Verehrte Frau Vorsteherin,
sehr geehrte Bezirksverordnete,
liebe Gäste!
Als am 20. Februar hier im Rathaus Charlottenburg die letzte Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung stattgefunden hat, war der Corona-Virus bereits bekannt, aber von einer weltweiten Pandemie noch keine Rede. Auf welche Entwicklungen blicken wir seitdem zurück…
In Deutschland ist heute nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) die Zahl der Infizierten auf 148.046 gestiegen, wobei von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden muss. 5.094 Menschen sind verstorben.
Wir wissen, dass die Entwicklung dieser Zahlen in vielen Ländern leider deutlich schlechter verlaufen ist, insbesondere auch in Italien. Trento ist als Hauptstadt der norditalienischen Prvovinz Trentino – wie der Norden Italiens insgesamt – in besonderer Weise von dem Pandemieverlauf betroffen. Seit über 50 Jahren pflegen wir diese enge Städtepartnerschaft. Als Zeichen dieser Verbundenheit und Ausdrucks unserer Solidarität mit den Bürgerinnen und Bürgern Trentos, zugleich mit Blick auf unsere anderen internationalen wie auch nationalen Partnerschaften, trage ich heute meine Trento-Jacke. Wir sind im Kampf gegen dieses tödliche Virus auf der kommunalen Ebene miteinander vereint.
Ich zitiere aktuell Professor Christian Drosten, den Chefvirologen der Charité:
bq. Wir sind in Deutschland in einer ganz besonders guten Situation, weil wir so früh mit den Distanzierungsmaßnahmen angefangen haben. […] Deshalb haben wir diesen Monat Vorsprung und deshalb bedauere ich, dass wir in diesen Tagen dabei sind, vielleicht diesen Vorsprung komplett zu verspielen.”
Meine Damen und Herren,
konkret bedeutet dies, dass Menschenleben gerettet wurden! Uns allen muss bewusst sein, dass – so lange es keine wirksamen Medikamente oder Impfstoffe gibt – dauerhaft das Abstandsgebot und die Hygieneregeln weiterhin zwingend eingehalten werden müssen.
Nicht nur die Politik mit ihren Beschlüssen, sondern wir alle zusammen mit unserem Verhalten – also wir als Gesellschaft insgesamt – sind in der Verantwortung, angesichts dieses tödlichen Virus’ Balance zu halten und zu wahren.
Dies hat die heutige Sitzung des Rates der Bürgermeister (RdB) geprägt. Aufgrund der fortwährenden Herausforderungen für die Landes- wie die Bezirksebene haben der Regierende Bürgermeister Müller, Bürgermeisterin Pop und Bürgermeister Lederer sowie Senatorin Scheeres an dieser Sitzung im Roten Rathaus teilgenommen. Michael Müller hat klar benannt, dass wir uns in einem “Krisenjahr” befinden und deutlich gemacht, dass Veranstaltungen abzusagen seien. Deshalb hat er dies bereits für die geplanten Feierlichkeiten anlässlich 100 Jahre Groß-Berlin so entschieden. Damit Planungssicherheit für die Veranstalter*innen gegeben ist, hat er alle Anwesenden dringend aufgefordert, dies in aller Deutlichkeit zu vermitteln, da der Gesundheitsschutz vorgehen muss.
Zugleich bestand Einigkeit, dass schrittweise vorsichtige Öffnungen – wie zwischen der Bundesregierung und den Ländern vereinbart – vorzunehmen sind. Die Weichenstellungen sind Ihnen bekannt, so dass ich aus Zeitgründen sie nicht umfassend aufzähle. Mit Blick auf die besondere Herausforderung, in der sich alle Familien und vor allem Alleinerziehende nunmehr seit Wochen befinden, sei beispielhaft der Bereich Bildung – Schule und Kita – ausdrücklich benannt. In diesem Zusammenhang haben sich alle 12 Bezirke darauf verständigt, dass vom 30. April an die Spielplätze wieder geöffnet werden und dazu Eckpunkte benannt.
Mir ist persönlich wichtig, an dieser Stelle hervorzuheben: zu unseren Familien gehört selbstverständlich auch die ältere Generation – unsere Eltern, Großeltern, mitunter Uroma und Uropa. Ich teile uneingeschränkt die klare Botschaft von Familienministerin Giffey, dass sich jede Form der Stigmatisierung und Ausgrenzung unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger verbietet. Auch deren Würde ist grundgesetzlich verbrieft unantastbar – erst recht in Zeiten einer Pandemie wie jetzt!
Auf Anregung unserer Altenhilfekoordinatorin haben Sozialstadtrat Wagner und ich vor Ostern alle Bürgerinnen und Bürger unseres Bezirks persönlich angeschrieben, die 80 Jahre alt sind und älter. Wir haben sie ausdrücklich auf unsere extra eingerichtete Hotline und die vielfältigen Unterstützungsangebote aufmerksam gemacht. Wir haben eine enorm positive Resonanz zurückbekommen.
Nur ein Briefauszug sei erwähnt:
bq. Als alleinlebende Achtzigjährige mit einschlägiger Vorerkrankung bedeutet mir Ihr Schreiben große Beruhigung […]. Herzdanke dafür!
Die eben erwähnte Hotline ist eine der fünf von uns eingerichteten Hotlines, die für die erneut sehr enge, äußerst bewährte Zusammenarbeit zwischen unserer Bezirksverwaltung und dem wunderbaren zivilgesellschaftlichen Engagement bei uns in der City West steht.
Nicht nur hierfür ein riesengroßes Dankeschön seitens des gesamten Bezirksamtskollegiums und sicherlich auch seitens der gesamten BVV, sondern vor allem für all’ unsere Beschäftigten, die auf Grundlage unseres bezirklichen Pandemieplans in den entsprechenden Schlüsselpositionen – allen voran unser solidarisch über die Abteilungen hinweg personell deutlich verstärktes Gesundheitsamt sowie das Ordnungsamt – gewährleisten, dass das erforderliche Krisenmanagement für die uns anvertrauten über 340.000 Menschen, die in Charlottenburg-Wilmersdorf zuhause sind, zielgerichtet und erfolgreich verwirklicht werden kann.
Was dies bezogen auf die Arbeit des von mir bereits am 28. Februar eingesetzten “Arbeitsstabs Coronavirus” konkret bedeutet, wird Ihnen nun Herr Kollege Herz darstellen, der ihn aufgrund meiner vierwöchigen Vakanz (Urlaub und anschließendes Homeoffice aus Sicherheitsgründen) leitet. Ich verbinde dies abschließend mit einem ausdrücklichen Dank meinerseits an ihn und das gesamte Bezirksamtskollegium, das über Parteigrenzen hinweg das erforderliche intensive Krisenmanagement erfolgreich steuert.
Ich bitte Sie als BVV darum, uns sowie das Bezirksamt insgesamt dabei zu unterstützen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Reinhard Naumann
Bezirksbürgermeister