In der Unterabteilung II b der Kanzlei des Führers wurden die Meldebögen von Hans Hefelmann oder seinem Stellvertreter Richard von Hegener bearbeitet und dann an die drei vom Reichsausschuss bestellten Gutachter Professor Hans Heinze, Dr. Ernst Wentzler und Professor Werner Catel weitergegeben, die jeden einzelnen Fall aufgrund der Meldebögen zu entscheiden hatten. Wolfgang Zerban wurde mit dem Merkzeichen „+“ als Euthanasiefall zur „Behandlung“ und damit Ermordung „freigegeben“.
Im Juni 1944 spricht die Krankenakte von „zunehmender Verschlechterung des Gesamtzustandes, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust.“ Die Sterbeurkunde weist den 23. Juli 1944 als Todesdatum auf. Als Todesursache findet sich in der Krankenakte Drüsentuberkulose. Wolfgang Zerban wurde mit der laufenden Nummer 7054 auf dem Anstaltsfriedhof im Grab 138 bestattet.
Die über Monate penibel dokumentierten Fieberkurven mit zwei Messungen für jeden einzelnen Tag enden zwei Tage vor dem Todesdatum, als das Blatt voll ist, so als sei man sich einig gewesen, dass es aufgrund des unausweichlichen vorbestimmten grausamen Endes nicht erforderlich sei, ein neues Formblatt in der Akte anzulegen.
An Wolfgang Götz Zerban wird auch im virtuellen „Gedenkort T4“ erinnert: Wolfgang Götz Zerban aus Berlin | Gedenkort T4 (www.gedenkort-t4.eu) In der Tiergartenstraße 4 in Berlin stand die Villa, in der seit 1940 unter der Bezeichnung „Zentraldienststelle“ verschiedene Tarnorganisationen ihren Sitz hatten, die das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933 umsetzten und den sog. „Krankenmord“, das Euthanasie – Pogramm, konkret planten, dem ca. 300 000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Krankheiten zum Opfer fielen. Zudem überlebten viele der 400 000 bereits zu Beginn der Aktion zwangssterilisierten Menschen die Operationen nicht.
Hans Arnold Schmidt, der stellvertretende Anstaltsdirektor der „Heil- und Pflegeanstalt Konradstein“ in Preußisch Stargard, in der Wolfgang Götz Zerban ermordet wurde, arbei-tete nach dem Krieg in Hamburg als Amtsarzt bis 1963. Einer Bestrafung für die von ihm verübten Gräuel entging er aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes. Er starb 1973.
Recherche und Text: Benjamin Andrae
Quellen: – Krankenakte Wolfgang Zerban 2830-5981 im Staatsarchiv Gdynia – Schriftlicher Bericht zur Familiengeschichte von Heide Zerban-Michelfelder, 2018 – Hinweise von Robert Parzer (Gedenkort T4) und Lutz Kaelber (University of Vermont)