Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen zum Gelöbnis von 250 jungen Soldaten der 5. Kompanie am Freitag, 13.6.03, 11.00 Uhr in der Julius-Leber-Kaserne

Rede der Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

zum Gelöbnis von 250 jungen Soldaten der 5. Kompanie

am Freitag, 13.6.03, 11.00 Uhr in der Julius-Leber-Kaserne

Sehr geehrter Herr Oberstleutnant Utsch!
Sehr geehrte Soldaten!
Sehr geehrte Damen und Herrn!

Vielen Dank für die Einladung zu dieser Gelöbnisfeier. Ich bin gerne gekommen – nicht nur weil wir seit 1999 eine Patenschaft für die 5. Kompanie des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung übernommen haben, sondern auch weil ich mich freue, Sie in Berlin begrüßen zu dürfen.

Sie haben ihren Wehrdienst angetreten in einer Zeit, in der sich die Aufgaben der Bundeswehr entscheidend ändern, in der die Bundeswehr grundlegend umorganisiert wird und in der sich auch das Bild der Bundeswehr in der Bevölkerung ändert. Wir erfahren täglich aus den Nachrichten, wie unsere Soldaten weltweit in Friedenseinsätzen schwierige, riskante Aufgaben bewältigen.

Mit Entsetzen haben wir die Nachricht von den vier bei einem Terroranschlag in Afghanistan getöteten deutschen Soldaten gehört, und unsere Anteilnahme gehört den Angehörigen, aber auch den Soldaten, die trotz solcher Nachrichten weiter ihren Dienst tun im Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Die Aufgabe der Landesverteidigung ist angesichts der europäischen Entwicklung glücklicherweise in den Hintergrund gerückt. Stattdessen ist unser Land jetzt wie alle anderen Demokratien zur Solidarität im Kampf gegen den internationalen Terrorismus verpflichtet und muss sich im Rahmen von UN-Beschlüssen an friedenserhaltenden Maßnahmen beteiligen.

Im Rahmen der Diskussion über die nötige Umstrukturierung der Bundeswehr wird immer wieder die Forderung nach ihrer Umwandlung in eine Berufsarmee laut. Ich halte von einer Abschaffung der Wehrpflicht nichts. Dem Argument der nicht mehr vorhandenen Wehrgerechtigkeit würde ich den Gedanken eines allgemeinen Sozialdienstes für Frauen und Männer entgegen setzen, und das Kostenargument kann nicht entscheidend sein, wenn es um grundsätzliche Fragen unserer Demokratie geht.

Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, dass die Bundeswehr als Wehrpflichtarmee Teil unserer Gesellschaft ist.

Gerade die Auseinandersetzungen um den Irak-Krieg und Deutschlands Nichtbeteiligung an diesem Krieg haben gezeigt, dass unser Parlament und unsere Regierung auch gegen starken äußeren Druck souverän in ihren Entscheidungen sind und diese Entscheidungen im Sinne der großen Mehrheit der Bevölkerung unseres Landes treffen. Die Wehrpflicht trägt mit dazu bei, dass bei uns niemand sich eine solche Entscheidung über Krieg und Frieden leicht machen kann – und das ist gut so.

Unsere eigene Geschichte lehrt uns, wie gefährlich für die Demokratie eine Armee werden kann, die als Fremdkörper im Staat ein Eigenleben führt. Als Angehörige des Wachbataillons beim Bundesministerium der Verteidigung repräsentieren Sie die Bundesrepublik Deutschland bei internationalen Begegnungen und bei feierlichen Anlässen, die oft mit unserer Geschichte zu tun haben. Einer dieser Anlässe ist der 17. Juni 1953, dessen 50. Jahrestag wir in 4 Tagen begehen. Auch dieser Tag erinnert uns daran, wie wichtig es ist, dass eine Armee Teil der Gesellschaft ist und nicht der Unterdrückung des eigenen Volkes dient. Am 17. Juni 1953 gingen viele Menschen in der DDR auf die Straße und kämpften zunächst gegen die als ungerecht empfundenen Normerhöhungen. Viel wichtiger aber wurde schnell der Ruf nach freien Wahlen. Es war ein Volksaufstand für Demokratie, der von den eigenen Soldaten und vor allem von den Soldaten der sowjetischen Besatzungsmacht niedergeschlagen wurde. Damit so etwas nie wieder geschieht, ist es wichtig, dass die Bundeswehr in unsere demokratische Gesellschaft integriert ist und bleibt.

Mit unserer Patenschaft für die 5. Kompanie des Wachbataillons wollen wir dazu beitragen, dass die Soldaten der Bundeswehr sich hier in Berlin willkommen und heimisch fühlen.

Sie sollen sich nicht als Fremdkörper außerhalb der Gesellschaft empfinden. Deshalb freue ich mich sehr darüber, dass unsere Patenschaft sich längst zu einer lebendigen gegenseitigen Partnerschaft entwickelt hat. Sie unterstützen uns regelmäßig – sei es beim Fest der Nationen, bei der Pflege unseres Weinberges in der Partnerschaft mit dem Rheingau-Taunus oder bei vielen anderen Anlässen. Dafür danke ich Ihnen, den Angehörigen der 5. Kompanie des Wachbataillons herzlich, und ich hoffe, dass auch Sie sich bei uns in Berlin wohlfühlen und diese gute Tradition der Partnerschaft mit unserem Bezirk weiter aktiv mit Leben erfüllen werden.

Für Ihren Dienst wünsche ich Ihnen viel Erfolg und alles Gute.

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