Thema des Monats August 2008

Was tun, um die Kleingartenkolonie Oeynhausen zu erhalten?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Protest am Vereinshaus der Kleingartenkolonie Oeynhausen, 21.7.2008, Foto: KHMM

Protest am Vereinshaus der Kleingartenkolonie Oeynhausen, 21.7.2008, Foto: KHMM

302 von 437 Parzellen im nördlichen Bereich der Kleingartenkolonie Oeynhausen an der Forckenbeckstraße befinden sich auf einem Gelände, das als Bauland ausgewiesen ist, der Post gehörte und von dieser an die amerikanische Immobiliengesellschaft Lonestar Germany verkauft wurde. Die 92.785 Quadratmeter dürfen mit bis zu dreigeschossigen Wohnhäusern bebaut werden. Die restlichen 135 Parzellen im südlichen Bereich der Kolonie an der Friedrichshaller Straße befinden sich in Landesbesitz und sind im Kleingartenentwicklungsplan dauerhaft gesichert.

SPD-Fraktion

Der Verkauf eines großen Teils der Kleingartenkolonie Oeynhausen verursacht verständlicherweise große Sorgen bei den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern.
Die SPD-Fraktion will, dass die bei uns Bezirk liegenden grünen Oasen möglichst alle erhalten bleiben. Einfacher zu verwirklichen ist dieser Anspruch in den Fällen, in denen die Kolonien sich auf landeseigenem Grund und Boden befinden. Hier wollen wir, dass die Schutzfristen so verlängert werden, dass die Nutzerinnen und Nutzer eine klare Perspektive für ihre Kolonie haben.
Doch auch für den Teil der Kolonie Oeynhausen, der sich in Privatbesitz befindet, werden wir uns mit allen Kräften darum bemühen, eine kleingärtnerische Nutzung unter dem neuen Besitzer zu ermöglichen. Dies kann aber überhaupt nur gelingen, wenn der Bezirk und die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner an einem Strang ziehen und gemeinsam Lösungsvorschläge entwickeln.
Christel Dittner

CDU-Fraktion

Die CDU-Fraktion in der BVV Charlottenburg-Wilmersdorf kümmert sich seit Jahren um den Erhalt und die Absicherung von Kleingärten im Bezirk. Ein besonderes Anliegen ist es uns, die vorhandenen Kleingärten über Bebauungspläne langfristig für die Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks als Naherholungsgebiete und als “grüne Lungen” für den Emissionsausgleich zu erhalten.
Prioritäten haben wir dabei in Abstimmung mit den Bezirksverbänden der Kleingärtner auf die Flächen gelegt, die nicht dem Bezirk gehören, sondern Privateigentümern, zum Beispiel wie im Falle der Kolonie Oeynhausen der Deutschen Post AG.
Da der Ankauf des Geländes für den Bezirk aus finanziellen Gründen nicht zu realisieren ist, der Finanzsenator ebenfalls keine Hilfe in Aussicht stellt, muss es auch erlaubt sein, zum Erhalt der Kolonie alternative Vorstellungen zu entwickeln. Die CDU-Fraktion könnte sich ein Genossenschaftsmodell für den Erhalt der Kleingärten vorstellen. Dabei sollte das Gebiet als Nichtbaugebiet ausgewiesen werden. Auch sollte nach Vorstellung der CDU-Fraktion die Möglichkeit des Kaufs durch die Kleingartenpächter geprüft werden.
Carsten Engelmann

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Oeynhausen erhalten! So ist es schon im behördlichen Flächennutzungsplan (FNP) von 1984 vermerkt. Alle Fortschreibungen manifestieren diesen Anspruch. Zwar wurden die 437 Parzellen im Kleingartenplan als “noch ungesichert” dargestellt, die Interpretationen zur Schutzwirkung des FNP reichten aber bis zu “hoch gesichert”. Ob es Nachlässigkeit war oder politischer Unwille ist, der eine verbindliche Sicherung mittels Bebauungsplan (B-Plan IX – 205) bisher verhindert, bleibt offen. Die Angst vor klagenden Eigentümern und eine eventuell drohende Zahlungsverpflichtung bei Flächenübernahme haben den Verkauf an Investoren mit Bauwünschen für gehobene Wohnungen erst ermöglicht. Jetzt hilft nur entschlossenes Handeln zur Rettung und das Signal, die 9 ha als Grünfläche gegebenenfalls auch zu erwerben.
Sibylle Centgraf

FDP-Fraktion

Kleingartenkolonien in Berlin genießen Bestandsschutz, der befristet ist und nicht für die Ewigkeit gilt. Insbesondere Flächen, die Berlin gehören, müssen immer wieder daraufhin überprüft werden, ob bessere Verwendungen als Kleingärten in der sich entwickelnden Stadt möglich sind. Derzeit ist das nicht der Fall, und deswegen hat das Bezirksamt Verlängerung beantragt. Es ist aber die Auffassung der FDP, dass nach der Wiedervereinigung Kleingartenflächen innerhalb des S-Bahnringes langfristig der Planung zur Disposition stehen müssen. Innenstadt ist Innenstadt und Umland soll Umland bleiben! Dazu muss auch Berlin städteplanerisch etwas beitragen und nötigenfalls Opfer bringen. Aus diesem Grunde ist die befristete Verlängerung des Bestandsschutzes auf Antrag des Bezirksamtes der richtige Antrag. Der weitergehende Antrag der Grünen ist für das Schaufenster bestimmt und deswegen in der BVV gescheitert.
Jürgen Dittberner

Die Linke

Es geht nicht nur um eine Kolonie. Der immer wiederkehrende Streit um den Erhalt von Kleingartenkolonien wird nicht dadurch effizienter, dass er auf eine einzelne Kolonie heruntergebrochen wird – auch der Versuch des Erhalts in nur einem Teil unseres Bezirkes (in diesem Fall Wilmersdorf) kann im Ernstfall kontraproduktiv sein und gefährdet die Solidarität unter Gartenfreunden.
Was fehlt, ist so etwas wie ein “Masterplan”, der langfristig festschreibt, wo Kolonien erhalten bleiben und wo eventuell nicht. Denn die Diskussion muss nicht nur über den notwendigen Erhalt innerstädtischen Grüns geführt werden, sondern eben auch über Nutzungsanforderungen, die im Einzelfall vielleicht noch wichtiger sein könnten.
Doch diese Diskussion tut an der einen oder anderen Stelle weh, und ist nicht für Stimmenfang geeignet – darum traut sich keiner.
Schade – denn nur ein “Masterplan” würde langfristig Sicherheit für alle bringen.
Hans-Ulrich Riedel