am Dienstag, 5.4.2005, 19.00 Uhr im Schloss Charlottenburg
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem Festakt zum Jubiläum “300 Jahre Charlottenburg” hier im Schloss Charlottenburg, also an dem Ort, an dem Charlottenburgs Ursprung liegt. Kein Ort könnte besser geeignet sein für dieses Geburtstagsfest.
Lassen Sie mich dies gleich mit einer Klarstellung unterstreichen: Ich freue mich, dass in diesen Tagen nahezu alle Berliner Zeitungen, Radio- und Fernsehsender unser Jubiläum mit historischen Rückblicken würdigen.
Aber viele beginnen doch mit einem kleinen Fehler: Das Dörfchen Lietzow ist zwar älter als Charlottenburg, aber es ist nicht der Ursprung Charlottenburgs. Nicht Lietzow erhielt Stadtrechte, sondern die kleine Siedlung direkt gegenüber dem Schloss, und Lietzow wurde später nach Charlottenburg eingemeindet. Hier also, im Schloss, begann die Geschichte Charlottenburgs.
Und hier im Schloss, das derzeit auch als Sitz des Bundespräsidenten fungiert, heiße ich Sie als Gäste dieses Festaktes noch einmal herzlich willkommen. Am liebsten würde ich Sie alle einzeln namentlich begrüßen, aber ich bitte Sie, es mir nachzusehen, wenn ich darauf verzichte. Ich freue mich, dass Sie so zahlreich unserer Einladung gefolgt sind, dass uns so viele Gäste aus unseren Partnerstädten und Partnerlandkreisen besuchen, dass so viele Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Kirche, Wissenschaft und Sport heute anwesend sind.
Genau heute vor 300 Jahren also hat König Friedrich I Charlottenburg gegründet. Mit dem Namen von Stadt und Schloss wollte er seine am 1. Februar 1705 im Alter von nur 36 Jahren verstorbene Frau Sophie Charlotte ehren.
Der Brief, in dem er die Ausfertigung einer Urkunde befahl, gilt als Gründungsdokument, denn eine Urkunde wurde nicht ausgefertigt, weil die preußischen Beamten die Entscheidung ihres königlichen Chefs für eine sentimentale Verirrung hielten. Sie kritisierten, eine weitere Stadt zwischen Spandau und Berlin sei nicht lebensfähig.
Nun liegen ja auch Beamte nicht immer falsch, und diese sollten fast 150 Jahre lang recht behalten, denn Charlottenburg konnte sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nur mühsam als Ackerbürgerstadt behaupten.
Dann aber und vor allem seit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 entwickelte sich der Ort geradezu explosionsartig zur Großstadt, und der Magistrat betrieb gemeinsam mit der Bürgerschaft eine vorbildliche Sozial- und Kulturpolitik, schuf eine große Vielfalt an Schulen, das Theater des Westens, Schiller Theater, die Deutsche Oper und schließlich zum 200. Geburtstag 1905 das Rathaus Charlottenburg.
Bis heute zehren wir von den Leistungen der selbständigen Stadt Charlottenburg. Trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und des manchmal ebenfalls zerstörerischen Wiederaufbaus danach stammen die Grundstrukturen, das Straßennetz, die öffentlichen Plätze, die Kanalisation, S- und U-Bahn und vieles mehr überwiegend aus der Zeit vor der Eingemeindung 1920. Bis heute also kann und will Charlottenburg aus dieser eigenen Tradition heraus einen eigenständigen Beitrag zur Attraktivität Berlins leisten.
Das wollen wir in diesem Jubiläumsjahr herausstellen. Wir haben dafür kein öffentliches Geld zur Verfügung, denn wir könnten niemandem erklären, dass wir Geld ausgeben für ein Fest, wenn wir Straßen und Gehwege nicht mehr reparieren, Kitas und Schulen nicht mehr renovieren können.
Um so dankbarer bin ich allen, die unseren Aufrufen gefolgt sind, die mitmachen und die dafür gesorgt haben, dass wir ein ansehnliches Jubiläumsprogramm präsentieren und durchführen können.
An erster Stelle danke ich Herrn Prof. Dorgerloh und seiner Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Die Stiftung war von Anfang an bei den Vorbereitungen dabei und hat ihre eigenen Aktivitäten in diesem Jahr ganz in den Dienst des Charlottenburger Jubiläums gestellt.
Sie bietet uns mit dem Schlossgartenfest am ersten Juliwochenende zweifellos einen der ganz großen Höhepunkte dieses Jahres und hat nicht zuletzt auch diesen Festakt hier im Schloss möglich gemacht.
