am 01.04.2006, 9.30 Uhr, Wilmersdorfer Str. 118
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister Wowereit!
Sehr geehrter Herr Klier!
Sehr geehrter Herr Pesarese!
Sehr geehrter Herr Lehmann!
Sehr geehrter Herr Busch-Petersen!
Sehr geehrter Herr Kollege, Baustadtrat Gröhler!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Nein, es ist kein Aprilscherz, obwohl ich zunächst nicht ganz sicher war: 100 Jahre Karstadt, hier in der Wilmersdorfer Straßer? Ich konnte mich doch noch gut an das Hertie-Kaufhaus erinnern, das es hier vor einigen Jahren gab. Aber schließlich hat sich alles aufgeklärt: Karstadt feiert 100 Jahre Kaufhaus an diesem Ort. Und auch wenn es hier einen Wechsel von verschiedenen Kaufhäusern gab, so gibt es doch allen Grund, dieses Datum zu feiern, und ich bin Karstadt und dem Geschäftsführer dieses Hauses, Herrn Lehmann sehr dankbar dafür.
Die Firma Graff & Heyn eröffnete im Jahr 1900 hier, an der gerade ausgebauten Wilmersdorfer Straße ein Manufaktur- und Kurzwarengeschäft und errichtete sechs Jahre später, also vor 100 Jahren an der Stelle des kleinen Ladens ein Warenhaus. Bereits 1912 wurde es wieder abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt der 1914 von der Firma Jandorf übernommen wurde.
Adolf Jandorf hatte 1907 am Wittenbergplatz das Kaufhaus des Westens eröffnet. 1926 übernahm Hermann Tietz das Kaufhaus an der Wilmersdorfer Straße 118, das 1935 von den Nationalsozialisten in “Hertie” umbenannt wurde, damit der jüdische Name nicht mehr auftauchte. Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs wurde das Kaufhaus Hertie 1950 wieder eröffnet, später erweitert und 1997 von Karstadt übernommen.
Als Graff und Heyn hier 1900 ihren Laden aufmachten und sechs Jahre danach ein großes Kaufhaus bauten, da war viel unternehmerische Weitsicht, Mut und Risikobereitschaft nötig. Aber die Rechnung ging auf. Charlottenburg hatte sich am Ende des 19. Jahrhunderts von der verträumten Sommerfrische zur Großstadt entwickelt, und war zur Konkurrenz für Berlin geworden.
Die westliche City Berlins entwickelte sich damals mit einem rasanten Tempo, bevor Charlottenburg dann 1920 nach Berlin eingemeindet wurde. Und hier in der Wilmersdorfer Straße entwickelte sich das eigentliche Geschäfts- und Einkaufszentrum Charlottenburgs, während der Kurfürstendamm von Anfang an Bedeutung über Charlottenburg hinaus hatte und zum Anziehungspunkt nicht nur für Berlinerinnen und Berliner, sondern für Touristen aus aller Welt wurde.
Wir sind sehr froh, dass sich die Wilmersdorfer Straße in den letzten Jahren dank des gemeinsamen Engagements der Geschäftsleute und des Bezirksamtes wieder zu einer äußerst erfolgreichen Geschäftsstraße entwickelt hat. Hier wie in vielen anderen Zentren unseres Bezirks haben sich die Geschäftsleute zu einer Interessengemeinschaft zusammen geschlossen und ihrer Straße neue Impulse gegeben.
Karstadt spielt dabei eine herausragende Rolle, und ich freue mich, dass Karstadt sein Jubiläum zum Anlass nimmt, hier bis Mitte Mai zu feiern und damit die Wilmersdorfer Straße erneut ins Blickfeld zu rücken.
Karstadt zeigt Kiezbewusstsein und Traditionsbewusstsein. Beides ist populär, und beides tut uns allen gut. Und es hat nichts zu tun mit der rückwärts gewandten Nostalgie der Ewig-Gestrigen. Im Gegenteil: Traditionsbewusstsein ist die Voraussetzung für Zukunftsorientierung und Veränderungsbereitschaft. Nur wer seine Geschichte kennt, kann seine Zukunft gestalten.
Wir sind froh, dass die West-Berliner-Sondersituation als eingemauerte Stadt glücklich überwunden ist und wollen nichts davon zurück haben. Um so wichtiger ist für uns die Tradition der westlichen City Berlins, wie sie sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Diese Gründerzeit kann uns auch heute wieder als Vorbild dienen.
Wenn wir heute die Rolle unseres Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf für Berlin definieren wollen, dann hilft uns diese Tradition mehr als die historische Episode der eingemauerten Stadt.
Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass Karstadt sich auf seine 100 Jahre alte Tradition besinnt, die Geschichte dieses Kaufhauses aufarbeitet und sie zu Anlass nimmt, ausgiebig zu feiern. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei.