Sehr geehrte Damen und Herren!
Heute feiert die ganze Welt den 250. Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart. Und heute vor 61 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Könnte es zwei Ereignisse geben, die in einem größeren Gegensatz zueinander stehen? Wie bringen wir die Musik Mozarts, eine der größten und schönsten Leistungen unserer Zivilisation, zusammen mit der schlimmsten Barbarei, zu der die Menschen bisher fähig war? Erscheint uns nicht der Nationalsozialismus mit seinen Gräueltaten, mit seiner rassistischen Menschenverachtung und mit seinem millionenfachen Morden wie ein Regime aus grauer Vorzeit, aus dem Mittelalter vielleicht, jedenfalls aus einer Epoche weit vor unseren zivilisatorischen Errungenschaften?
Aber wir wissen: Es ist noch nicht einmal ein Menschenleben her. Erst vor 61 Jahren konnte das nationalsozialistische Terrorregime besiegt werden, konnten die Opfer aus den Konzentrationslagern und konnte unser Land von der Diktatur befreit werden. Vor 61 Jahren konnten wir mit der Unterstützung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges beginnen, die Demokratie aufzubauen, in der wir heute leben und die uns als so selbstverständlich erscheint, dass wir sie manchmal kaum noch zu würdigen wissen.
Der nationalsozialistische Terrorstaat war ein Einbruch in die Zivilisation mitten im 20. Jahrhundert. Und die Geschichte lehrt uns, dass Demokratie eben nichts Selbstverständliches ist, sondern dass sie auf aktive Demokraten angewiesen ist, die für sie eintreten und sie verteidigen, wenn es darauf ankommt.
Auch heute gibt es in unserem Land Menschen, die im Nationalsozialismus ein erstrebenswertes Ziel und in Hitler ein Vorbild sehen. Aber sie sind wohl nicht die größte Gefahr für unsere Demokratie. Die liegt eher in der Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit, mit der wir ihre Vorteile genießen und uns ansonsten nicht aktiv um sie kümmern.
Deshalb ist eine Organisation wie das Bündnis Demokratie Jetzt! so wichtig. Sie bietet auch Menschen eine politische Perspektive an, die sich nicht in einer Partei engagieren wollen, aber die sich aktiv für unsere Demokratie einsetzen wollen.
Denn nur das kann die Lehre aus der Geschichte sein: Wir müssen alles tun, damit etwas Ähnliches nie mehr geschieht.
Die Zivilisation, deren Errungenschaften wir so selbstverständlich genießen, ist immer auch gefährdet. Intelligenz, Kultur und Wissenschaft schützen nicht vor politischem Extremismus und vor menschenverachtenden Ideen und Taten.
Auch in Konzentrationslagern wurde Musik von Mozart gespielt – von Inhaftierten für ihre Bewacher von der SS.
Mit seinen wunderbaren Melodien konnte und kann er Grausamkeiten nicht verhindern. Er kann uns wohl nicht besser machen als wir sind, aber er kann uns eine Idee vermitteln von Humanität und von menschlichem Zusammenleben. Er kann uns erinnern an die Aufgabe, vor der wir nicht weglaufen dürfen: Wir müssen für die Bewahrung unserer Demokratie, für die Einhaltung der Menschenrechte einstehen. Wir müssen verhindern, dass noch einmal die Barbarei in unsere Zivilisation einbricht.