Zeitreise Rummelsburg

Rummelsburg

um 1775
Der Name des Weinhändlers Rummel, der am Stralauer See eine Restauration betreibt, überträgt sich auf das Umland einschließlich den See.

1783
Vier Doppelhäuser für acht Bündnerfamilien an der heutigen Lückstraße bilden den “Lichtenberger Kiez”.

Er liegt auf einem schon 1571 als “Kietzer Lacken” bezeichneten Flurstück. Bis 1840 werden zwei weitere Wohnhäuser errichtet.

1854-1859
Das Städtische Friedrichs-Waisenhaus wird nach Plänen von Gustav Holtzmann an der heutigen Hauptstraße gebaut. Die Anlage umfasst auf einem parkähnlichen Terrain neben Versorgungs- und Verwaltungseinrichtungen auch vier Knabenhäuser und vier Mädchenhäuser, für etwa 500 Jungen und Mädchen.

1868
Die Norddeutschen Eiswerke von Carl Bolle wachsen schnell auf 18 Eisschuppen an, von denen jeder etwa 30.000 Zentner Natureis fassen kann. Im Winter wird es aus der Eisfläche des Rummelsburger Sees gebrochen und eingelagert.

1872
An der heutigen Fischerstraße liegt das elterliche Grundstück von Heinrich Zille (1858-1929). Der bekannte Milieumaler verbringt hier seine Jugend und lebt bis 1889 in Rummelsburg.

1872-1875
Gussbeton und ein fabrikmäßiger Standard gelangen bei der Gründung der “Colonie Viktoriastadt” erstmals zur Anwendung. Die etwa 60 neuen Häusersind klein, schmucklos und nicht unterkellert. Ohne Stein und Kalk werden sie in gegossenen Zementblöcken mit Schlackebeimischungen errichtet.

1877-1879
Das Städtische Arbeitshaus Rummelsburg (Gefängnis Rummelsburg) umfasst nach seiner Fertigstellung 19 ein- bis viergeschossige Gebäude, die nach Plänen des Stadtbaurates Hermann Blankenstein an der Hauptstraße für etwa 1.000 Insassen errichtet wurden. 1951 bis 1991 Strafvollzugsanstalt der DDR.

1882
Der Haltepunkt der Niederschlesisch-Märkischen-Eisenbahn und der Ost-Bahn wird unter der Bezeichnung “Kiez-Rummelsburg” an die Schlichtallee und 1901 an den Standort des heutigen S-Bahnhofes Rummelsburg verlegt. 1914 Umbenennung in “Rummelsburg”.

01.04.1889
Bildung der Landgemeinde Boxhagen-Rummelsburg.

1889-1901
Nach Plänen des Architekten Goltsch erhält die Gemeinde Boxhagen-Rummelsburg in der Türrschmidtstraße ein eigenes Rathaus, das sogenannte Stadthaus. Baulich einbezogen werden dabei zwei ältere Wohnhäuser.

21.10.1892
Einweihung der Erlöserkirche in der heutigen Nöldnerstraße. Gebaut nach Plänen der Architekten Max Spitta und Conrad Wilhelm Hase. Kaiserin Auguste Viktoria, wegen der vielen von ihr eingeweihten Kirchen “Kirchenjuste” genannt, legt 1890 den Grundstein.

1897
Georg Sommerfeld beweist mit seinem Handwerksbetrieb für Wagenbau von Kippkarren seinen Gründergeist. Schon bald stellte er die Firma auf Automoblifedern um, die in der heutigen Spittastraße 40 bis 1990 in Handarbeit geschmiedet, gehärtet und gebogen wurden.

01.12.1897
Die AG für Anilinfabrikation gibt ihren fotografischen Erzeugnissen das Firmenzeichen Agfa.

01.10.1902
Übergabe der neuen Station Rummelsburg-Ost, Umbenennung 1914 in Neu-Lichtenberg und 1954 in Nöldnerplatz. Die Platzanlage vor dem Bahnhof wird bereits 1947 nach dem von den Nationalsozialisten ermordeten kommunistischen Widerstandskämpfer Erwin Nöldner (1913-1944) benannt.

1903
Die Knorr-Bremse etabliert sich in der Neuen Bahnhofstraße. Das Werk entwickelt sich auf dem Gebiet der Bremstechnik zum bedeutendsten Spezialunternehmen der Welt und zum größten Lieferanten von Bremstechnik in Europa. An der Hirschberger Straße entstand 1922 bis 1927 das eigentliche Hauptgebäude nach Plänen des Architekten Alfred Grenander.
Rummelsburg verliert durch die Eröffnung des Magerviehhofes in Friedrichsfelde seine im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts gewonnene Bedeutung als Marktplatz für den Handel mit Gänsen und Schweinen. Der Rummelsburger Markt wird geschlossen.

1908
Der 1908 errichtete Schrotkugelturm der ehemaligen Bleischmelze Juhl & Söhne dient bis in die 40er Jahre der Produktion von nahtlosen Schrotkugeln. Er zählt mit seinen 38 Metern Höhe bis heute zu den Wahrzeichen der Victoriastadt.

14.03.1911
Einweihung des neuen Krankenhauses “Kaiserin-Auguste-Viktoria” in der heutigen Nöldnerstraße 42. 1924 gründet Ernst Baader hier eine Abteilung für klinische Arbeitsmedizin.

1912
Anschluss der Landgemeinde Boxhagen-Rummelsburg an die Stadt Lichtenberg.

1925-1926
Die dreigeschossigen roten Klinkerbauten der Gaswerksiedlung an der Köpenicker Chaussee erinnern an gotische Giebelhäuser der Hansestädte. Errichtet wurden sie von Ernst Engelmann und Emil Fangmeyer für die Beschäftigten des benachbarten Gaswerkes.

