Thema des Monats Juni 2007

Gerichtsurteil zum Bürgerbegehren "Parkraumbewirtschaftung" - Was nun?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Auch am Lehniner Platz soll nach den Plänen des Bezirksamtes die Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden, Foto: KHMM

Auch am Lehniner Platz soll nach den Plänen des Bezirksamtes die Parkraumbewirtschaftung eingeführt werden, Foto: KHMM

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass eingereichte Unterschriften für ein Bürgerbegehren auch dann gültig sind, wenn kein Geburtsdatum angegeben ist, sofern sich die Wahlberechtigung dieser Person zweifelsfrei klären lässt. Die Zurückweisung des Bürgerbehrens durch das Bezirksamt wegen einer zu geringen Anzahl gültiger Unterschriften ist damit aufgehoben. Deshalb wird im Herbst ein Bürgerentscheid zur geplanten Ausdehnung der Parkraumbewirtschaftung bis zum westlichen S-Bahn-Ring durchgeführt. Das Ergebnis beantwortet dann die Frage, ob die neuen Parkraumbewirtschaftungsgebiete in Charlottenburg-Wilmersdorf eingerichtet werden können.

SPD-Fraktion

Das Urteil ist gesprochen. Engagierte Bürgerinnen und Bürger haben es durch immensen persönlichen Einsatz geschafft, genügend Unterschriften zu sammeln.
Der Bürgerentscheid zur Parkraumbewirtschaftung innerhalb des südlichen S-Bahn-Ringes kann nun eingeleitet werden. Glückwunsch!
Mit dem Urteil besteht endlich auch Klarheit über den Umfang und die visuelle Beschaffenheit der zu sammelnden Daten, so dass der verantwortliche CDU-Stadtrat Krüger bei künftigen Auswertungsrunden eine professionellere Gangart an den Tag legen kann und wird als eben in diesem Erstfall.
Sie SPD-Fraktion freut sich auf das Bürgerbegehren und den Dialog mit den Anwohnerinnen und Anwohnern und den Gewerbetreibenden der betreffenden Gebiete. Wir sind überzeugt, dass eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Ringes ein sinnvolles Mittel zur Ordnung des ruhenden Verkehrs im stark belasteten Innenstadtbereich ist. Weniger Belastung, mehr Lebensqualität! Und wir sind uns sicher, auch Sie zu überzeugen.
Holger Wuttig

CDU-Fraktion

Die CDU-Fraktion begrüßt das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts ausdrücklich. Jetzt, wo das Bürgerbegehren zustande gekommen ist, sollten sich alle Fraktionen auf die Bürgerbeteiligung freuen. Gerade die Grünen, wie aber auch die SPD, sollten jetzt nicht versuchen, die Bürger durch die Instanzen der Gerichte zu jagen. Der Bürger wurde vom Gericht für mündig gehalten und sollte jetzt auch so behandelt werden. Der Bürgerentscheid sollte nun dafür genutzt werden, den Bürger an der eventuellen Einführung der neuen Parkraumbewirtschaftungszonen zu beteiligen. Die Angst der grünen Stadträtin Schmiedhofer war in dem gesamten Verfahren zu spüren. Alle Versuche, den Bürgern in Pseudoveranstaltungen das Heil der Parkraumbewirtschaftung zu verkaufen, waren und sind gescheitert. Die CDU-Fraktion hofft, dass sich die Vernunft bei der SPD-Fraktion durchsetzt und dem Spuk der Stadträtin Schmiedhofer ein Ende setzt, denn wer zu spät kommt, den bestraft der Wähler!
Bodo Schmitt

