HIER WOHNTE
FRITZ LACHOTZKI
FRED LYON
JG. 1928
FLUCHT 1939
ENGLAND
USA
Fritz wurde am 14.Oktober 1928 als Sohn von Bruno und Selma Lachotzki in Berlin geboren. Die ersten Jahre seiner Kindheit verliefen sehr glücklich, denn die Familie war wohlhabend, weil der Vater als Teilhaber in einer äußerst erfolgreichen Damen-Oberbekleidungsfirma arbeitete. Obwohl seine Eltern viel Zeit außerhalb des Hauses bei der Arbeit verbrachten, sorgten seine Tante Thea und die Nanny Lina, ebenso wie seine Schwester Rosemarie für ihn.
Fritz begann mit der Bildung in der öffentlichen Schule in der Sybelstraße, nicht weit von zuhause entfernt. Ab 1936 jedoch war es jüdischen Kindern verboten, öffentliche Schulen zu besuchen, deshalb gingen er und seine Schwester in eine private jüdische Schule in Dahlem, die „Private Waldschule Kaliski“(PWK).
1936 war ebenso das Jahr der Olympischen Sommer Spiele und Fritz hatte sich sehr auf die Eröffnungszeremonie gefreut. Jedoch als ihm sein Vater sagte, es sei äußerst gefährlich, als Jude an derartigen öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, war er sehr enttäuscht.
Fritz erinnerte sich immer an die Nazi-Braunhemden, die durch die Straßen Berlins zogen, um nach Juden Ausschau zu halten, die sie angreifen konnten und er erinnerte sich an die schrecklichen Poster von „dem hässlichen Juden“, und den „Stürmer“, das Propagandablatt der Nazipartei , das von Zeitungsjungen verkauft wurden.
Die Väter seiner Freunde wurden verhaftet und ganze Familien verschwanden. Wenigstens seine Schule, die PWK war eine Art Refugium, wo die Kinder nicht nur die normalen Unterrichtsfächer lernten, sondern auch die Dinge, die ihnen in Palästina das Überleben ermöglichen würde, wenn sie so viel Glück hätten, dorthin zu emigrieren.
In der Pogromnacht am 9.November 1938 wurde der Friedenstempel, die Synagoge in der Markgraf- Albrecht- Straße, zu der die Familie regelmäßig ging, angegriffen. Fritz‘ Vater war Gemeindevorsteher, deshalb wurde der Junge gerufen, zu helfen die Torah- Rollen zu retten. Bruno nahm Fritz mit und Fritz erinnerte sich, dass die Synagoge schon brannte, als sie dort ankamen und die Torah- Rollen nicht mehr zu retten waren. Am nächsten Morgen wurde Bruno verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht.
Kurze Zeit später gelang es seiner Mutter Selma, genug Lösegeld zu zahlen, um Bruno aus dem Lager zu holen, aber die Familie musste dann Deutschland innerhalb von 48 Stunden verlassen. Selma hatte die nötigen Papiere erhalten, um mit der Familie nach England einzureisen, wo Cousins ein kleines Sommerhaus an der Küste von Sussex gemietet hatten. Es hatte keine Heizung und war deshalb kein Platz, wo man den Winter 1939/40 hätte verbringen können. Fritz besuchte in dem winzigen Dorf Shoreham-by-the-Sea die Schule.
Sie konnten alle kein Wort Englisch als sie ankamen in England, aber als sie im Frühjahr 1942 das Land verließen, um nach den USA zu gehen, war das Englisch schon ziemlich passabel.
Sie ließen sich in Minneapolis nieder, wo Selma einen Cousin hatte, der sie anfangs bei sich und seiner Familie wohnen ließ.
Fred blieb fast sein ganzes Leben in Minneapolis, absolvierte dort die Highschool und diente in der US Marine, machte einen Abschluss an der Universität von Minnesota in Biologie und wurde Arzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Nach einem weiteren Abschluss an der Universität von Minnesota, beendete er seine Assistenzzeit dort und wurde Partner in einer Praxis für Gynäkologie und Geburtshilfe und damit ein beliebter Arzt in der jüdischen Community.
Er heiratete Naomi Mlnarik, mit der er drei Kinder hatte: Heidi Wagner, Dan und Gregory Lyon.
Während der Jahre der Bürgerrechtsbewegung engagierten sich Fred und Naomi in der eigenen Stadt und setzten sich für die Rechte der Afro-Amerikaner für bessere Wohnverhältnisse und deren Wahlrecht ein. Fred fuhr auch nach Selma, Alabama, um mit Martin Luther King zu demonstrieren. Als dieses bekannt wurde, kamen viele Afro-Amerikanische Frauen zu Fred und wurden seine Patientinnen. Er war ein Vertreter für den Kampf um das Recht auf Abtreibung und richtete zwischen Denver und Chigago besondere Zentren ein.
Seine Praxis hatte großen Erfolg, er wurde zudem noch Chefarzt für Gynäkologe im Mount Sinai Hospital und des Methodist Hospital und außerordentlicher Professor für diesen Fachbereich an der Universität von Minnesota. Er setzte sich 1989 zur Ruhe.
Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachten Fred und Naomi einen großen Teil des Jahres in Tucson, Arizona.
Biography of Fred Lyon
Text: Judith Kalitzki, Seattle
Übersetzung: Stolpersteininitiative Charlottenburg – Wilmersdorf
Quellen: Dokumente aus Privatbesitz