19.12.1926
Das neue Großkraftwerk Rummelsburg liefert den ersten Strom. Für seine Zeit ist es das größte und modernste Kohlekraftwerk Europas, benannt nach seinem Schöpfer Georg Klingenberg (1870-1925). Ab 1987 wird das Braunkohlekraftwerk modernisiert: eine Rauchgasentschwefelung und Filter werden eingebaut und es wird mit einer zusätzlicher Erdgasfeuerung für den Spitzenlastbetrieb versehen.

1925-1927
Unmittelbar am Rummelsburger See öffnet die Flussbadeanstalt an der Köpenicker Chaussee. Sie ist mit einem Sprungturm und vier Schwimmbecken ausgestattet. Das Bad wird vom nahegelegenen Großkraftwerk mit angewärmtem Kühlwasser versorgt, so dass das Baden auch an kalten Tagen Spaß macht.

1927-1935
Die mehrflügelige, vorrangig dreigeschossige Schulananlage mit abgerundeter Ecke an der Fischerstraße und Schlichtallee plant Max Taut in Form der neuen Sachlichkeit. Sie wurde als größter deutscher Schulkomplex ihrer Zeit erbaut.

27.02.1943
Mit der so genannten Fabrikaktion setzen die Nationalsozialisten ihr verbrecherisches “Juden”-Deportations- und Vernichtungsprogramm fort. In Berlin werden 11.000 jüdische Bürger von ihren Zwangsarbeitsplätzen weg verhaftet. Ein Großteil wurde sofort in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. In der Aceta GmbH in Rummelsburg kommt es, wie in anderen Lichtenberger Betrieben auch, zu Massenverhaftungen.

19.08.1947
Die Knorr-Bremse AG wird auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten, Generalmajor Alexander Kotikow, als Reparationsleistung an die sowjetische Aktiengesellschaft für Transportmaschinenbau übergeben.

1953
Die Kossanke-Siedlung an der Hauptstraße entsteht in Ziegelbauweise.

24.09.1955
Eröffnung der “Akademie für Sozial- und Arbeitshygiene” als ärztliche Forschungs- und Fortbildungseinrichtung im ehemaligen Krankenhaus “Kaiserin-Auguste-Viktoria” in der Nöldnerstraße.

1978
Eine 4,3 km lange Wärmeverbundleitung zwischen dem Heizkraftwerk Klingenberg und Lichtenberg Nordost wird angeschlossen. Sie sichert vor allem die Wärmeversorgung der Großsiedlung Marzahn.

1982
Beginn der denkmalgerechten Sanierung, Modernisierung und Rekonstruktion des Wohngebietes in Pfarr-, Kaskel- und Spittastraße.

06.10.1989
“Wider den Schlaf der Vernunft” lautet das Motto einer von DDR-Künstlerverbänden organisierten Protestveranstaltung in der Erlöserkirche.

1992
Beginn der Erschließung des Gebietes Rummelsburger Bucht durch die Entwicklungsträgergesellschaft Wasserstadt. Ein umfangreicher Sanierungsbedarf besteht vor allem im Altlastenbereich. Auf einer Fläche von zirka 180 Hektar entstehen in den folgenden Jahren 4.000 Wohnungen und zahlreiche Arbeitsplätze.

18.11.1994
Die Altbauquartiere um die Kaskelstraße und die Weitlingstraße werden in einer Senats-Verordnung als Sanierungsgebiete festgelegt. Vorgesehen ist die Erneuerung des Gebäudebestandes sowie der Straßen und Plätze.

24.02.1998
In der Pfarrstraße 104 räumen 260 Polizisten das letzte besetzte Haus in Berlin. In dem Gebäude befinden sich noch elf Menschen. Ein Hund wird erschossen.

02.04.1998
Beginn einer Pflanzaktion für 100 neue Straßenbäume im Sanierungsgebiet Victoriastadt durch das Lichtenberger Naturschutz- und Grünflächenamt.

01.05.1998
Ein Abschnitt des vier Kilometer langen Ufers in der Stralauer Bucht erhält zur Erinnerung an den vor 25 Jahren am Rummelsburger See gedrehten legendären DEFA-Film den Namen Paul-und-Paula-Ufer.

27.09.2001
Die Erneuerung des Tuchollaplatzes ist abgeschlossen. Die Sanierung erfolgte im Rahmen des Bund-Länder-Programms “Städtebaulicher Denkmalschutz”, unter besonderer Berücksichtigung der Historie des Platzes.

Oktober 2001
Der Wiederaufbau der zerstörten Aula der Max-Taut-Schule wird in das Urban II-Projekt der Europäischen Union aufgenommen.
Der Ausbau des Stadthauses in der Türrschmidtstraße als neues Domizil des Bezirksmuseums wird Bestandteil des Urban II-Projektes der Europäischen Union.

07.05.2010
Feierliche Übergabe des Gedenksteines zu Ehren Erwin Nöldners und anderer Antifaschisten und Kriegsgegner aus dem Rummelsburger Kiez auf dem Nöldnerplatz, zwischen Lückstraße und S-Bahnhof, der Öffentlichkeit.
An zentraler Stelle erinnert nun ein Granitstein mit gravierter Stahltafel an die vielen Nazi- und Kriegsgegner, die in dem ehemaligen Arbeiterviertel Rummelsburg aus unterschiedlichen politischen Beweggründen Widerstand geleistet hatten und diesen mit dem Leben bezahlen mussten. Der Gedenkstein ehrt namentlich Hans Krüger, Wilhelm Martinke, Erwin Nöldner, Walter Riedel sowie Käthe und Felix Tucholla.