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Seit Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes 2006 ist es den Wahlberechtigten jedes Bezirks möglich, einen Bürgerentscheid einzufordern. Dieses Mittel der “direkten Demokratie” wird von Bündnis 90/Die Grünen begrüßt. Im durch das Verwaltungsgericht entschiedenen Fall ist der Weg zum Bürgerentscheid über die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Rings vom Fehrbelliner Platz bis zum Kaiserdamm als nördliche Grenze nun frei. Innerhalb von vier Monaten wird mit einer amtlichen Mitteilung an die wahlberechtigten Haushalte eine freie und geheime Abstimmung durchgeführt.
Wenn auch aufgrund fehlender Daten bei den Unterschriften Zweifel an einer hinreichenden Unterstützung des Begehrens bestehen, wird sich nun der Mehrheitswille der WählerInnen zweifelsfrei artikulieren können. Bündnis 90/Die Grünen werden mit entsprechenden Informationsveranstaltungen Aufklärungsarbeit leisten und für die Parkraumbewirtschaftung werben. Gerade im Hinblick auf innerstädtische Verdichtung und Klimawandel sollte die Verfügbarkeit von öffentlichem Parkraum so gesteuert werden, dass Stellflächen prioritär AnwohnerInnen und den Kunden von ansässigen Gewerbebetrieben zu Gute kommen.
Sibylle Centgraf

FDP-Fraktion

Das Gerichtsurteil sagt ganz klar und unmissverständlich, dass das Bezirksamt gültige Stimmen für ungültig erklärt hat. Das war falsch, denn nur so konnte der zuständige CDU-Stadtrat erklären, dass der Bürgerentscheid zur Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung nicht zu Stande gekommen sei.
Der gemachte Fehler begünstigte das Vorhaben der rot-grünen Mehrheit im Bezirk, neue Einnahmen zu erzeugen und den Bürgern erneut in die Tasche zu greifen. Das Gericht hat diesen Fehler nun korrigiert und festgestellt, dass genügend Stimmen gesammelt wurden, die Bürger nun also entscheiden sollen.
Vom Bezirksamt erwartet die FDP-Fraktion nun, dass das Urteil anerkannt wird und man nicht versucht, in endlos langen Rechtsstreitigkeiten doch noch die eigene falsche Zählweise durchzusetzen. Steuergelder können besser ausgegeben werden als zur Befriedigung rot-grüner Eitelkeiten.
Die Liberalen fordern daher eine sofortige Erklärung des Rechtsmittelverzichtes durch das Bezirksamt und kein weiteres Taktieren und Abwarten. Zu den gemachten Fehlern sollte man jetzt auch stehen, ein guter Verlierer sein und den Bürgerentscheid unverzüglich auf den Weg bringen.
Wenn sich SPD und Grüne nicht vor dem Willen der Bürgerinnen und Bürger fürchten, besteht kein Grund, den Bürgerentscheid weiter zu verzögen. Die FDP wird dies mit Nachdruck fordern!
Florian P. Block

Fraktionslose Bezirksverordnete (Die Linkspartei.PDS)

Die Sache mit dem Volk
Da werden nun in einem aufwendigen Prozess regelmäßig Volksvertreter gewählt, die dann ihrerseits die Exekutivorgane zu bestimmen und zu überwachen haben. Und fraglos sind diese Volksvertreter dazu auch geeignet – oder werden es im Laufe ihrer Tätigkeit. Warum nur kommt dann das Volk auf die Idee, eine Entscheidung der von ihm gewählten Organe plötzlich nicht akzeptieren zu wollen, wie es aktuell in der Frage der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung geschehen zu sein scheint?
Stört das Volk? Ja, das Volk stört – und das ist gut so. Dieses Stören ist eine direkte Form der Kontrolle und Beteiligung. Es geht dabei nicht darum, dass die Verwaltung eine Entscheidung nicht ausreichend begründet oder neudeutsch “kommuniziert” hätte, es geht vielmehr um die Frage, ob vor der Entscheidung alle Argumente aus dem Volk ausreichend berücksichtigt wurden.
Nun ist es das Wesen des Bürgerbegehrens, der formalisierten Form des Störens, dass hier nicht das ganze Volk spricht, sondern nur ein kleiner, wenn auch ernstzunehmender Teil. Die Folge muss sein, dass nunmehr der Dialog aufgenommen wird, um zu einem abschließenden Entscheid zu kommen, den letztlich allerdings die Volksvertreter treffen und verantworten müssen – auch wenn’s Zeit kostet.
Hans-Ulrich Riedel