Sehr geehrter Herr Albers!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Am 2. Juni dieses Jahres haben wir an die Erschießung Benno Ohnesorgs während einer Demonstration vor der Deutschen Oper Berlin vor 40 Jahren erinnert. Vor kurzem wurde sogar die Bismarckstraße vor der Deutschen Oper gesperrt, weil dort das Geschehen von 1967 für Filmaufnahmen nachgestellt wurde. Heute feiern wir die Gründung des Rollstuhl-Sport-Clubs Berlin e.V. vor 40 Jahren am 4. November 1967. Haben diese Ereignisse mehr miteinander zu tun, als dass sie beide vor 40 Jahren geschehen sind?
Ich denke schon, und ich würde beides in Verbindung bringen mit der sogenannten 68er Bewegung, also mit dem Aufbegehren vieler, vor allem junger Menschen gegen die Verkrustungen, die Tabus und die starren Regeln der Nachkriegsgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland. Viele Kommentatoren und Historiker haben den Tod Benno Ohnsorgs als den eigentlichen Beginn der 68er Bewegung beschrieben, die demnach eigentlich 67er Bewegung heißen müsste.
Viele der damaligen Vorkämpfer dieser Bewegung sehen sie inzwischen kritisch, und es gibt konservative Kritiker, die kein gutes Haar mehr an dieser Epoche lassen, sondern nur noch den Verlust von Ordnung und Disziplin beklagen. Ich denke, dass wir über mancher berechtigten Kritik am damaligen revolutionären Überschwang nicht vergessen sollten, wie befreiend diese Bewegung für viele war.
Die Rolle des Staates gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern hat sich grundlegend gewandelt, die Frauen haben begonnen, für ihre Rechte in der Gesellschaft zu kämpfen, mit der Diskriminierung von Homosexuellen wurde endlich schrittweise Schluss gemacht. Viele Minderheiten wurden erstmals öffentlich wahr und ernst genommen.
Das gilt auch für Behinderte. Inzwischen ist es für uns selbstverständlich, dass ein Beauftragter für Menschen mit Behinderung im Bezirksamt dafür sorgt, dass Behinderte in der Kommunalpolitik nicht vergessen werden, dass der öffentliche Raum so gestaltet wird, dass auch Behinderte sich möglichst problemlos darin bewegen können und dass Behinderte einen gleichberechtigten Zugang zu allen öffentlichen Angeboten haben.
Ich weiß nicht, ob der Rollstuhl-Sport-Club Berlin sich selbst in diesem Kontext sieht. Aber ich vermute, dass die 12 Personen, die ihn am 4. November 1967 gegründet haben, durchaus vom Geist dieser Zeit beseelt waren. Und damals war es noch keineswegs selbstverständlich, dass Behinderte in der Öffentlichkeit Sport getrieben haben, dass Behinderte und Nichtbehinderte in jeder Hinsicht in der Gesellschaft gleichberechtigt sind. In diesem Sinne also waren die 12 Gründungsmitglieder des RSC durchaus Pioniere, die daran mitgewirkt haben, dass wir heute kaum noch einen Unterschied machen zwischen Sport von behinderten und Sport von nichtbehinderten Menschen. Die Sporthalle der Peter-Ustinov-Schule ist seit dem Jahr 2000 das Zentrum des Behindertensports in Berlin. Ich freue mich, dass der Rollstuhl-Sport-Club Berlin hier in Charlottenburg-Wilmersdorf seine Heimat gefunden hat und Rehabilitationssport, zunehmend aber auch Leistungssport anbietet.
Der RSC hat eine stolze Erfolgsbilanz vorzuweisen. Bernd Marske wurde 1987 Weltmeister im Tischtennis-Team, Marion Masch war Deutsche Meisterin im Badminton, und Horst Moll spielt in der Deutschen Nationalmannschaft, um nur drei der erfolgreichsten Sportlerinnen und Sportler des RSC zu nennen. Entscheidend aber ist, dass sich bei diesem Sport behinderte und nichtbehinderte Menschen treffen und dass die Behinderung nicht die aktive Ausübung des Sports verhindert. Ich selbst bin sehr gern bei den Sportveranstaltungen des RSC und lasse mich gerne anstecken von der Begeisterung und der hohen Konzentration, die von den Sportlerinnen und Sportlern und vom Publikum ausgeht.
Ich gratuliere dem RSC herzlich zum Geburtstag und wünsche ihm und seinen Sportlerinnen und Sportlern alles Gute und viel Erfolg in den nächsten 40 Jahren.