Galavorstellung am 21.10.2006, 19.00 Uhr im Festsaal im Rathaus Charlottenburg
Sehr geehrter Herr Roschak!
Sehr geehrte Damen und Herren!
35 Jahre Kabarett im Rathaus – wie kann das gut gehen? Manche halten ja das, was tagtäglich in den Rathäusern geschieht, sowie so schon für Kabarett – nicht erst seit 35 Jahren. Aber richtiges, künstlerisch ambitioniertes Kabarett – wie passt das in ein Rathaus?
Nun muss man ja präziserweise sagen: Die eigentliche Heimat des Klimperkastens ist der Ratskeller im Rathaus Charlottenburg. Womit nun nicht gesagt sein soll, dass die Kabarettisten bei uns Kellerkinder sind.
Aber zumindest haben wir auf diese Weise während der letzten 35 Jahre doch eine gewisse Trennung zwischen kabarettistischer Bezirkspolitik im Rathaus und künstlerischem Kabarett im Ratskeller durchhalten können.
Nun hat sich der Klimperkasten – soweit ich weiß – auch nur sehr selten in die Niederungen der Bezirkspolitik herabgelassen. Für kabarettistische Kommentare ist das wohl doch nicht interessant genug, was im Rathaus geschieht, wenn sich die Kommunalpolitiker abrackern und immer wieder verzweifelt versuchen, vom Berliner Senat nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Dagegen – das kann ich Ihnen glaubhaft versichern – wäre es eine wahre Wohltat, endlich einmal vom Kabarett durch den Kakao gezogen zu werden. Denn was gibt es für einen Politiker schöneres, als sich selbst im Spiegel der Karikatur zu sehen und darüber dann herzhaft zu lachen?
Wenn ich also zu diesem 35jährigen Jubiläum einen Wunsch frei habe, dann möchte ich mir wünschen, dass der Klimperkasten einmal die Bezirkspolitik auf’s Korn nimmt und uns durch den Kakao zieht. Damit wir alle uns endlich so bedeutend fühlen dürfen wie die wenigen prominenten Bundespolitiker, die permanent Gegenstand des politischen Kabaretts sind.
Ein kleiner Hintergedanke – ich muss es gestehen – ist bei diesem Wunsch natürlich dabei. Denn wie Sie vielleicht wissen, sind meine Tage als Bezirksbürgermeisterin wahrscheinlich gezählt. Wenn alles so funktioniert wie die Grünen und die Schwarzen sich das vorstellen, dann wird wohl am nächsten Donnerstag mein Nachfolger gewählt: Vor der Wahl rot-grün, nach der Wahl schwarz-grün, das ist doch politisches Kabarett in Reinkultur.
Aber zurück zum Klimperkasten. Der Klimperkasten passt ins Rathaus Charlottenburg: Denn dieses Rathaus ist zweifellos ein alter Kasten, der dringend renovierungsbedürftig ist. Und auch wenn das Geld bei uns leider nicht im Kasten klimpert, so erinnert uns der Begriff Klimperkasten doch wenigstens ständig daran, dass wir dringend welches brauchen, damit wir wieder klimpern können.
Wie Sie sehen, habe ich beim “klimpern” zuerst an’s Geld gedacht und nicht an die Musik. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich nicht nur Bezirksbürgermeisterin, sondern auch für die Finanzen zuständig bin. Nun ist “Klimperkasten” ja zunächst einmal die etwas abschätzige Bezeichnung für ein Klavier, das im Zweifelsfall etwas verstimmt ist, und “klimpern” bedeutet Klavier oder manchmal auch Gitarre spielen – allerdings nicht unbedingt mit den schönsten Tönen. Und auch hier erkennen wir eine Gemeinsamkeit von Politik und Kabarett: Auf beiden Feldern geht es nicht unbedingt um Schönheit und Harmonie, eher um Realismus und Streit bis in die Niederungen des Lebens.
Verstimmungen sind jederzeit möglich, manchmal sogar erwünscht. Aber der entscheidende Unterschied: Das Kabarett hat Humor. Es nimmt den Streit nicht sonderlich ernst. Wenn es zu Tränen führt, dann zu Lachtränen. Manchmal täte es der Politik ganz gut, in dieser Beziehung vom Kabarett zu lernen und sich nicht immer so schrecklich ernst zu nehmen.
Der amerikanische Journalist Mencken hat vor 60 Jahren den Politiker als einen Staatsbürger definiert, “der einflussreich genug ist, um seiner alten Mutter Arbeit als Putzfrau im Rathaus zu verschaffen.” Das trifft heute kaum noch zu. Denn es gibt keine Putzfrauen mehr im Rathaus. Abgesehen davon, dass der Begriff “Putzfrau” wegen Diskriminierung durch den Begriff “Reinigungskraft” ersetzt wurde, ist das Putzen längst privatisiert. Und die Arbeit in einer Reinigungsfirma, die den Auftrag erhalten hat, das Rathaus regelmäßig zu säubern, ist kaum so attraktiv, dass ein Politiker seiner Mutter einen solchen Job zumuten würde. Wir müssen also umdenken.
Aber dieses Umdenken will ich den Kabarettisten überlassen. Sollen sie doch definieren, was heute einen Politiker ausmacht. Ich fürchte, das Ergebnis wird nicht sehr schmeichelhaft ausfallen.
Der große Erfinder Thomas Edison, dem wir unter anderem die Glühlampe verdanken, hat einmal gesagt: “Erfolg ist ein Gesetz der Serie, und Misserfolge sind Zwischenergebnisse. Wer weitermacht, kann gar nicht verhindern, dass er irgendwann Erfolg hat.”
Machen Sie also weiter! Ich wünsche Ihnen auch in den nächsten 35 Jahren ein großes treues Publikum und viel Erfolg mit dem Kabarett Klimperkasten im Rathaus Charlottenburg.