Sehr geehrte Frau Kowollik!
Sehr geehrte Schülerinnen und Schüler!
Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlichen Glückwunsch zum 100. Geburtstag Ihrer Schule! In einer Wohnung in der Livländischen Straße 2 in Wilmersdorf wurde zu Ostern 1911 die vierte Höhere Mädchenschule als Lyzeum 4 mit 29 Schülerinnen in zwei Klassen eröffnet. Heute träumen Sie wahrscheinlich manchmal von einer Klassenfrequenz von 14,5.
Aber damals war Wilmersdorf noch nicht Teil von Berlin, sondern eine selbständige Großstadt mit rund 120.000 Einwohnern. Und damals taten die Wilmersdorfer Stadtväter alles, um steuerkräftige Berliner Familien anzulocken. Sie befanden sich dabei in Konkurrenz vor allem mit den beiden anderen westlichen Vororten Charlottenburg und Schöneberg, und die Schulpolitik war in diesem Konkurrenzkampf ein wichtiger Trumpf.
Das wird uns bis heute in Gestalt vieler prächtiger Schulbauten aus dieser Zeit vor Augen geführt. Allerdings sind diese Schulhäuser für unsere Bauabteilung heute manchmal auch eine Last, denn sie sind in der Unterhaltung sehr viel teurer als die einfacheren Zweckbauten aus der Nachkriegszeit. Trotzdem hat auch für das Bezirksamt heute die Bildung eine hohe Priorität, und wir geben uns große Mühe, die Schulen im Bezirk in Ordnung zu halten.
Das kann am Ende aber immer nur dann gelingen, wenn die Schulen und die Verantwortlichen im Bezirksamt gut zusammenarbeiten. Ich habe den Eindruck, dass dies in der Marie-Curie-Oberschule gut funktioniert und dass man hier auch weiß, wie mit wenig Geld viel erreicht werden kann.
Aber in der Kaiserzeit vor dem Ersten Weltkrieg spielte Geld in den reichen Vorstädten Berlins kaum eine Rolle, und man wollte mit den reich geschmückten Schulgebäuden auch zeigen, wie wichtig man die Bildung der Kinder und Jugendlichen nahm.
Es war eine Investition in die Zukunft, und wir sollten uns heute ein Beispiel daran nehmen. Damals wurde nicht nur von der Bedeutung der Bildung geredet, sondern man nahm auch Geld in die Hand und investierte.
Aber wie gesagt: Man tat das nicht ganz uneigennützig, sondern man hatte durchaus die Interessen der eigenen Kommune dabei im Blick.
In einem Verwaltungsbericht der Großstadt Wilmersdorf von 1913 heißt es: “Hierbei aber ging die Gemeindeverwaltung von der durch die Tatsachen später als richtig erwiesenen Ansicht aus, dass nach dem an sich keineswegs begüterten Wilmersdorf steuerkräftige Elemente nur dann in größerer Zahl zuziehen würden, wenn in ihm auch den Bedürfnissen eines solchen Zuzugs nach möglichst günstiger Gelegenheit zu Erziehung und Unterricht der Jugend gebührend Rechnung getragen sei.”
Die zuziehenden Familien wollten nicht nur ihre Söhne auf ein Gymnasium schicken, sondern sie legten offensichtlich auch großen Wert auf die Bildung ihrer Töchter.
Deshalb erhielt nach dem Viktoria-Luisen-Lyzeum, der Cecilienschule und dem Hohenzollernlyzeum auch das vierte Lyzeum ein schönes, großes Schulgebäude. Schon 1911 wurde das Grundstück gekauft, 1913 der Grundstein gelegt, und Anfang 1915 begann der Schulbetrieb im neuen Haus. Das war gerade noch rechtzeitig, denn im Ersten Weltkrieg wäre die Schule in dieser Form nicht mehr gebaut worden, und nachdem Wilmersdorf 1920 als 9. Bezirk nach Groß-Berlin eingemeindet worden war, konnte es sich solch aufwändige Gebäude nicht mehr leisten.
Die Schule wurde 1937 nach Bettina von Arnim benannt und schließlich 1946 nach der berühmten Physikerin und Nobelpreisträgerin Marie Curie.
Dieser Name erinnert an die Zeit als Mädchengymnasium, und er steht für einen hohen pädagogischen und wissenschaftlichen Anspruch.
Heute ist die Marie-Curie-Oberschule ein modernes, beliebtes und erfolgreiches Gymnasium in Charlottenburg-Wilmersdorf, in dem den Schülerinnen und Schülern nicht nur das nötige Wissen für ihr künftiges Leben beigebracht wird, sondern in dem vor allem auf die Förderung eigenverantwortlichen Arbeitens wert gelegt wird. Die Marie-Curie-Oberschule bereichert das große, vielfältige Schul- und Bildungsangebot des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf, der damit auch für viele Eltern, Schülerinnen und Schüler außerhalb des Bezirks attraktiv ist – ganz im Sinne der Wilmersdorfer Stadtväter vor 100 Jahren.
Ich freue mich sehr darüber, dass die Schule ihren 100. Geburtstag auch zum Anlass genommen hat, sich mit ihrer Geschichte auseinander zu setzen, und ich danke allen Beteiligten für ihren Einsatz.
Ich wünsche Ihnen allen und Ihrer Schule alles Gute zu diesem Jubiläum und auch für die Zukunft viel Erfolg.