Franzi R. berichtet aus Wien

Auf geht’s nach Wien

Hi, ich bin Franzi. Seit 11 Jahren Lichtenbergerin aus Überzeugung und seit 2020 in der OE SPK (Organisationseinheit Sozialraumorientierte Planungskoordination) als Gebietskoordination tätig.
Was ich dort mache? In einem super motivierten Team die Gesellschaft und Nachbarschaften mitgestalten. Das bedeutet, wir gestalten die Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit in Lichtenberg, genauso wie die Bürger:innen-Beteiligung und andere Engagement-Prozesse.

Diversität als Bereicherung zu verstehen, das bekommen wir in unserem Team ganz gut hin. Und das ist natürlich immer wieder ein Thema in der Gemeinwesenarbeit.

Deswegen bin ich sehr dankbar, dass ich in den nächsten vier Wochen in Wien in der Magistratsabteilung 17 – Integration und Diversität hospitieren darf. In Wien habe ich mich schon vor vielen Jahren verliebt und bin nun total gespannt, die Stadt und ihre Menschen so richtig gut kennen zu lernen.

Interreligiöser Dialog

Interreligiöser Dialog

1. Woche in Wien

Gelebte Diversität in Verwaltung und Stadt, köstliches Leitungswasser und der öffentliche Raum als Wohnzimmer für alle

Wow, es sind nur wenige Tage vergangen und ich habe urviel erlebt!

Meine Unterkunft liegt in im 16. Bezirk Ottakring. Hier sind gleich in der Nähe die ottakringer Brauerei, die Rösterei für den Meindl Kaffee und die Manner Fabrik. Je nach dem wie der Wind steht, wehen einem unterschiedliche Düfte um die Nase.

An meinem ersten Tag wurde ich sehr herzlich in der MA 17 begrüßt und aufgenommen. Hier sind alle per Du und es herrscht eine ganz offene und eher verwaltungs-untypische Arbeitsweise und Kultur. Ich fühle mich also gleich wohl und werde allen Kolleg:innen vorgestellt.

Meine Highlights und Learnings aus der ersten Woche:
• In der Abteilung MA 17 arbeiten ca. 50 Mitarbeitende und es werden 30 verschiedene Sprachen gesprochen. Hier wird die Wiener Stadtgesellschaft innerhalb der Verwaltung abgebildet und Diversität wirklich gelebt.
• Das Wiener Leitungswasser kommt aus einer Hochquelle und schmeckt köstlich weich.
• Im öffentlichen Raum gibt es in Wien überall schön gestaltete Bepflanzungen und jede Menge Sitzgelegenheiten, die rege genutzt werden. Der öffentliche Raum wird wirklich als Raum für Begegnung und Wohnzimmer an der frischen Luft genutzt.
• Ein Jahresabo für den öffentlichen Nahverkehr kostet 365€. Also 1€ pro Tag. Eine von vielen Strategien Wiens, die Stadt immer autofreier zu machen.

Diese Woche habe ich viele spannende und inspirierende Gespräche geführt. Allein die Lebensgeschichten der Mitarbeitenden der MA 17 sind so vielfältig und bewegend.

Ein besonderes Highlight in dieser Woche war der interreligiöse Dialog in einer Moschee. Hier kommen regelmäßig Vertreter:innen verschiedenster Glaubensgemeinschaften zusammen und tauschen sich aus über Entwicklungen im Gräzel (Kiez), planen gemeinsame Veranstaltungen und Projekte.

Community KommunikatorInnen

Community-Kommunikator*innen

2. Woche in Wien: erfolgreicher Kick-Off mit den Wiener Community Kommunikator*innen

Meine zweite Woche in Wien bei der Abteilung MA 17, Integration und Diversität begann gleich mit einem Highlight. Am Montag wurde der Start des Projekts “Community-Kommunikator*innen” mit einer feierlichen Kick-Off-Veranstaltung gefeiert.

Im Rahmen dieses Projekts engagieren sich Wiener*innen ehrenamtlich für ein gutes Zusammenleben in Wien.

Was machen Community Kommunikator*innen?
• Wissen über die Stadt Wien innerhalb von Communities verbreiten
• Anregungen und Bedürfnisse aus den Communities an die Stadt Wien weitergeben
• Vernetzung und Austausch zwischen unterschiedlichen Communities fördern
• In Kooperation mit der Stadt Wien Veranstaltungen organisieren 51 Community-Kommunikator*innen sind zum Kick-off gekommen. Insgesamt waren ca. 70 Personen anwesend. Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr war sehr erfreut über das große Interesse am Projekt.