Sehr geehrter Herr Prof. Dorgerloh, Sie und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben nie einen Zweifel an der engen Zusammenarbeit für dieses Jubiläumsjahr aufkommen lassen, obwohl wir zeitweise öffentlich Differenzen ausgetragen haben in der Frage, ob für den Besuch des Schlossgartens Eintrittsgeld genommen werden könnte.
Diese Verlässlichkeit und äußerst gute Kooperation ist keineswegs selbstverständlich. Dafür danke ich Ihnen und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich.
Wir werden im Laufe dieses Jahres noch viele Veranstaltungen erleben, die ohne das große Engagement vieler Firmen, Vereine, Kulturinstitutionen, der Universitäten und vieler Einzelpersonen nicht zustande gekommen wären. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Heute Abend haben wir das Glück, dass ein renommiertes Orchester aus Bad Arolsen in unserem Partnerlandkreis Waldeck-Frankenberg für uns musiziert. Sie haben bereits vorgestern das Publikum in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche begeistert. Herzlichen Dank den Musikerinnen und Musikern des Orchesters des Christian-Rauch-Gymnasiums unter ihrem Leiter Rainer W. Böttcher.
Auch das Büffet heute Abend wird nicht aus Steuergeldern bezahlt, sondern es wurde uns vom KWA-Stift im Hohenzollenpark gestiftet.
Außerdem haben uns für den heutigen Abend die WKH Bühnen- und Congress-Service GmbH, das Hotel Kurfürstendamm am Adenauerplatz und das Swissotel Berlin unterstützt. Ihnen allen möchte ich dafür herzlich danken.
Stellvertretend für alle Partnerstädte und Partnerlandkreise möchte ich Marianne Dänekas begrüßen. Sie ist Bürgermeisterin unserer Partnerstadt Bad Iburg, in der Sophie Charlotte geboren wurde. Liebe Marianne Dänekas, ich danke Ihnen für Ihr Kommen und freue mich auf Ihre Grüße aus der Heimat unserer Namenspatronin.
Bevor ich nun einen Neubürger herzlich begrüße, der heute Abend eine wichtige Rolle spielt, muss ich Sie noch über einen wichtigen Beschluss informieren, den wir heute Vormittag in dem erweiterten Bezirksamt gemeinsam mit den ehemaligen Bezirksbürgermeistern und Stadträten gefasst haben.
Ich habe mir bereits am 1. April erlaubt, in der Berliner Abendschau diesen Beschluss zu verkünden, nämlich die Herauslösung Charlottenburg-Wilmersdorfs aus Berlin.
Um so mehr freue ich mich, dass der Regierende Bürgermeister von Berlin vor einigen Wochen zu uns gezogen ist. Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, lieber Klaus Wowereit, herzlich willkommen in Charlottenburg-Wilmersdorf und herzlich willkommen im Schloss Charlottenburg. Ich freue mich sehr und danke Dir, dass Du es Dir nicht hast nehmen lassen, heute Abend persönlich die Festrede zu halten.
Wir sitzen ja oft an zwei verschiedenen Enden des Tisches. Die Bezirke haben es nicht leicht mit dem Senat – und Du wirst wohl sagen: auch umgekehrt. In den letzten Jahren haben wir intensiv um das Maß an Selbständigkeit und Eigenverantwortung für die Bezirke gerungen.
In diesen Zeiten der finanziellen Dauerkrise werden häufig Zentralisierungsmaßnahmen mit Einspareffekten begründet. Aber wenn man genauer hinsieht, wäre mehr dezentrale Verantwortung oft effektiver und sparsamer.
Deshalb: Wie jeder Scherz hatte auch unser Beschluss, der sich auf den 1. April bezieht, einen ernsten Kern: Ich bin davon überzeugt, dass mehr Eigenständigkeit der Bezirke in Berlin unserer Stadt insgesamt gut täte. Auch dafür wollen wir in unserem Jubiläumsjahr werben.
Wir zehren heute von dem, was in Charlottenburg geschaffen wurde, als es noch eine selbständige Stadt war. Darauf können und wollen wir selbstbewusst aufbauen. Wir wollen also in diesem Jubiläumsjahr nicht nur an die 300 Jahre Geschichte Charlottenburgs erinnern, sondern wir wollen traditionsbewusst Charlottenburg-Wilmersdorf für die Zukunft in Berlin voranbringen.
In der heutigen Sonderausgabe der taz zum Geburtstag Charlottenburgs stand ein wunderbarer Satz, den ich gerne als Motto über diesen Abend und über unser gesamtes Jubiläumsjahr stellen möchte. Er lautet: “Sophie Charlotte, die viel zu früh Gestorbene, hätte sich gefreut.”