Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zum 150. Geburtstag von Hugo Conwentz am Donnerstag, dem 20.1.2005, um 10.30 Uhr am rekonstruierten Grab auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

zum 150. Geburtstag von Hugo Conwentz

am Donnerstag, dem 20.1.2005, um 10.30 Uhr am rekonstruierten Grab auf dem Südwestfriedhof in Stahnsdorf

Sehr geehrter Herr Dr. Gödde ! (Arbeitskreis Naturschutzgeschichte)
Sehr geehrter Frau Auster! (Arbeitskreis Naturschutzgeschichte)
Sehr geehrter Herr Hanke!
Sehr geehrter Herr Kämpfert!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Heute vor 150 Jahren wurde Hugo Conwentz in Sankt Albrecht bei Danzig geboren. Ich freue mich, dass die Landsmannschaft Westpreußen e.V., für die das Bezirksamt Wilmersdorf 1956 eine Patenschaft übernommen hat, in diesen Tagen mit einer Reihe von Veranstaltungen an ihn erinnert. Und ich freue mich sehr, dass es durch die Initiative und unter anderem auch durch die finanzielle Unterstützung der Landsmannschaft gelungen ist, rechtzeitig zum 150. Geburtstag des Botanikers und Naturschützers seinen Grabstein zu restaurieren. Ich danke der Landsmannschaft Westpreußen für ihr Engagement.

Hugo Conwentz hat sich als erster für den Schutz von Naturdenkmalen eingesetzt, und seit 1986 verleiht der Bundesverband Beruflicher Naturschutz am Deutschen Naturschutztag regelmäßig die Hugo-Conwentz-Medaille. Hans-Jürgen Kämpfert hat bereits gestern in einem Festvortrag Hugo Conwentz als “Begründer des europäischen Naturschutzes” gefeiert, und heute nachmittag, von 14.00 bis 17.00 Uhr richtet der Arbeitskreis Naturschutzgeschichte im Friedenssaal des brandenburgischen Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz in Potsdam ein Symposium mit fünf Vorträgen zu Hugo Conwentz aus.

Ich will an dieser Stelle versuchen, die Frage zu beantworten, weshalb es so verdienstvoll war, dieses Grabmal zu restaurieren, weshalb es für uns heute so wichtig ist, uns an Menschen wie Hugo Conwentz zu erinnern. Wir erinnern uns heute an ihn und fragen aus heutiger Sicht, was er uns noch zu sagen hat, was wir von ihm lernen können.

Hugo Conwentz besuchte die Realschule St. Johann in Danzig und wurde nach seinem Studium in Breslau und Göttingen bereits mit 24 Jahren der erste Direktor des neu gegründeten Westpreußischen Provinzialmuseums für Natur, Geschichte, Gewerbe und Kunst. In seinen Forschungen konzentrierte er sich zunächst auf die Erforschung der Reste aus Fauna und Flora der Vorgeschichte. Der in seiner Heimat zu findende Bernstein in seinen verschiedenen Ausprägungen lieferte ihm dafür reichlich Anschauungsmaterial.

Aber sein Blick beschränkte sich nicht auf die Vorgeschichte. Im Gegenteil: Die historisch geschulte Wahrnehmung seiner Gegenwart brachte ihn schon früh zu der Erkenntnis, dass immer mehr Lebewesen der Natur durch das Verhalten der Menschen vernichtet werden. Er stellte fest, dass durch die Rodung großer Waldflächen für die Landwirtschaft, durch die Entwässerung der Moore und durch die schnelle Industrialisierung immer mehr wertvolle Pflanzen und Tiere ausgerottet wurden, dass wichtige Biotope und Zeugen der Vergangenheit verschwanden.

Die logische Konsequenz aus dieser Einsicht war für ihn der Einsatz für den Schutz aussterbender Pflanzen und Tiere und für die Erhaltung von Naturdenkmalen. Auch für die Behandlung des Themas im Unterricht in den Schulen setzte er sich ein.

1906 wurde er kommissarischer Leiter der von ihm angeregten “Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen”, Vorläuferin des heutigen Bundesamtes für Naturschutz, zunächst mit Sitz in Danzig. 1910 wurde die Stelle nach Berlin verlegt und Conwentz ihr Direktor. Er hielt es nicht für ausreichend, an die Einsichtsfähigkeit der Menschen zu appellieren. Er verlangte gesetzliche Regelungen und entsprechende Aufsichtsbehörden. Auf seinen dienstlichen Reisen besuchte er ganz Europa und propagierte seine Naturschutzideen.

1913 formulierte er auf der Internationalen Konferenz für Naturschutz in Bern seine Forderung nach einem allgemeinen Naturschutz mit den Worten: “Wenn nicht dahin gestrebt wird, die ganze Bevölkerung zur Schonung der Natur überhaupt zu erziehen, kann leicht die Auffassung Platz greifen, dass nur innerhalb des Reservates oder nur den besonders genannten Arten gegenüber Schutz geübt werden müsse, alles andere aber vogelfrei bleibt und nach wie vor der Willkür überlassen.”

1919 lernte Hugo Conwentz in Bad Nauheim die schwedische Bibliothekarin Greta Ekelöf aus Stockholm kennen. Sie heirateten, aber bereits drei Jahre später starb Conwentz in Berlin an den Folgen einer Operation. Am 19. Mai 1922 fand im Wilmersdorfer Krematorium unter großer Anteilnahme die Trauerfeier statt, und Hugo Conwentz wurde hier, auf dem Wilmersdorfer Friedhof in Stahnsdorf später umgebettet.

Seine Privatbibliothek und Teile seines Nachlasses wurden durch die Vermittlung seiner Frau von der schwedischen Stifts- und Landesbibliothek in Lingköping aufgekauft. Conwentz hatte längst Mitstreiter in vielen Ländern gewonnen, die seine Einsichten und Ideen weiter verfolgten. Die Leistung von Hugo Conwentz geht weit über die eines erfolgreichen Museums- und Amtsleiters hinaus. Durch seine Überzeugungskraft und Begeisterungsfähigkeit gelang es ihm, eine Entwicklung anzustoßen, die bis heute weiter wirkt. Vorbildlich für uns heute ist seine Kombination aus naturwissenschaftlich geschulter genauer Beobachtung und großem innerem Engagement. Die Einsichten von Hugo Conwentz sind heute aktueller denn je und sein Einsatz für den Schutz der Natur ist nur noch dringlicher geworden.

Ich danke der Landesmannschaft Westpreußen und allen, die daran mitgewirkt haben, dieses Grabmal eines bedeutenden Naturforschers und Naturschützers zu restaurieren und anlässlich seines 150. Geburtstages an ihn zu erinnern.

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