Thema des Monats Dezember 2013

Keine Akzeptanz von Homophobie und Transphobie in Charlottenburg-Wilmersdorf

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Gedenkstele Magnus Hirschfeld, 7.5.2008, Foto: KHMM

Gedenkstele Magnus Hirschfeld, 7.5.2008, Foto: KHMM

Die vier Fraktionen haben in der letzten Sitzung der BVV gemeinsam einen Antrag eingebracht und beschlossen, homo- und transphobe Übergriffe zu verhindern und Akzeptanz-Arbeit zu stärken. Die BVV hat mit diesem Beschluss reagiert auf einen Angriff auf den Travestie-Star Gérôme Castell. Die 51-jährige “Königin Mutter der Berliner Drag Queens” wurde am 8. September in der Knesebeckstraße von drei Männern angegriffen und schwer verletzt. In dem Beschluss heißt es: “In Berlin muss ein Klima der Akzeptanz gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen geschaffen werden, damit Berlin seinem Image als bunte Stadt und als Ort queeren Lebens auch gerecht wird.”

CDU-Fraktion

Die Würde des Menschen ist unantastbar! Es ist für uns als Christdemokraten undenkbar, irgend jemanden ins Abseits zu stellen, etwa wegen seiner Hautfarbe, seiner Religion, seiner Herkunft, seiner geschlechtlichen Ausrichtung! Es ist nicht zu dulden, dass Vorurteile, Spott, Mobbing oder auch im schlimmsten Fall Gewalt gegenüber Schwulen und Lesben, aber auch Transsexuellen angewandt werden. Es gilt, den leisesten Anfängen von Diffamierungen sofort standfest und energisch entgegen zu treten. Wer in diesem Bereich Phobien schürt, macht sich schuldig an anderen Menschen, an der gesamten Gesellschaft, denn er schafft ein Feld des Hasses, der Überheblichkeit, der Verachtung.
Es gilt hier: Null Akzeptanz!
Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Politik und Gesellschaft, Diskriminierungen jeder Art entgegen zu treten und ein Klima der gegenseitigen Achtung voreinander zu schaffen und vorzuleben.
Susanne Klose

SPD-Fraktion

Voller Entsetzen nehmen wir zur Kenntnis, dass die Zahl der Übergriffe auf Schwule und Lesben sowie Transsexuelle ansteigt. Homophobe und rassistische Schmierereien an Gebäuden und auf öffentlichen Plätzen im Bezirk wie auch berlinweit nehmen zu.
Ein Bezirk, in dem die Schwulenberatung und der Lebensort Vielfalt beheimatet sind, darf solche Handlungen nicht tolerieren. Die SPD-Fraktion wird die Einrichtung von Beratungsstellen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen unterstützen und engen Kontakt zu den zuständigen Polizeidienststellen herstellen.
Wir werden uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass Charlottenburg-Wilmersdorf ein toleranter und offener Bezirk bleibt, in dem kein Mensch wegen seiner sexuellen Orientierung, seiner Religion oder seiner Hautfarbe verletzt, beleidigt oder gedemütigt wird.
Annegret Hansen

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Seit 2009 ist Charlottenburg-Wilmersdorf ein offizieller „Ort der Vielfalt“. Diese Vielfalt bereicherte das Leben in diesem Bezirk aber auch schon davor. Gerade in diesen Tagen mahnt uns das jedoch, Verantwortung zu übernehmen. Denn die „Zerstörte Vielfalt“ der Jahre 1933 bis 1945 hat nicht nur Menschenleben ausgelöscht, sondern war auch ein Verbrechen an der Kultur. Umso mehr erschrecken die gewalttätigen Übergriffe mit homo- und transphobem Hintergrund in ganz Berlin. Diesem gilt es entgegenzutreten: Einrichtungen, Projekten und Angebote in Aufklärung, Beratung und Opferhilfe sind daher auszubauen und nicht zu kürzen, wie dies auf Landesebene geplant wird. Aus diesem Grund hat die Grüne Fraktion einen entsprechenden Resolutionsentwurf in die Bezirksverordnetenversammlung eingebracht (www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/bvv-online/vo020.asp?VOLFDNR=5038&options=4) dem alle Fraktionen beigetreten sind – dafür danken wir.
Alexander Kaas Elias

Piraten-Fraktion

Die Piratenpartei vertritt eine Politik der freien Selbstbestimmung geschlechtlicher und sexueller Identität und Orientierung. Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Geschlechterrolle, der sexuellen Identität oder Orientierung betrachten Piraten als Unrecht.
Ebenso befürworten die Piraten eine Abschaffung des Zwangs zum geschlechtseindeutigen Vornamen. Auch die Erfassung des Merkmals “Geschlecht” durch staatliche Behörden lehnen Piraten ab.
Piraten gehen davon aus, dass es keine jeweils gültige Norm geschlechtlicher oder sexueller Identität bzw. Orientierung gibt. Eine verstärkte Aufklärung über das Thema an Schulen, besonders bezogen auf frühkindliche Entwicklungen, kann dazu beitragen, Homophobie zurückzudrängen.
Holger Pabst

Die Linke

Unser Bezirk hat eine lange, wenngleich im letzten Jahrhundert unterbrochene, Tradition von Toleranz und Akzeptanz unterschiedlicher Lebensweisen. Diese gilt es weiter zu bewahren. Denkmäler, Ausstellungen, Regenbogenfahnen in der CSD-Woche reichen jedoch nicht und auch nicht Beschlüsse von BVV oder Bezirksamt.
Es ist nötig, alle dafür zu gewinnen, am besten von Anfang an. Kitas, Schulen und Jugendclubs sind die richtigen Orte zu vermitteln, dass Herkunft, sexuelle Orientierung, Religion oder nicht, Aussehen, Geschlecht usw. zwar interessante Einzelmerkmale einer Person sein können, aber nichts weiter bedeuten. Alle Menschen sind gleich und gehören zu uns. Folglich sind Diskriminierung, Ausgrenzung oder gar Gewalt aufgrund von „Andersartigkeit“ absolut inakzeptabel – und eventuell eine Sache der Staatsanwaltschaft. Hier darf es keine Toleranz geben.
Übrigens: Phobien sind anerkannte Krankheiten – bei Homo-, Trans*- oder vergleichbaren „Phobien“ handelt es sich um Menschenverachtung.
Marlene Cieschinger