Thema des Monats März 2015

Aufbruch an der Joachimsthaler Straße?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Rückbenennung der Joachimsthaler Straße am 15.9.2014, Foto: KHMM

Rückbenennung der Joachimsthaler Straße am 15.9.2014

Die Joachimsthaler Straße verläuft von der Hardenbergstraße und dem Hardenbergplatz bis zur Bundesallee und Schaperstraße. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat in seiner Sitzung am 20. Mai 2014 beschlossen, dass die Joachimstaler Straße und der gleichnamige Platz aufgrund einer Rechtschreibkorrektur in Joachimsthaler Straße und Joachimsthaler Platz umbenannt werden. Die Joachimsthaler Straße war 1887 nach dem in der Nähe befindlichen Joachimsthalschen Gymnasium benannt worden. 1936 wurde der Joachimstaler Platz benannt und fälschlicherweise ohne “h” geschrieben. Später wurde ebenfalls fälschlicherweise der Straßenname dem Platznamen angeglichen. Seit dem 15. September 2014 werden Straße und Platz wieder mit “h” geschrieben.

CDU-Fraktion

Die City West ist im Aufschwung. Waldorf Astoria und Bikinihaus sind fertig, das Upper West im Bau, die Bahn renoviert den Bahnhof Zoo. Das „Aschingerhaus“ an der Joachimsthaler Straße zwischen Kant- und Hardenbergstraße soll einem Neubau weichen. Dafür gilt ein Bebauungsplan, der Höhe und Größe des Baukörpers vorgibt. Im Wettbewerbsverfahren unter Beteiligung des Bezirksamtes und Stadtrat Schulte (SPD) und der Fraktionen siegten die Architekturbüros Axthelm/Rolvien und Hascher/Jehle. Beide Entwürfe erfüllten nicht die Vorgaben des B-Plans. Urplötzlich war der überarbeitete Entwurf Hascher/Jehle, auch „Runde Ecke“ vom Architekten genannt, und einer der üblichen emotionslosen Gebäuderiegel, als Sieger gekürt. Der spannende, von Emotion getragene Entwurf Axthelm/Rolvien sollte chancenlos und nicht genehmigungsfähig sein. Die CDU-Fraktion möchte eine interessante, moderne Architektur im Herzen der City West. Wir wünschen uns mehr Mut von Stadtrat Schulte und seinem Stadtplanungsamt, von mehr Transparenz gar nicht zu reden.
Arne Herz

SPD-Fraktion

An der Joachimsthaler Straße wurde und wird gebaut werden. Ein Aufbruch der City West ist hier deutlich zu spüren! Das Waldorf Astoria steht, das Gebäude „Upper-West“ wird gebaut, auch in der näheren Umgebung ist der Aufbruch deutlich zu erkennen. Bikini-Berlin und der Zoo-Palast sind letztes Jahr wiedereröffnet wurden, die Umgestaltung des Hardenbergplatzes hin zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität wird zurzeit politisch diskutiert. Auch an Joachimsthaler Straße/ Kantstraße soll gebaut werden. Hier gab es ein transparentes Juryverfahren, das zwei Siegerentwürfe gekürt hat. Der Investor konnte sich für einen der Entwürfe entscheiden und wird diesen nun verwirklichen. An dieser Stelle bedauert die SPD-Fraktion, dass der Investor kein Bebauungsplanverfahren für sein Grundstück durchführen wollte (dies hätte mehr Zeit in Anspruch genommen), dann hätte man an der Stelle durch einen höheren Bau eine interessantere Architektur verwirklichen können. Was jetzt entsteht, ist allerdings von einer Jury auserwählt, an der alle Fraktionen beteiligt waren, auch sehenswert und eine deutliche Aufwertung zu jetzt.
Heike Schmitt-Schmelz

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Vom Bahnhof Zoo geht es durch eine enge, niedrige Passage zum beliebtesten Boulevard Berlins, vorbei an billigen Burgern mit schlechter Reklame, Sexshops und unwirtlichen Ecken und Treppen. Viele fühlen sich dort unwohl, nun soll die Ecke neu bebaut werden. Wenn man dort hoch hinaus bauen möchte, muss ein Bebauungsplan aufgestellt werden, an dem sich die Bürger beteiligen können und dessen Erstellung Zeit braucht. Dem Investor jedoch kann es jedoch nicht schnell genug gehen, daher verzichtet er lieber auf einige Geschosse. Nun wird deshalb einer der Vorschläge realisiert, die die beiden zweiten Plätze im Wettbewerb gemacht haben. Einen ersten Platz gab es nicht. Aus bündnisgrüner Sicht wurde der überzeugendere Entwurf genommen, der mit dem bestehenden Baurecht auskommt. Der Weg zum Boulevard wird schöner. Doch hoffentlich kommt der Blumenstand wieder, der so oft Rettung in letzter Not war.
Ansgar Gusy

Piraten-Fraktion

Von einem Aufbruch an der Joachimsthaler Straße ist nichts zu sehen. Ab März wird das Gebäudeensemble zwischen Kantstraße und Hardenbergstraße, ehemals als Aschinger- und Beate-Uhse-Haus bekannt, abgerissen. Der dort entstehende Neubau ist jedoch weder Ausrufezeichen, noch Blickfang. Der Investor hatte weder den Mut noch die Zeit, einen außergewöhnlichen Entwurf zu wählen. Und solche gab es im Wettbewerbsverfahren durchaus. Stattdessen wird dort ein 08/15-Gebäude ohne nennenswerte Besonderheiten gebaut. Das Bezirksamt war durchaus bereit, an dieser hervorgehobenen Stelle ein kleines Hochhaus zuzulassen. Dazu hätte es aber ein Bebauungsplanverfahren geben müssen. Die dafür notwendigen ca. 1 ½ Jahre wollte der Investor nicht warten. Damit wurde die Chance vertan, dies für einen herausragenden Entwurf zu nutzen, der diese Ecke aufgewertet hätte.
Siegfried Schlosser

Die Linke

Schon seltsam – auf der einen Seite steht in Berlin anscheinend jeder Geräteschuppen unter Denkmalschutz. Wenn es dem Profit dient, interessiert die Architektur vergangener Zeiten bei Bedarf plötzlich nicht mehr. Nach dem Schimmelpfeng-Haus soll nun das Aschinger-Haus am Zoo weichen. Richtig schön waren die beiden Bauwerke nicht, aber typische Beispiele dafür, was in zu ihrer Zeit als schick galt. Dort fanden sich auch einige Läden, nicht immer der vornehmeren Art, aber weit über Berlin hinaus bekannt. Ein Stück Westberliner Flair verschwindet also auch an dieser Ecke für immer.
Was nachkommt, lohnt sich vermutlich für diejenigen, die höflicherweise Investoren genannt werden. Die Menschen, die nun kaum noch Grund oder die Möglichkeiten finden, in die neuen Gebäude zu gehen und mit weiteren Exemplaren fantasiearmer Schuhschachtelarchitektur konfrontiert werden, haben nichts davon.
Marlene Cieschinger