Seit nunmehr fast 10 Jahren bin ich Leiter des Ordnungsamtes Friedrichshain-Kreuzberg . Das Ordnungsamt wird sehr direkt mit vielen Sorgen und Anliegen der Bevölkerung konfrontiert. Seine Beschäftigten setzen sich durch ihre Tätigkeit für die Einhaltung von Regeln des Zusammenlebens in einer dicht besiedelten Stadt, für gegenseitige Rücksichtnahme und mithin für ein lebenswertes Umfeld ein.
In einem internationalen, renommierten Städtevergleich im Auftrag des Magazins „The Economist“ hat das internationale Beratungsunternehmen Mercer die österreichische Hauptstadt Wien im Jahre 2018 bereits zum neunten Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gekürt.
Wien ist nach Berlin die zweitgrößte deutschsprachige Metropole, wie Berlin eine Stadt und ein Bundesland zugleich und rühmt sich wie Berlin, ein Anziehungspunkt für Touristen zu sein und ein umfangreiches kulturelles Angebot aufzuweisen.
Nachdem bereits in den vergangenen Jahren Kolleginnen und Kollegen sowohl aus dem Ordnungsamt selbst als auch aus anderen Ämtern über wertvolle Erfahrungen durch die Teilnahme an EU-Hospitationsprogrammen berichtet haben, habe ich in diesem Jahr die Exchange-Mail mit der Aufforderung, sich zu bewerben, mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen. Beinahe zur gleichen Zeit konkretisierten sich die Pläne, bei den Ordnungsämtern in Berlin Stellen für sogenannte „Waste Watcher“ einzurichten, die illegale Vermüllungen einer Ahndung zuführen sollen. In diesem Zusammenhang gelangte ich auf die Internetseite der Stadt Wien und vernahm, dass ein nicht unerheblicher Anteil der Lebensqualität dieser Stadt darauf zurückzuführen ist, dass es dort bereits seit über 10 Jahren Waste Watcher gibt.
Kurzerhand entschloss ich mich, meine Bewerbung um eine Hospitation dem Projekt Waste Watcher im engeren und dem Thema Lebensqualität im allgemeineren Kontext zu widmen. Ich meine, wir schauen noch zu wenig über den eigenen Tellerrand hinaus. Warum scheuen wir uns eigentlich davor, gute Ideen zu übernehmen, bewährte Beispiele nachzuahmen?
Berlin steht in dem erwähnten Ranking der lebenswertesten Städte nur auf Platz 25. Ein paar Plätze weiter nach oben, das müsste doch funktionieren.
Ich möchte gern wissen, warum die Wiener Waste Watcher so erfolgreich sind, wieviele Beschäftigte eingesetzt werden, welche Aufgaben und Befugnisse sie haben, zu welchen Tageszeiten sie unterwegs sind, wie sie geschult werden, ob sie in zivil unterwegs sind oder äußerlich erkennbar und welche Akzeptanz sie bei der Bevölkerung sowie bei Touristinnen und Touristen genießen.
Fehlende Fremdsprachenkenntnisse jedenfalls dürften einem diesbezüglichen Erkenntnisgewinn nicht im Wege stehen …