Die Wissmannstraße in Grunewald heißt ab Samstag Baraschstraße

Wissmannstraße wird zu Baraschstraße.

Wissmannstraße wird zu Baraschstraße.

Pressemitteilung vom 22.02.2022

Die Wissmannstraße in Grunewald bekommt einen neuen Namen. Künftig wird der Straßenname die jüdischen Eheleute Irene und Arthur Barasch ehren, die bis zu ihrer Flucht und Deportation mit ihren Kindern Else und Werner in der Wissmannstraße 11 gelebt haben.

Die Umbenennung wird am Sonntag, dem 27. Februar 2022, um 12 Uhr mit einem Festakt in der Aula des Walther-Rathenau-Gymnasiums, Herbertstraße 4, in Grunewald, in Anwesenheit von Nachkommen der Familie Barasch begangen. Die symbolische Umbenennung der Straße wird anschließend ab 13.30 Uhr vor Ort vollzogen.

Seit vielen Jahren engagieren sich zivilgesellschaftliche und afrodiasporische Initiativen für einen kritischen Umgang mit Straßennamen aus einem kolonialen Kontext. Initiativen für Umbenennungen haben in den vergangenen Jahren eine öffentliche Auseinandersetzung mit deutscher Kolonialgeschichte wesentlich mit angestoßen. Die Straße in Grunewald wurde noch zu seinen Lebzeiten nach Hermann von Wissmann (1853-1905) benannt. Wissmann hatte als Befehlshaber von Kolonialtruppen 1889/1890 den Widerstand der Küstenbevölkerung in Ostafrika niedergeschlagen. In einem gewaltsamen Feldzug nahm er das Gebiet ein, das 1891 offiziell zur Kolonie Deutsch-Ostafrika, heute Tansania, erklärt wurde.

2020 hat die Bezirksverordnetenversammlung von Charlottenburg-Wilmersdorf eine Initiative mit dem Ziel der Umbenennung der Wissmannstraße beschlossen. Alle Initiativen, Bürger:innen im Bezirk waren eingeladen, Namensvorschläge einzureichen. Unter 47 Persönlichkeiten wählte eine Jury aus Anwohner:innen der Wissmannstraße, des zivilgesellschaftlichen Bündnisses Decolonize Berlin e.V. sowie der BVV-Fraktionen, einen Vorschlag aus. Im Mai 2021 folgte die Bezirksverordnetenversammlung der Empfehlung, mit dem Straßennamen künftig die jüdischen Eheleute Irene und Arthur Barasch zu ehren. Die Initiative „Öffentlicher Bürgergarten der Erinnerung“ hat seit 2014 das lokale Gedenken an die Verfolgung der Familie gestaltet.

Alan Ross, Enkel von Arthur und Irene Barasch:

bq. Ich habe die Villa in der Wissmannstraße vor ein paar Jahren besucht. Es war ein so trauriger wie schöner Besuch. Dass jetzt die Straße nach meinem Großvater Arthur und meiner Großmutter Irene Barasch benannt wird, um sie zu ehren, macht mich sehr glücklich. Es ändert nichts an der Vergangenheit, aber es ändert vielleicht die Zukunft.

Bezirksstadträtin Heike Schmitt-Schmelz:

bq. Eine ehrende Erinnerung an Hermann von Wissmann ist mit demokratischen Werten der Gegenwart nicht vereinbar. Eine Umbenennung trägt zu einer kritischen öffentlichen Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte bei und ist Teil des Zusammenlebens im Bezirk. Ich freue mich sehr, dass wir zur feierlichen Umbenennung auch eine Reihe von Nachkommen der Familie Barasch begrüßen können.

Tahir Della von “Decolonize Berlin”:

bq. Die erfolgreichen Umbenennungen von Straßennamen in Berlin die entweder koloniale Verbrecher ehren oder rassistische Bezeichnungen tragen stehen für einen inzwischen in Gang gekommen Prozess den öffentlichen Raum diskriminierungsfrei zu gestalten und die gesellschaftlichen Verhältnisse neu zu gestalten. Daher begrüße ich die Umbenennung der Wissmannstraße in Grunewald als einen weiteren Schritt hin zu einem dekolonisierten öffentlichen Raum.

Am Festakt beteiligen sich auch Vertreter:innen, die sich für die Erinnerung an die neuen Namensgeber als jüdische Opfer des Nationalsozialismus engagieren, wie auch das zivilgesellschaftliche Bündnis Decolonize Berlin e.V., das für eine Dekolonisierung der Stadt eintritt und die Umbenennung der Straße maßgeblich initiiert hat. Eine Informationssäule wird vor Ort über die Gründe und den Kontext der Umbenennung aufklären.

Die Veranstaltung ist unter der 2G Regel und mit getragener FFP2-Maske zugänglich.

Im Auftrag
Brühl