klara Wolffheim als junge Frau

Emmy Brodnitz wurde am 28. Oktober 1876 als Tochter von Salomon und Klara Wolffheim in Berlin geboren. Sie hatte drei Brüder – Alfred, Eugen und Karl. Eugen und Karl konnten ihr Leben durch Flucht nach Shanghai retten. Von Alfred, geb. 1880, wissen wir nur, dass er in hohem Alter in Berlin verstorben sein soll.

Auch von Emmy Brodnitz wissen wir nur wenig. Sie muss mehrfach verheiratet gewesen sein, denn sie war Witwe eines Herrn Mayer, mit dem sie einen Sohn, Hans Sigmund Mayer, geb. am 20. Februar 1901, hatte. Diesen Sohn brachte sie in die spätere Ehe mit Herrn Brodnitz ein, schickte ihn aber als Teenager vor Kriegsausbruch ins Exil nach Shanghai. Er stellte nach dem Krieg aus den USA einen Antrag auf Entschädigung für die Wohnungseinrichtung, Schmuck, Wertpapiere und Bankkonten. Über den zweiten Ehemann, Herrn Brodnitz, war nichts herauszufinden.

Die Großnichte von Emmy Brodnitz, Enkelin von deren jüngerem Bruder Karl Wolffheim, weiß nur wenig über Emmys Leben, da ihr Großvater im Exil in Shanghai starb, bevor ihre Eltern sich kennenlernten. Es gab also fast niemanden, der über Emmy hätte berichten können. Aber Karls Witwe Käthe erzählte, dass ihre Schwägerin Emmy Brodnitz zusammen mit ihrer Mutter Klara Wolffheim in Berlin ein angesagtes Geschäft für Damenmoden besaß und beide in den 20er und frühen 30er Jahren unabhängige, modebewusste Unternehmerinnen waren.

Emmy war demnach eine großgewachsene, hübsche Frau, die sich in den 20er Jahren im Stil der Zeit mit knielangen Kleidern mit heruntergesetzter Taille und Cloche – Hüten kleidete. Sie muss eine sehr pflichtbewusste und liebende Tochter gewesen sein, denn sie ließ nach Kriegsbeginn – als sie ihren Sohn bereits nach Shanghai geschickt hatte – ihre alternde Mutter in Berlin nicht allein. Es gibt Hinweise, dass sie viel in Deutschland herumreiste, um den Nazis zu entkommen. Es gelang ihr nicht.

Emmy Brodnitz wurde am 26. September 1942 mit dem sog. „20. Osttransport“ vom Güterbahnhof Moabit zusammen mit fast 800 jüdischen Berlinern und Berlinerinnen, über 200 aus Frankfurt/Main Deportierten und weiteren Einzelpersonen unterschiedlicher Herkunft in die Tötungsstätte Raasiku bei Reval in Estland deportiert. Die über 1000 Deportierten wurden nach Ankunft am 31.9.1942 mit Bussen in die nahegelegenen Ostsee-Dünen gebracht und dort erschossen – darunter Emmy Brodnitz. Nur ca. 20 junge Menschen wurden in Arbeitslager verbracht, haben aber vermutlich auch nicht überlebt.

Recherche: Karen Levi und Amelie Döge.
Text: Gisela Morel-Tiemann

Quellen:
  • Gedenkbuch des Bundesarchivs
  • Wiedergutmachungsakten
  • Deportationslisten