Thema des Monats Januar 2008

Charlottenburg-Wilmersdorf - auch ein lebenswerter Bezirk für Seniorinnen und Senioren?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Kiezapaziergang am 8.12.2007, Foto: KHMM

Die “Wilmersdorfer Witwen” aus dem bekannten Grips-Theater-Musical “Linie 1” sind vielen ein Begriff. Aber auch jenseits des kabarettistischen Klischees ist richtig: In Charlottenburg-Wilmersdorf leben mehr ältere Menschen als in anderen Bezirken. 60.660 Personen sind 65 oder älter, das sind 19,3 Prozent der Bevölkerung gegenüber 17,2 Prozent in ganz Berlin. In der Bezirksverordnetenversammlung wird darüber diskutiert, wie der Bezirk damit umgehen soll.

SPD-Fraktion

In Charlottenburg-Wilmersdorf leben rund 60 000 Menschen der Altersgruppe 65 Jahre und älter. Was kann ihnen unser Bezirk bieten? Die Wohnsituation für Seniorinnen und Senioren stellt sich positiv dar. Es gibt 42 Seniorenwohnhäuser und ebenso viele stationäre Pflegeeinrichtungen in öffentlicher, gemeinnütziger und freier Trägerschaft. Daneben gibt es auf privater Ebene Initiativen zur Einrichtung alternativer Wohnformen für alte Menschen. Diese werden von der Fraktion der SPD in der BVV unterstützt. Das Erholungs- und Freizeitangebot lässt wenige Wünsche offen, 18 Parks mit fast 700 ha Fläche laden zu Spaziergängen ein, die Sportvereine und das Bezirksamt bieten auch für Ältere ein breites Angebot, um sich fit zu halten. In den vier Seniorenfreizeitstätten werden vielfältige Angebote gemacht, vom Computerkurs über Kultur bis zur Wandergruppe. Die Seniorenvertretung steht als Ansprechpartner für alle Belange unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Verfügung.
Annegret Hansen

CDU-Fraktion

Im Bezirk wohnen langjährig mit die meisten Seniorinnen und Senioren Berlins, und sie werden mit am ältesten. Die CDU setzt sich dafür ein, dass das so bleiben kann. Seniorengerechtes Wohnen wird immer wichtiger in eine älter werdenden Gesellschaft. Wohnangebot, Barrierefreiheit, generationsübergreifendes Miteinander, Mobilität, Sicherheitsbedürfnis wie Hilfs- und Freizeitangebote sind verbesserungswürdig. Es darf nicht nachgelassen werden, intelligente Lösungen zu finden – insbesondere mit verstärktem Zusammenführen aller, die zum besseren Miteinander wirken (können). Die vorhandenen Angebote müssen weiterentwickelt und noch einladender vermittelt werden. Gemeinsam ist allewege besser als einsam – und es hilft auch in finanzieller Hinsicht. Helfen auch Sie mit! Danke. So wird der Bezirk sogar liebenswert.
Ralph Schöne

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für eine seniorengerechte Infrastruktur einschließlich der entsprechenden Gestaltung des öffentlichen Nahverkehrs ein. Neben Seniorenresidenzen, Altenheimen und Seniorenclubs gehören auch Angebote zu alternativen Wohn- und Betreuungsformen im Bezirk dazu. Hier stehen außer der Versorgung die Selbstbestimmung und das individuelle Altern in Würde im Vordergrund. Neben Angeboten zu Wohngemeinschaften, die von Wohnungsgenossenschaften unterstützt werden, liegt uns die Förderung von selbst organisierten, altersgemischten Wohnprojekten am Herzen.
Weiter setzen wir uns für die barrierefreie Gestaltung unserer Straßen, Plätze und Grünanlagen ein. Bänke und Rückzugszonen sollen ausreichend vorhanden sein, um zum Aufenthalt im Freien einzuladen. Zur demokratischen Meinungsbildung wünschen wir uns die aktive Teilnahme der Älteren, zum Beispiel in der Seniorenvertretung und der BVV.
Sibylle Centgraf

FDP-Fraktion

Im Herzen der Stadt vereint unser Bezirk wie kein anderer ein kulturelles Angebot, was seinesgleichen sucht, und Erholung im Grünen. Gewachsene Strukturen und intelligente Stadtplanung sorgen für kurze Wege und fußläufige Nahversorgung. Wir setzen uns für ein selbstbestimmtes Leben durch Barrierefreiheit ein – ob mit oder ohne Auto. Unterschiedliche Lebensentwürfe werden hierbei berücksichtigt.
Darüber hinaus bündelt der Bezirk die Informationen über die unzähligen Angebote und Aktivitäten, die besonders für Senioren zugeschnitten sind.
Doch Politik setzt nur den Rahmen. Auf die Vereinzelung der Menschen – allein erziehende Elternteile und einsame Senioren – müssen erst Antworten gefunden werden. Und auch mit schmaler Rente muss gesellschaftliche Teilhabe gesichert bleiben. Hier bleibt Politik gefordert.
Marescha Rufert

Die Linke

Lebenswert für Senioren? Eine interessante Frage: Wann ist ein Bezirk lebenswert aus der Sicht von älteren Menschen? Heutzutage stellt man alles in Zahlen dar und glaubt, alles messen zu können. Gibt es genug Senioreneinrichtungen? Wie sieht es mit der ambulanten Pflege, der Barrierefreiheit aus?
Ich frage mich, ob dies auch die Fragen unserer älteren Mitbürger sind, und genau dies sollte einmal untersucht werden. Wichtig scheint zu sein, weiterhin am Leben teilzuhaben, sich einbringen zu können, noch etwas zu bewirken. Senioren müssen – so meine ich – aktiv bleiben können, wenn sie wollen, haben aber auch das Recht auf Muße und/oder Müßiggang. Sie sollen die Kinder aufwachsen sehen, sollen ihr Umfeld gestalten, sollen helfen dürfen.
Weiterhin mitten im Leben zu stehen, ohne Sorge um den Lebensunterhalt, bringt Zufriedenheit – und daran müssen wir uns orientieren. Vielleicht bringt die Ruhe der Feiertage uns die Zeit, darüber einmal nachzudenken.
Hans-Ulrich Riedel