Sehr geehrter Herr Dr. Legien!
Sehr geehrte Gäste!
Ich freue mich sehr, Sie hier im Rathaus Charlottenburg begrüßen zu dürfen, und ich freue mich sehr, dass ich Ihnen Herr Dr. Legien bei dieser Gelegenheit noch einmal öffentlich zum 80. Geburtstag gratulieren darf, den Sie am 26. Dezember des letzten Jahres gefeiert haben.
Als ich im Jahr der Bezirksfusion 2001 von Wilmersdorf in das neue Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf kam, da hörte ich schnell von einer ganzen Reihe Charlottenburger Legenden.
Eine der meistgenannten Legenden trug den Namen Legien – Dr. Legien wie meist schnell ergänzt wurde. Aus den Erzählungen bildete sich in meinem Kopf eine erste Vorstellung von der Persönlichkeit, die sich hinter diesem Namen verbarg: Er hatte Ecken und Kanten, war gewiss ein Charlottenburger Original, hatte viel Humor, und er hatte sich als Jurist weit über seine Funktion als Charlottenburger Gesundheitsstadtrat und Bezirksbürgermeister hinaus mit Berlin, seinem Viermächtestatus und seiner Rolle in der damaligen Welt des Kalten Krieges beschäftigt. Die Anekdoten, die über Dr. Legien erzählt wurden, vermittelten das Bild eines Menschen mit einer großen Gelassenheit aber auch mit einer immer präsenten Schlagfertigkeit, die um eine passende Antwort nie verlegen war.
Ein bisschen näher lernte ich Dr. Roman Legien kennen, als ich zum ersten Mal diesen Raum betrat und sein Portrait sah.
Der Künstler Gerhard Rechenbach hat einen Mann gemalt, der sich seiner Sache sicher ist und der sein Amt ernst nimmt. Aber hinter dem starken Selbstbewusstsein und dem ausgeprägten Pflichtgefühl blitzt doch in den Mundwinkeln auch der Schalk hervor, der klare Wille, es mit der Ernsthaftigkeit dann auch wieder nicht zu übertreiben. So jedenfalls mein Eindruck von diesem Portrait in der Reihe meiner Vorfahren im Amt des Charlottenburger Bezirksbürgermeisters.
Schließlich haben wir uns dann auch persönlich kennen gelernt. Am besten kann ich mich noch erinnern an die historische Bezirksamtssitzung am 5. April 2005 zum Jubiläum “300 Jahre Charlottenburg” gemeinsam mit vielen ehemaligen Bezirksamtsmitgliedern. Dr. Legien hat diese Sitzung mit seinem originellen Witz ungemein belebt, und auch wenn wir uns jetzt regelmäßig mindestens einmal im Jahr beim legendären Weyer-Essen treffen, ist immer Dr. Legien am besten vorbereitet und unterhält die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit seinen originellen Einlagen.
Ich jedenfalls bin sehr froh, dass ich nicht nur die Legende, sondern auch den Mann Dr. Roman Legien persönlich kennen lernen durfte.
Als Referent des Berliner Bürgermeisters Franz Amrehn und Stellvertretender Leiter des Büros für Gesamtberliner Fragen veröffentlichte der Volljurist Dr. Roman Legien in den 50er Jahren zahlreiche Aufsätze über die Rechtsentwicklung in der DDR und über den Viermächtestatus Berlins.
In einem in hoher Auflage erschienen und in mehrere Sprachen übersetzten Buch plädierte er für die weitere Ausübung der originären Besatzungsrechte durch die westlichen Alliierten.
1961 wurde er zum Gesundheitsstadtrat in Charlottenburg gewählt. Er war wohl der erste, der in Berlin den Bau einer großen Anzahl von Schwesternwohnplätzen durchsetzte und damit eine wichtige Voraussetzung für die personelle Ausstattung der Charlottenburger Krankenhäuser schuf.
Schließlich wurde Dr. Legien 1971 zum Bezirksbürgermeister gewählt. Dieses Amt behielt er über zwei Legislaturperioden bis 1979. Sein Interesse galt in dieser Zeit vor allem dem Baugeschehen. Es ging um Schulen, Kindertagesstätten, das Stadterneuerungsprogramm im Klausenerplatz-Kiez und um Seniorenwohnungen.
Bei der Übersicht über die großen spektakulären Charlottenburger Bauprojekte dieser Zeit ist mir aufgefallen, dass Sie, Herr Dr. Legien einige davon bereits überlebt haben. 1972 wurde das Ku’damm Eck eröffnet, das inzwischen längst durch ein neues Ku’damm Eck ersetzt wurde. 1974 wurde die Eissporthalle Jafféstraße in Betrieb genommen. Sie wurde längst wieder abgerissen, und wir kämpfen heute um eine neue Eissporthalle für den Bezirk. 1979 wurde das ICC eröffnet, und eine Zeitlang konnte man befürchten, dass sein nahes Ende bevorstünde. Aber derzeit sieht es immerhin so aus, dass es nach einer gründlichen Sanierung weiter bestehen wird.
In den 70er Jahren gab es eine Reihe von Schulneubauten, darunter die Helen-Keller- und Charles-Dickens-Schule 1971, die Eichendorff- und Poelchau-Schule 1973, die Friedensburg-Schule 1975, die Reinfelder-Schule 1976 und die Mierendorff-Schule 1978.
Wichtig für Charlottenburg waren die Eröffnung des neuen Stadtbades an der Krummen Straße und der Feuerwache Suarez im Jahr 1974 und die Eröffnung der Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße 1978.
Eines der legendären Charlottenburger Bauprobleme mussten Sie gleich am Beginn Ihrer Amtszeit als Bezirksbürgermeister lösen helfen, den Abriss der einsturzgefährdeten Häuser am “Nassen Dreieck”. Die “schiefen Häuser im Sumpf von Charlottenburg”, wie der Tagesspiegel damals schrieb, wurden 1972 schließlich geräumt und abgerissen.
Den Bau einer Zeltstadt auf dem Gelände durch wohnungslos gewordene Hausbesetzer unter dem charakteristischen Namen “Chaotenburg” im Jahr 1983 erlebten Sie dann bereits als Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin, dem Sie von 1981 bis 1989 angehörten, unter anderem als Stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses.
In den damaligen Auseinandersetzungen mit extremistischen Strömungen in den Universitäten haben Sie immer wieder engagiert Stellung bezogen. 1989 haben Sie ein Buch mit dem Titel “Sonderbare Sachen” veröffentlicht, in dem sich der Held in romanhafter Form über viele Zeiterscheinungen lustig macht.
Die für uns alle spannende Zeit nach dem Fall der Mauer haben Sie aktiv mitgestaltet: Von 1990 bis 1993 haben Sie an der Universität Potsdam als Lehrbeauftragter Veranstaltungen über Kommunalpolitik, Medien und die Fusion Berlins mit Brandenburg durchgeführt. Sie haben 1990 und 1991 die Gemeinde Wustermark beraten und waren von 1992 bis 1993 Mitgeschäftsführer der Güterverkehrszentren-Entwicklungsgesellschaft Brandenburg-Berlin mbH. Auch so etwas gab es in diesen aufregenden Jahren.
Sie sind seit 47 Jahren verheiratet, haben drei Töchter und 10 Enkelkinder und müssten eigentlich nach dem, was Sie mir zu diesem heutigen Anlass übermittelt haben, einer der glücklichsten Menschen sein. Ich wünsche Ihnen das jedenfalls und hoffe, dass ich von Ihrer Erfahrung noch viel profitieren darf und dass ich Ihren Humor und Ihre Schlagfertigkeit noch oft erleben darf.