Sehr geehrter Herr Dang!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank für die Einladung zu dieser Dankeschön-Veranstaltung. Ich habe sie gerne angenommen und begrüße Sie herzlich in Charlottenburg-Wilmersdorf, einem Berliner Bezirk, der als westlicher City-Bezirk stolz ist auf seine Weltoffenheit und seine bunte Vielfalt.
Bei uns gibt es viele vietnamesische Einrichtungen – nicht nur Restaurants, Imbisse und Geschäfte, sondern auch viele andere Dienstleistungsbetriebe und Büros unter vietnamesischer Leitung. Und natürlich leben auch viele Vietnamesen in Charlottenburg-Wilmersdorf, und ich hoffe, dass sie sich wohlfühlen bei uns.
Mit Ihrer Dankeschön-Veranstaltung bringen Sie uns fast ein wenig in Verlegenheit. Denn Sie führen uns damit vor Augen, was wir selbst meist gar nicht erkennen: Dass nämlich die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen nicht nur eine humane Verpflichtung ist, die unser Land in seinem Grundgesetz garantiert, sondern dass es auch eine Leistung ist, auf die man ein wenig stolz sein könnte. Stattdessen werden bei uns die Themen Asylpolitik, Umgang mit Migranten und Integration in der Öffentlichkeit meist nur als Problemthemen diskutiert statt als Erfolgsgeschichten.
Da ist dann die Rede vom Missbrauch des Asylrechts und wie man ihn verhindern kann, und wir haben uns immer sehr schwer damit getan, uns als Einwanderungsland zu verstehen. Die großen Erfolge bei der Rettung von Flüchtlingen und die großen Leistungen der Menschen, die wir aufgenommen haben, kommen dabei meistens zu kurz.
Wenn wir uns die Situation in vielen unserer europäischen Nachbarländer ansehen, dann dürfen wir durchaus auch einmal feststellen, dass die Integration vieler Menschen aus anderen Kulturkreisen bei uns häufig besser gelingt als anderswo. Darüber dürfen und sollten wir uns auch einmal gemeinsam freuen.
Natürlich ist auch die Rettung der Boat People aus Vietnam nicht konfliktfrei gewesen. Rupert Neudeck und seine Hilfsorganisation Cap Anamur mussten nicht nur auf hoher See viele riskante Situationen meistern, sondern auch mit deutschen Behörden manchen Kampf bestehen. Es wurde befürchtet, dass die Hilfsaktionen noch mehr Menschen in Vietnam zur Flucht ermutigen und damit das Flüchtlingselend insgesamt verschlimmern würden. Im Juli 1982 gab es einen Aufnahmestopp und die Helfer mussten vorübergehend ihre Arbeit einstellen.
Aber insgesamt hatten sie einen großen Rückhalt in der Bevölkerung, sie wurden von vielen Organisationen und von vielen Menschen unterstützt. Ihre Spendenaktionen sind auf viel Sympathie gestoßen und waren äußerst erfolgreich.
Mit Ihrer heutigen Veranstaltung bringen Sie zum Ausdruck, dass Sie diese Hilfsaktionen nicht als Selbstverständlichkeit empfinden, sondern durchaus als außergewöhnliche Leistung. Ich freue mich sehr über das ehrlich gemeinte Dankeschön und nehme es gerne an und möchte es auch gerne zurückgeben. Ich bedanke mich bei Ihnen für Ihren Beitrag zur Vielfalt in unserem Bezirk, in unserer Stadt Berlin und in unserem Land. Wir können hier nicht nur hervorragend vietnamesisch essen, sondern wir können von Ihnen viel lernen – und wir haben sogar einen Wirtschaftsminister, der aus Vietnam stammt und der – wie ich gehört habe – sogar zaubern kann.
Viele Vietnamesen haben diese Universität besucht und hier erfolgreich studiert. Ob sie dann ihr erworbenes Wissen hier in Deutschland oder in ihrem Heimatland anwenden, das ist in jedem Fall ein Gewinn.
Ich plädiere dafür, dass wir uns in Zukunft nicht so sehr darum bekümmern, welche Probleme durch den Zuzug von Menschen aus anderen Kulturen nach Deutschland entstehen, sondern wie wir gegenseitig davon profitieren und gemeinsam etwas daraus machen.
Ihre heutige Veranstaltung könnte einen Anstoß dazu geben. In diesem Sinne bedanke ich mich bei den Initiatoren und Veranstaltern für ihre Idee und für die Organisation, und wünsche Ihnen für den heutigen Abend viel Erfolg und für Ihre Zukunft in Deutschland alles Gute.