am Freitag, dem 11.3.2005, um 17.00 Uhr im Saal 3 im Rathaus Charlottenburg
Sehr geehrter Herr Statzkowski!
Sehr geehrter Herr Prof. Koeppel!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck klagte im November 1874, es existiere “gar kein gutes Bild von ihm”. Alle Maler machten “den Fehler, ihm einen gewaltsamen Ausdruck zu geben”. Dabei sei er “eigentlich eine träumerische, sentimentale Natur”.
Ich denke, Sie, Herr Statzkowski, hatten mehr Glück. Mit Prof. Matthias Koeppel haben Sie einen Maler gefunden, der Sie gut getroffen hat.
Aber vermutlich ist es auch in diesem Fall nicht ganz einfach, sich mit einem künstlerischen Portrait von sich selbst auseinander zu setzen. Jeder kennt das befremdliche Gefühl, wenn man zum ersten Mal die eigene Stimme von einem Tonband hört oder das eigene Auftreten in einem Video beobachten kann. Wie viel mehr wird das künstlerisch gestaltete Bild abweichen von dem Bild, das man sich von sich selbst gemacht hat. Das eigene Selbstverständnis wird auf die Probe gestellt. Man sieht sich zum ersten Mal von außen so, wie ein Künstler einen wahrgenommen hat. Das will erst einmal in Einklang gebracht sein mit der eigenen Vorstellung.
Vermutlich ist es auch nicht ganz einfach zu verkraften, unsterblich zu werden. Denn an dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei: Mit einem solchen künstlerischen Portrait wird man und frau unsterblich.
Und in 100 oder 200 Jahren im Charlottenburger Jubiläumsjahr wird man auf dieses Portrait zeigen und sich erinnern: Das war der erste Bezirksbürgermeister des Fusionsbezirkes “Charlottenburg-Wilmersdorf”. Ob es dann den Bezirk in dieser Form noch geben wird?
Ich freue mich jedenfalls, dass wir die Reihe der Bürgermeisterportraits jetzt mit einem Werk fortsetzen können, das ein großer Künstler der Gegenwart geschaffen hat: Professor Matthias Koeppel. Vielleicht sollte man im Jubiläumsjahr “300 Jahre Charlottenburg” betonen, dass Charlottenburg eine große künstlerische Tradition hat, die selten gewürdigt wird. Nicht nur Heinrich Zille hat hier gelebt und gearbeitet und hier viele Motive für seine Werke gefunden. Die selbständige Stadt Charlottenburg hat insbesondere in der Kaiserzeit die Kunst gefördert und sich dabei mutig auch gegen den kaiserlichen Kunstgeschmack gestellt.
Vor hundert Jahren ermöglichte Charlottenburg der Künstlergruppe der Berliner “Secession” Ausstellungsmöglichkeiten – zunächst in einem Pavillon neben dem Theater des Westens, später am Kurfürstendamm. Kaiser Wilhelm II hatte ihre Werke ungnädig als “Rinnsteinkunst” zurückgewiesen. Und unser wohl bedeutendster Vorgänger, Herr Statzkowski, Oberbürgermeister Kurt Schustehrus, nahm als einziger offizieller Vertreter im Amtsornat an ihren Ausstellungseröffnungen teil.
Unterstützt wurden die Maler von Geldgebern wie Walther Rathenau, Richard Israel, Julius Stern und Carl Fürstenberg. Ohne das Mäzenatentum des liberalen, oft jüdischen Berliner Großbürgertums wäre die Entwicklung der modernen Kunst in Berlin und Charlottenburg undenkbar gewesen.
Gegen den kaiserlichen Geschmack wurde die Secession zu einem weltweit bekannten Anziehungspunkt. Hier wurden die Werke von Käthe Kollwitz, Heinrich Zille, Lovis Corinth, Max Slevogt, Max Beckmann, Emil Nolde, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Claude Monet, Edouard Manet, Edvard Munch und – in der Sommerausstellung 1912 erstmals in Deutschland von Pablo Picasso gezeigt. Charlottenburg war im Kaiserreich eine moderne Kunstmetropole.
Ich bin Professor Koeppel dankbar dafür, dass er sich – nicht nur mit diesem Portrait – künstlerisch immer wieder für unseren Bezirk engagiert. Seit Jahren arbeitet er intensiv mit unserer Kommunalen Galerie zusammen und hat damit wesentlich dazu beigetragen, ihren Ruf weit über den Bezirk hinaus zu verbreiten.
Sehr geehrter Herr Professor Koeppel, ich danke Ihnen dafür und hoffe, dass wir auch in Zukunft mit Ihnen rechnen können.
Sehr geehrter Herr Statzkowski, ich beglückwünsche Sie zu Ihrem gelungenen Portrait. Anders als Fürst Otto von Bismarck können Sie sich jetzt nicht mehr darüber beklagen, dass “gar kein gutes Bild” von Ihnen existiere. Und das ist auch gut so.