Thema des Monats Januar 2009

Müssen Heizpilze verboten werden?

Die Bezirksverordnetenversammlung diskutiert

Heizpilze vor einem Restaurant in Charlottenburg-Wilmersdorf, 18.12.2008, Foto: KHMM

Heizpilze vor einem Restaurant in Charlottenburg-Wilmersdorf, 18.12.2008, Foto: KHMM

Auf Initiative von Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte wollen die 6 Bezirke Charlottenburg-Wilmersdorf, Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick ab Januar 2009 das Aufstellen von Heizpilzen und anderen überdimensionalen Gegenständen auf Gehwegen vor Gaststätten nicht mehr dulden, weil sie eine solche Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes für störend und ökologisch unsinnig halten. In der Bezirksverordnetenversammlung sind die Meinungen dazu geteilt.

SPD-Fraktion

Heizpilze erwärmen nicht nur sinnfrei Luft, sondern sorgen auch in der Wirtschaftspolitik für einen Klimawandel. War man sich bisher fraktionsübergreifend darüber einig, dass von den Innenstadtbezirken eine einheitliche Regelung bezüglich der Nutzung öffentlichen Straßenlandes gefunden werden sollte, wird nun das Argument bemüht, ein Verbot von Heizpilzen würde Nachteile für die Gastronomie mit sich bringen. Fakt ist, dass viele Gastwirte dieses Verbot begrüßen, da das Betreiben von Heizpilzen für sie nicht unerhebliche Kosten verursacht. Die Einsparung umweltschädlicher Emissionen ist ein weiterer positiver Effekt. Jede dieser gasbetriebenen Subtropenpflanzen produziert pro Jahr Kohlendioxid wie ein mittlerer Neuwagen. Im Sinne der Nachhaltigkeit darf Klimaschutz nicht da aufhören, wo er anfängt.
Daniel Bünger

CDU-Fraktion

Dass die Gastwirte, nicht zuletzt auch durch die Regelungen des Nichtraucherschutzgesetzes, von der einsetzenden wirtschaftlichen Rezession mit betroffen sind, dürfte außer Zweifel stehen. Fraglich ist allerdings, ob sich diese schwierige wirtschaftliche Lage durch das Aufstellen von Heizpilzen wirklich verbessern lässt. Insbesondere muss jedem bewusst sein, dass Heizpilze, egal ob mit Gas oder mit Strom betrieben, unter Umweltgesichtspunkten betrachtet, wenig sinnvoll sind. Die CDU-Fraktion in der BVV-Charlottenburg-Wilmersdorf hält indes ein selektives Verbot von Heizpilzen nur auf öffentlichem Straßenland für wenig sinnvoll. Dieses würde zu einer nicht hinnehmbaren Wettbewerbsverzerrung führen, da das Aufstellen von Heizpilzen auf privatem Gelände weiter erlaubt bliebe. Solange es bei dieser Ungleichbehandlung bliebe, sollte eher auf freiwilliger Basis an die Gastwirte appelliert werden, auf das Aufstellen von Heizpilzen generell zu verzichten.
Stefan Häntsch

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Nichts als heiße Luft, was da aus den Heizpilzen kommt, mit eine verheerenden Ökobilanz. 2,5 bis zu 3,5 Kilogramm Kohlendioxid (CO2) werden pro Stunde in die Luft geblasen Das entspricht etwa der Ökobilanz von 25 Kilometer Fahrt in einem Kleinwagen. Sinnlos, überflüssig und teuer für den Gastronom. Ein Heizpilz verbraucht in 8 Stunden eine Gasflasche zum Preis von 15 Euro. Bei vier Gasflachen sind das 60 Euro pro Tag. Bei 31 Tagen sind es 1860 Euro monatlich. Das ist meist mehr, als die Miete des Ladens inklusive der Heizkosten. Decken gibt es schon ab 5 Euro.
Roland Prejawa

FDP-Fraktion

Der gemeine Heizpilz soll ausgerottet werden. Warum nur? Gute Gründe sind nicht erkennbar.
Die Menschen mögen ihren Heizpilz, sei es nun im Frühjahr, wenn er zu frühsommerlichem “Draußen-sitzen” einlädt oder eine laue Sommernacht auf der Terrasse des Lieblingsclubs länger werden lässt. Nach dem Rauchverbot in Restaurants und Kneipen erfreut sich der Heizpilz auch bei Rauchern und Gastwirten großer Beliebtheit. Ihn hier zu verbieten wäre wirtschaftsschädigend.
Kurz um, der Heizpilz hat viele Freunde, und trotzdem soll er jetzt im Bezirk verboten werden. Er sei umweltschädlich, ist die Begründung. Auch Klimaanlagen sind Energiefresser und dennoch kommt keiner auf die Idee, sie verbieten zu wollen. Und der gemeine Heizpilz stößt dabei nicht einmal soviel CO2 aus wie eine normale Hauskatze. Und die verbietet auch niemand.
Also viel Wind um gar nichts, die FDP fordert, dass der Heizpilz weiterleben darf, da, wo er Nutzen bringt und von den Bürgerinnen und Bürgern gern gesehen ist.
Florian P. Block

Die Linke

Vom Aussterben bedroht?
Welch launiges Thema zum politischen Jahresende – muss man den Heizpilz verbieten?
Nun, artgerecht verhalten sie sich ja: Sie schießen wie Pilze aus dem Boden – zumindest vor Berliner Gaststätten. Aber muss man sie deshalb gleich unter Artenschutz stellen, wie die FDP zu meinen scheint? Tatsächlich handelt es sich ja nicht um Lebewesen, sondern um technische Einrichtungen, die noch dazu Kohlendioxid ausstoßen – was das Klima nicht eben fördert – und auch nicht ganz ungefährlich sind.
Eine Alternative wäre möglicherweise eine verbrauchsabhängige Abgabe, die dann jedoch sicherlich wieder als “Abzocke” gegeißelt werden würde (und außerdem auf Bezirksebene kaum in Kraft gesetzt werden kann).
Offensichtlich allerdings wird der gemeine Heizpilz langsam zum Symbol zivilen Ungehorsams gegenüber dem Nichtraucherschutzgesetz. Fazit: Demokratie ist eben nicht so einfach (zumindest im Winter).
Hans-Ulrich Riedel