in der Marienburg-Schule, Kranzer Str. 3
Sehr geehrte Frau Schult!
Sehr geehrte Schülerinnen und Schüler!
Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlichen Dank für die Einladung zu dieser 50-Jahr-Feier. Von 1910 bis 1912 wurde dieses Schulgebäude gebaut, und zwar für das damalige Realgymnasium Schmargendorf, das 1908 gegründet wurde und 1920 den Namen Heinrich-von-Kleist-Realgymnasium erhielt. Wenn Sie sich also als Nachfolgeschule dieses Realgymnasiums verstehen, dann können Sie in diesem Jahr ein 100jähriges Jubiläum feiern.
Aber heute soll es um den jetzigen Namen gehen. Am 11. Juni 1958 erhielt die Schule den Namen, den sie bis heute trägt. Woran erinnert die Marienburg? Vermutlich haben Sie sich anlässlich des Jubiläums mit Ihrem Namen auseinandergesetzt, und ich brache Ihnen keinen Geschichtsunterricht zu erteilen. Das können die Fachleute dieser Schule sicher auch viel besser als ich.
Trotzdem möchte ich ein wenig an die Zeit vor 50 Jahren erinnern – und an die Gründe, die vielleicht dazu geführt haben, dass die Schule gerade diesen Namen erhalten hat.
Die 50er Jahre waren eine Zeit des Aufbaus und der Wiedereröffnung. Nachdem die Trümmer des Zweiten Weltkrieges weitgehend beseitigt waren, ging es an die Beseitigung der Kriegsschäden und an den Bau neuer Häuser. Auch dieses Schulgebäude war im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt worden.
Nach der Beseitigung der ärgsten Kriegsschäden zog zunächst die 8. Grundschule in das Haus ein, die sich dann ab 1953 die Räume mit der 3. Oberschule Technischer Zweig teilen musste. Seit 1957 nutzte diese dann das Gebäude alleine.
1957 wurde auch der Zoo-Palast eröffnet, 1958 das Café Kranzler, um nur zwei besonders populäre Einrichtungen zu nennen, die schnell zu Symbolen wurden für West-Berlin, das sich zum Schaufenster des Westens entwickelte. Es gab zwar eine Grenze zwischen Ost- und West-Berlin, aber die Mauer war noch nicht gebaut, so dass es noch einen regen Austausch gab, und viele Menschen kamen aus dem Osten, weil sie sich hier bessere Chancen für ihre Zukunft erhofften.
Auch aus den ehemals deutschen Ostgebieten, die jetzt zu Polen gehören, kamen viele Menschen nach West-Berlin. Um sie besser in die Gesellschaft integrieren zu können, übernahmen die West-Berliner Bezirke Patenschaften für die verschiedenen Landsmannschaften.
Der damalige Bezirk Wilmersdorf übernahm die Patenschaft für die Landsmannschaft Westpreußen, und vermutlich steht die Namensgebung für diese Schule im Zusammenhang mit dieser Patenschaft. Denn die Marienburg ist eine Hochburg des Deutschen Ritterordens im ehemaligen Westpreußen unweit von Danzig. Heute liegt sie in Polen im Ort Malbork und ist der größte Backsteinbau Europas. Auch die Marienburg wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Sie wurde vom polnischen Staat wiederaufgebaut, ist heute eine der größten Touristenattraktionen in Polen und zählt zum Weltkulturerbe der UNESCO.
So weit hat es die Marienburg-Realschule noch nicht gebracht. Aber sie ist eine erfolgreiche Schule, an der – inzwischen auch im Ganztagsbetrieb – wertvolle pädagogische Arbeit geleistet wird. Stolz kann die Schule auf den hohen Prozentsatz der erfolgreichen Abschlüsse ihrer Schülerinnen und Schüler verweisen.
Die Namensgebung vor 50 Jahren hatte viel zu tun mit der Integration zugewanderter Menschen in unserem Bezirk, denen hier eine neue Zukunft eröffnet wurde. Womit kann man besser Chancen für die Zukunft von Menschen eröffnen als mit einer erfolgreichen Schulbildung? In diesem Sinne wünsche ich der Marienburg-Realschule weiterhin viel Erfolg für ihre Schülerinnen und Schüler – und vielleicht reisen ja einige von Ihnen auch einmal nach Polen und schauen sich dort die Marienburg an, die sogar noch ein wenig prächtiger ist als diese Schule.