Thema des Monats Dezember 2007

Staatsoper im Schiller-Theater - eine kulturpolitische Chance für den Bezirk?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Schiller Theater

Schiller Theater

Von 2009 bis Mai 2010 soll das Schiller-Theater für die Staatsoper hergerichtet werden, die ab Juli 2010 rund vier Jahre lang grundsaniert wird. Von 2010 bis 2014 wird also die Staatsoper im Schiller-Theater an der Bismarckstraße spielen, nur wenige Meter entfernt von der Deutschen Oper.

SPD-Fraktion

Seit der umstrittenen Schließung des Schiller-Theaters steht seine kulturelle Nutzung auf tönernen Füßen. Nun kommt uns der Senat, der 1993 gegen zahlreiche Proteste das Haus geschlossen hat, mit seiner Entscheidung zu Hilfe: Dreieinhalb Jahre die Staatsoper Unter den Linden in Charlottenburg im Schiller-Theater! Das belebt auf unverhoffte Weise unsere Kulturlandschaft, denn wer hätte je zwei Opernhäuser in unserem Bezirk erwartet, wo doch bisher allein die Deutsche Oper immer wieder von Schließung bedroht schien.
Hoffen wir, dass durch die temporäre räumliche Nähe der beiden Konkurrenten endlich unsere Forderung erfüllt wird, dass beide Opernhäuser auch im Spielplan ihr eigenes Profil schärfen.
Für die langfristige Nutzung des Schiller-Theaters ist die Entwicklung allemal gut, denn durch die Umbauten wird es in Zukunft vielfältiger nutzbar sein. Insofern begrüßt die SPD-Fraktion diese weise Entscheidung des Senats.
Christiane Timper

CDU-Fraktion

Die Staatsoper kann am Interimsstandort Schiller-Theater den Spielbetrieb weiterführen. Charlottenburg-Wilmersdorf verfügt danach über eine sanierte Spielstätte, die weiter genutzt werden kann. Der Bezirk kann jetzt zum guten Gastgeber für die Staatsoper werden. Vielleicht werden besondere Anreize für Opernbesucher gefunden – billige Parkplätze abends rund um das Schillertheater, statt der Brötchen- eine Theatertaste am Parkautomaten.
Eine kulturpolitische Chance fällt dem Bezirk aber nicht in den Schoß. Die kann es nur durch Menschen im Bezirk selbst geben. Und hier geht es nicht um unvergessliche Opernabende, sondern um die kontinuierliche Arbeit zur kulturellen Bildung der Bürger. Die Diskussion um den bezirklichen Doppelhaushalt 2008/09 hat wieder gezeigt, wie begrenzt die Mittel für die Kulturarbeit sind. Die Vielfalt aller kulturellen Einrichtungen des Bezirks und den Schwung bei den Künstlern zu erhalten, ist eine Aufgabe, der sich die Verantwortlichen in unserem Bezirk weiter stellen müssen. Wenn dazu die Freude kommt, der Staatsoper helfen zu können, ist dies gut, aber es ist eben nicht alles.
Joachim Dannert

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Eine gute Nachricht: Die Staatsoper zu Gast im Bezirk! Ab 2010 wird für dreieinhalb Jahre große Musik im Schiller-Theater zu hören sein, nachdem dort für mehr als 20 Mio. EUR umgebaut und saniert worden ist. Über die geplante Zeit hinaus, wird das “neue” Schiller-Theater unseren Bezirk und die Stadt kulturell ergänzen.
Der Bezirk sollte bei den zuständigen Stellen jede Möglichkeit nutzen, um die Umbauten so zu beeinflussen, dass nach der Rückkehr der Staatsoper „unter die Linden“ das Schiller-Theater für vielfältige kulturelle Veranstaltungen aller Sparten nutzbar bleibt. Auch für Aufführungen, die die Zuschauerkapazität nicht voll nutzen können, sollten Miete und Betriebskosten bezahlbar bleiben. Daher sollte eine temporäre Verkleinerung des Zuschauerraums möglich sein.
Jürgen Hess

FDP-Fraktion

Der Bezirk erhält eine Riesenchance: Die Staatsoper wird während der Bauzeit Unter den Linden nur wenige Meter von der Deutschen Oper entfernt im Schiller-Theater spielen. Damit wird Charlottenburg Opernzentrum Berlins. Mit einem Schlag ist der Standort der Deutschen Oper nicht mehr gefährdet, und der Bezirk hat Zeit, für eine seriöse Anschlusslösung im Schiller-Theater zu sorgen. Doch die Bürgermeisterin will davon nichts wissen: Sie wolle sich bei den Entscheidern nicht anbiedern. Welch eine Fehlbesetzung an der Spitze des Bezirksamtes! Natürlich muss der Bezirk Lobbyarbeit für den Kulturstandort machen. Man kann nur hoffen, dass die jetzige Bürgermeisterin nicht länger für die Kultur im Bezirk zuständig bleibt, damit jemand anders hierfür werben kann.
Jürgen Dittberner

Die Linke

Die Staatsoper in Charlottenburg. Wer wollte was dagegen haben? Zumal das Gebäude des Schiller-Theaters viel zu wenig genutzt wird. Und die Schwierigkeiten, die so eine reine Sprechbühne für den Opernbetrieb hat (z.B. kein Orchesterraum), lassen sich sicherlich aus dem Weg räumen – mit ein wenig Geld.
Die Staatsoper würde dann in unmittelbarer Nachbarschaft zur Deutschen Oper gastieren – schon möglich, dass es hier Synergien geben wird oder sich die eine oder andere Innovation entwickelt, Konkurrenz belebt ja bekanntlich das Geschäft.
Aber “kulturpolitische Chance”? Da drängt sich dem Berliner in mir die Frage auf: “Haben sie’s nicht ein bisschen kleiner?” Ein länger andauerndes Gastspiel der Staatsoper wird den Kulturbetrieb unseres Bezirkes kaum beeinflussen – und der Kulturstandort Charlottenburg-Wilmersdorf ist nicht abhängig von der Oper.
Hans-Ulrich Riedel