Tattersall des Westens

Tattersall des Westens, 10.08.2017

1900 von A. Ziechmann und Heinrich Mittag errichtet.

1766
Der englische Pferdeauktionär Richard Tattersall gründet in London eine Reitschule mit Pferdvermietung, seitdem hießen solche Einrichtungen „Tattersalls“.

1893
Die Reitschule, Beermanns „Tattersall des Westens“ entsteht zwischen Grolmanstraße und Uhlandstraße. Durch eine Rampe gelangten die Reiter auch in die zweite Reithalle im Obergeschoss. In den S-Bahnbögen waren die Stallungen und eine Sattlerei (Ecke Uhlandstraße) untergebracht. In der Grolmanstraße 47 wird ein Backsteingebäude für ein Casino und Gesellschaftsräume erbaut. Die Räume befanden sich über dem heutigen Tresenraum der damals als Küche diente – der Speisenaufzug ist noch heute zu sehen.
Hier pausierte Kaiser Wilhelm II. mit seinen Kürassieren oder die Damen der Gesellschaft genehmigten sich nach dem Ausritt zur Erfrischung ein Gläschen Champagner…

1942
Der Reitbetrieb wird eingestellt, weil die Pferde an der „Front” gebraucht werden…

1944
Im April brennt die Reithalle nach einem Bombenangriff ab, das Gebäude in der Grolmanstraße 47 mit dem „Restaurant zum Tattersall” bleibt verschont.

1945
Die Pferde, die noch in den S-Bahnbögen waren, wurden von russischen Soldaten weggeführt oder gleich an Ort und Stelle geschlachtet. Zwei Pferdebesitzer, die sich nicht von ihren Tieren trennen wollten sollen dabei erschossen worden sein.

1954
„Durchbruch” in die Grolmanstraße 46 zum ehemaligen „Cafe Grolman”. Das Äußere hat sich bis heute unverändert erhalten.
Franz Diener (der ehemalige „Deutsche Meister im Schwergewicht”) übernimmt das Lokal, und gibt ihm einen neuen Namen: „Franz Diener”. Sehr bald entwickelt sich der „DIENER” zu einer „Künstlerkneipe”. Der Grund dafür ist zum einen die Affinität vieler darstellender Künstler aus dieser Zeit zum Boxen, zum anderen das freundliche und herzliche Wesen Dieners und vor allem auch die berühmte und hausgemachte Leberwurst des gelernten Fleischers. Sowohl seine früheren Box-Gegner wie z.B. Breitenstetter, Samson Körner oder Paolino (genannt der „baskische Stier”) verkehrten im „DIENER” als auch damalige Berühmtheiten wie Ernst Deutsch, Georg Grosz oder die Berliner Stachelschweine. Joe Herbst von den „Stachelschweinen” gründete schließlich den „Stammtisch” zu dem bald darauf Leute wie Bob Biberti von den „Comoedian Harmonists”, Hans Albers u.v.a.m. zählten.

1969
Franz Diener stirbt im Alter von 65 Jahren.
Ein halbes Jahr nach seinem Tod übernehmen Lilo Wirthwein und Rolf Honold den „DIENER”. Die beiden haben die Tradition der „Künstlerkneipe” erhalten und vor allem auch die bereits 1954 entstandene „Bildergalerie” ständig erweitert. So zieren heute ca. 500 Künstlerportraits die patinabelegten Wände des Lokals.
Welche Schauspieler, Feuerschlucker, Seiltänzer und Zauberkünstler heutzutage im „DIENER” verkehren und immer noch gern eine Leberwurst verzehren unterliegt dem „lokalen” Datenschutz…

Seit 2005
führt Barbara Kraehkamp diese Berliner Institution und bewahrt die Atmosphäre der Kultkneipe im Kiez.