Annedore Leber war nicht nur die Frau ihres Mannes Julius Leber, der uns vor allem durch seine Widerstandsarbeit gegen den Nationalsozialismus ein Begriff ist. Sie hat sich vor allem in der Nachkriegszeit auf vielen Gebieten erfolgreich engagiert: journalistisch als Mitbegründerin der Zeitung Telegraph und der Frauenzeitschrift Mosaik, politisch als Stadtverordnete, Bezirksverordnete und Mitglied des Abgeordnetenhauses, sozial als Mitbegründerin und Vorsitzende des Vereins Handwerklicher Lehrstätten e.V., in dem sie sich um Lehrstellen für Jugendliche kümmerte.
Und was in der Nachkriegszeit einer Tabuverletzung gleichkam: Sie hat als erste Frau nach dem Zweiten Weltkrieg über den Widerstand geschrieben.
Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, die für uns längst selbstverständlich ist, war damals keineswegs gewünscht und stieß überwiegend auf Ablehnung. Aber Annedore Leber hat nicht geschwiegen wie die meisten, sondern eine Diskussion angestoßen, die auch heute noch längst nicht beendet ist. Für sie war es eine existenzielle Aufgabe, dafür zu sorgen, dass der Nationalsozialismus niemals vergessen wird, damit so etwas nie wieder geschehen kann.
Ihr Mann Julius Leber wurde am 5. Januar 1945 als Widerstandskämpfer in Plötzensee hingerichtet. Dieses erschütternde Erlebnis hat sie nicht gelähmt, sondern im Gegenteil:
Sie hat ihre eigenen Anstrengungen, ihr Engagement verdoppelt, als ob sie nun alleine dafür weiterkämpfen wollte, wofür sie zuvor gemeinsam aktiv waren.
Annedore Leber war eine lebensbejahende, zupackende Frau, die überall da, wo sie gebraucht wurde, sich mit aller Kraft eingesetzt hat, getragen von einem tiefen sozialen Engagement und großer gesellschaftspolitischer Verantwortung.