Otto Hintze, geb. 1861, darf heute als der bedeutendste deutsche Historiker des späten Kaiserreichs und der Weimarer Republik gelten. Vor allem seine Leistungen im Bereich der Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte, in der vergleichenden Geschichte und nicht zuletzt seine methodischen und theoretischen Reflektionen erheben ihn in den Rang des Vordenkers einer modernen politischen Strukturgeschichte. Seine monumentale Chronik “Die Hohenzollern und ihr Werk” besitzt auch heute noch Gültigkeit.
1912 heiratete er seine Schülerin Hedwig Guggenheimer, die in einer assimilierten jüdischen Familie aufwuchs. Hedwig Hintze bestand nach der Heirat darauf, ihre wissenschaftliche Karriere fortzusetzen. Im Kreis der Berliner Historiker des späten Kaiserreichs und der Weimarer Republik war sie eine Außenseiterin, eine provokante Figur dazu, und zwar in dreifacher Hinsicht: Als Frau, als linksliberale Autorin und als Gelehrte jüdischer Herkunft. Gegen das Ressentiment stand die wissenschaftliche Leistung: Ihre Studie über “Staatseinheit und Föderalismus im alten Frankreich und in der Revolution” ist bis heute ein Standardwerk.
Wegen ihrer jüdischen Herkunft verlor Hedwig Hintze 1933 ihr Lehramt an der Universität. Otto Hintze verließ 1938 die Preußische Akademie der Wissenschaften, der er seit 1914 angehört hatte. Eine Anfrage der Akademie, ob er “jüdisch versippt sei”, beantwortete er mit einem schlichten “Ja” und erklärte seinen Austritt.
Hedwig Hintze emigrierte wenige Tage vor Kriegsbeginn nach Holland, wo sie sich 1942 – um einer drohenden Deportation in den Tod zu entgehen – in einer Utrechter Klinik das Leben nahm. Fast blind und völlig vereinsamt war Otto Hintze in Berlin zurückgeblieben, wo er 1940 – bereits wenige Monate nach der Flucht seiner Frau Hedwig – verstarb.