Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zum Ansegeln und 100jährigen Jubiläum der Segler-Vereins Stößensee e.V. am 18.4.2009 beim SVST

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Zum Ansegeln und 100jährigen Jubiläum der Segler-Vereins Stößensee e.V. am 18.4.2009

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zum Ansegeln und 100jährigen Jubiläum der Segler-Vereins Stößensee e.V. am 18.4.2009, 11.30 Uhr beim SVST, Havelchassee 129

Sehr geehrter Herr Danker!
Sehr geehrter Herr Kollege Birkholz!
Sehr geehrter Herr Kollege Naumann!
Sehr geehrter Herr Bähr!
Sehr geehrter Herr Hanisch!

Vielen Dank für die Einladung zu diesem feierlichen Ansegeln und zum 100jährigen Jubiläum des Segler-Vereins Stößensee. Charlottenburg teilt sich ja den Stößensee mit Spandau.
Die Bezirksgrenze verläuft mitten durch den See und durch die Havel. Bisher gab es keine Grenzstreitigkeiten, und das wird wohl auch so bleiben, denn wir teilen uns das Wasser gerne. Allerdings wirbt der Segler-Verein Stößensee völlig zu Recht damit, dass er auf der Sonnenseite der Havel beheimatet ist, und das ist natürlich in Charlottenburg.
Aber das trifft ja auf das Segeln insgesamt zu: Es gehört zur Sonnenseite des Lebens. Es ist friedlich, naturverbunden, ohne störende Motorengeräusche, umweltfreundlich und nachhaltig: Regenerative Energie wird auf eine intelligente und geschickte Art und Weise zur Fortbewegung genutzt. Hinzu kommt beim Segeln das Gefühl von Freiheit und Abenteuer und der dauernde Aufenthalt an der frischen Luft. Kurzum: Es wird höchste Zeit, die Boote ins Wasser zu lassen, nachdem sie im Winter schick gemacht wurden für die neue Saison.
Die Segel- und Ruderclubs haben in Berlin eine lange Tradition und waren keineswegs den Reichen vorbehalten. Im Gegenteil: Sie wurden teilweise von Großbetrieben und karitativen Organisationen gegründet und ermöglichten gerade auch Arbeitern die Teilnahme am Wassersport. Auch die Geschichte des Segler-Vereins Stößensee führt zurück in die Arbeiterbewegung, allerdings in diesem Fall nicht zu den großen Organisationen der Arbeiterbewegung, sondern eher in die individualistische, vielleicht sogar etwas anarchistische Richtung.
Einige “wilde Segler”, die in die traditionellen Segelvereine des Deutschen Segelverbandes nicht eintreten durften oder wollten, gründeten am 16. Dezember 1909 den Segler-Verein “Rotes Viereck”, der wenig später in “Segler-Verein Stößensee” umbenannt wurde. Es war eine optimistische Zeit in Deutschland und insbesondere in Berlin, eine Zeit der Neueröffnungen und der Rekorde.
1913 wurde ganz in der Nähe das Deutsche Stadion als damals größtes Sportstadion der Welt eröffnet, aber die olympischen Spiele, die 1916 in Berlin stattfinden sollten, wurden wegen des Ersten Weltkriegs abgesagt, und aus dem Deutschen Stadion wurde das Olympiastadion für die olympischen Spiele 1936.
Bei den nationalsozialistischen Machthabern galt der Segler-Verein Stößensee als links und wurde 1934 aufgelöst. Aber bereits 1948 ließ die britische Militärregierung ihn als einen der ersten Seglervereine nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zu. Und so konnte sich der Verein in den letzten 60 Jahren weiter entwickeln und nicht nur sportliche Erfolge erringen, sondern auch sein Vereinsgelände ausbauen und erweitern und schließlich 2003 als Eigentum erwerben.
Wenn ich heute auf Ihrer Website die Vorbemerkung zu Ihrer Satzung lese, dann schimmert durchaus noch etwas von der anarchistischen Vergangenheit durch:
Unter der Überschrift Satzung schreiben Sie: “Allein der Begriff jagt Schrecken ein. Da riecht es nach verstaubten Akten, unverständlichen Paragraphen und griesgrämigen Advokaten, die ohnehin nur das Schlechte wollen. Angewandt auf den Verein hat die Satzung nur den einen Sinn, das einfache Mitglied zu drangsalieren und im Sinne der Obrigkeit (also Vorstand) gefügig zu machen.” Und jetzt kommt der entscheidende Kommentar, der da lautet: “Nicht bei uns. Wir Stössenseeer sind stolz auf unsere Satzung, wir haben sie nämlich selbst gemacht.”
Sie können zu Recht stolz sein – nicht nur auf Ihre Satzung, sondern auch auf Ihre 100jährige Erfolgsgeschichte, und ich wünsche Ihnen auch für die Zukunft viel Erfolg und immer genügend Wasser unterm Kiel.