Heinz Berggruen wurde am 6.1.1914 in der Konstanzer Straße 54 in Wilmersdorf geboren. In seinem Buch “Hauptweg und Nebenwege” schrieb er:
“Wurde ich als Kind gefragt, wo ich herkäme, sagte ich nicht, aus Berlin, sondern antwortete: aus Wilmersdorf, und das war nicht etwa Ausdruck von Snobismus oder kindlichem Trotz, sondern entsprach den städtischen Realitäten vor 1914. ‘Wilmersdorf war wirklich beinahe noch ein Dorf’, schrieb ich 1935 in der Frankfurter Zeitung.
Dort wo jetzt Neubauten in langen Reihen stehen, waren weite, freie Plätze, und die Häuser bildeten eigentlich nur die Ausnahmen. Die Straßen waren teilweise noch nicht gepflastert, und von den städtischen Errungenschaften wie Kinos, Konditoreien und so weiter konnte man in Wilmersdorf nichts merken…. Meine eigentliche Heimat blieb Wilmersdorf. Hier kenne ich so ziemlich jedes Haus, jede Straße, jeden Platz. Im Preußenpark haben wir uns mit den Jungen der Nebenklasse herumgeprügelt, und auf dem Fehrbelliner Platz, wo alljährlich einmal Zirkus Krone seine Zelte aufstellte, sah ich zum ersten Mal Löwenbändiger, Seiltänzer und Jongleure.”
In seinem Buch “Spielverderber, nicht alle”, hat Heinz Berggruen die elterliche Wohnung beschrieben:
“Vor dem Krieg wohnten wir im Berliner Westen in einem gutbürgerlichen Haus, das dann im Krieg total zerstört und später von einem scheußlichen Plattenbau ersetzt wurde. Unsere Wohnung im ersten Stock bestand aus einer Diele, einer Art Berliner Zimmer, einem Flur, der zur linken Seite auf die Küche, das Badezimmer und eine trostlos fensterlose Kammer führte, in dem Mariechen, unser pommersches “Mädchen” untergebracht war. Am Ende des Flurs lag das Schlafzimmer meiner Eltern, daneben, auf der anderen Seite vom Korridor, war mein eigenes Schlafzimmer, dann kam das Eßzimmer, ein großer Salon und schließlich das sogenannte Herrenzimmer.”
Die Eltern hatten mit ihrem Schreibwarengeschäft am Olivaer Platz ein gutes Einkommen. Heinz Berggruen emigrierte 1936 nach San Francisco und erwarb die amerikanische Staatsbürgerschaft, kam 1941 als US-Soldat zurück nach Europa und eröffnete 1947 eine eigene Galerie in Paris. Er wurde zu einem der international angesehensten Experten für die Kunst der klassischen Moderne. Mit Pablo Picasso verband ihn eine enge Freundschaft. Er baute eine der weltweit bedeutendsten Privatsammlungen mit Werken der Klassischen Moderne auf, die er 1995 seiner Vaterstadt Berlin als Dauerleihgabe zur Verfügung stellte. Sie wurde am 6. September 1996 im westlichen der beiden Stülerbauten gegenüber dem Schloss Charlottenburg unter dem Titel “Picasso und seine Zeit – die Sammlung Berggruen” eröffnet, später in “Museum Berggruen “ umbenannt. Am 21. Dezember 2000 ging die Sammlung in den Besitz der Stiftung Preußischer Kulturbesitz über. Picasso ist mit 80 Exponaten vertreten, den zweiten Schwerpunkt bilden Arbeiten von Paul Klee. Das Museum ist einer der bedeutendsten kulturellen Anziehungspunkte Berlins. Berggruen selbst wohnte seit 1996 in seinem Museum, mischte sich häufig unter die Besucherinnen und Besucher seiner Kunstwerke und war stolz auf seine Charlottenburger Adresse Schloßstraße 1. Bereits 1973 hatte Berggruen seine amerikanische Staatsbürgerschaft aufgegeben und wieder die deutsche angenommen:
“Obwohl es mir in Paris gutging, sah ich nicht ein, warum ich mich um einen französischen Pass bemühen sollte. Es erschien mir viel sinnvoller, die Nationalität wieder zu erwerben, die mir ein barbarisches Regime ein halbes Menschenalter zuvor weggenommen hatte. Durch Sprache, Literatur, Geschichte und durch die deutsche Landschaft habe ich Bindungen an meine Heimat, die kein ‘Tausendjähriges Reich’ je zerstören konnte.”
Er starb am 23.2.2007 in Paris und wurde in Berlin auf dem Dahlemer Waldfriedhof beerdigt. Die Erben von Heinz Berggruen wollen das Museum um fünfzig Werke der Klassischen Moderne erweitern, darunter Picasso, Matisse, Klee und Cézanne.
Berggruens Bücher sind bewegende Zeugnisse seiner großen Heimatliebe:
“Auf den Haupt- und Nebenwegen des Sammelns führten die Spuren zurück zu meinen Anfängen, ins Berlin meiner Kindheit und Jugend. Dies erscheint mir als glückliche Fügung. Ich verstehe diesen Schritt aber auch als ein Zeichen der Versöhnung, als einen Beitrag zur Anerkennung und Bestätigung eines wieder in die Völkergemeinschaft integrierten, friedfertigen und demokratischen Staates. … Mein Freund Ernst Stiefel sagte: ‘Man kann einen Menschen aus der Heimat vertreiben, aber nicht die Heimat aus dem Menschen.’ … Mit zweiundzwanzig Jahren bin ich aus Berlin fortgegangen, in eine ungewisse Zukunft. Als Zweiundachtzigjähriger bin ich zurückgekommen. Und das ist gut so.”
Am 1.8.2008 wurde das Gymnasium in der Bayernallee 4-5 nach Heinz Berggruen benannt.