Einige Statement-Geber*innen sprachen über ihre Motivation, bei dem Projekt mitzumachen:
• die philippinische Community in Wien sichtbarer machen
• die polnisch-österreichische Verständigung verbessern
• eine Community supporten, auch ohne Teil von ihr zu sein
• als Studentin die Communities wissenschaftlich begleiten
• die madagassen in Österreich supporten, sich schneller zu integrieren und zurecht zu finden
• mit Missverständnissen aufräumen – als nigerianische Muslima sieht sich eine Teilnehmerin mit vielen Vorurteilen und Missverständnissen konfrontiert

Für ihre Rolle als Community Kommunikator*innen werden die Teilnehmenden ausführlich geschult und können auch freiwillige Praktikumstage in der MA 17 absolvieren. Mit Sicherheit also ein rundum spannendes Projekt für alle beteiligten, was auch berufliche Qualifikationen mit sich bringen wird.

Und jetzt noch das Foto dieser beeindruckenden Zusammenkunft. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Projekt entwickeln wird. Und bin vor allem beeindruckt von der regen Beteiligung in Wien.

3. Woche in Wien: Leitbild der Abteilung, Wissenssicherung und Nationalfeiertag

Wow! Die Zeit verfliegt so schnell, kaum zu glauben, dass die dritte Woche der Hospitation bereits vorbei ist.

Diese Woche habe ich mich vor allem den Strukturen und Arbeitsweisen in der Abteilung zugewendet und durfte im Bereich Öffentlichkeitsarbeit der MA 17 Einblicke in deren Prozesse gewinnen.

Doch nochmal kurz zurück gespult an den Anfang: Was mich gleich am ersten Tag begeistert hat: die MA 17 hat ein Leitbild. Das hat die Abteilung vor vielen Jahren gemeinsam erarbeitet und alle haben es unterschrieben. Egal in welches der Büros ich komme, das Leitbild begegnet mir immer wieder. Und ich bekomme von den Mitarbeitenden bestätigt, dass sie sich damit identifizieren und gern immer wieder drauf schauen.
In dem Leitbild ist festgehalten, wer die Abteilung ist, welches Ziel sie verfolgt, wie sie das tut, mit welcher Haltung, für wen und wie sich Mitarbeitende und Führungskräfte verhalten wollen.
“Die MA 17 ist das Kompetenzzentrum Wiens für Integration und Diversität. Sie setzt sich ein für eine Stadt ohne Diskriminierung und Rassismus.” heißt es gleich eingangs.

Das ist hier jeden Tag spürbar und ich bin mir jetzt schon sicher, dass dieses Leitbild auch für die OE SPK in Lichtenberg eine Inspirationsquelle sein kann.

Dann bekam ich Einblick in das System der Wissenssicherung und Qualitätssicherung bei der Öffentlichkeitsarbeit. So simpel, so wertvoll: hier haben die Mitarbeitenden für alle Aufgabenbereiche und die darin vorkommenden Routineaufgaben Checklisten und Abläufe festgehalten, sodass jederzeit jede Person in der Lage sein kann, die andere zu vertreten und den Betrieb am Laufen zu halten. Ich bin beeindruckt von dem verständlichen System und nehme auch hier viel Inspiration für Berlin mit.

Am 26.10. war der österreichische Nationalfeiertag. Habt ihr gewusst, dass Österreich sich der immerwährenden Neutralität verpflichtet hat? Von der Schweiz war mir das bekannt. Von Österreich hatte ich es nicht wirklich auf dem Schirm. Dieser Tag wird hier begangen, wie vielerorts Feiertage begangen werden: die Wiener:innen lassen es sich gut gehen, essen, trinken, gehen ins Museum etc.

Und dann gibt es vom Bundesheer (vergleichbar mit der Bundeswehr) “Feierlichkeiten” auf dem Heldenplatz. Das ist der Platz, an dem Hitler seine Rede zum Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische “Deutsche Reich” hielt. Also bis heute ein Platz, der die Fragen aufwirft: Wer sind die “Helden”? Und für wen sind sie es (nicht)? An wen und woran soll (nicht) erinnert werden?

Die “Feierlichkeiten” des Bundesheeres bestehen aus einer umfassenden Leistungsschau mit Auffahrt von Panzern, Schaufliegen, Treuegelobung, Zapfenstreich und noch vielem mehr. Schulklassen sind vor Ort und werden mit dem Leben beim Bundesheer vertraut gemacht. Viele Menschen winken den Panzern freudig zu.
Ich mache schnell wieder kehrt. Schon seltsam, dass selbst in Anbetracht der aktuellen Weltlage und der vielen Kriege und bewaffneten Konflikte diese Show stattfindet. So empfinde ich es zumindest. Vor allem vor dem Hintergrund, dass auch in Wien sehr viele Vertriebene Zuflucht suchen und von den Erlebnissen in Kriegsgebieten schwer traumatisiert sind.

4. Woche in Wien: Dein Wien. Deine Stadt

Wow! Und schon sind vier Wochen rum. Die Zeit rast so sehr. Ich kann schon jetzt sagen: gern würde ich noch weitere vier Wochen bleiben, um noch mehr Einblicke zu bekommen und Learnings mitzunehmen.

Key Learnings aus meiner Zeit über Stadt und Verwaltung:
  • Wien ist eine sehr menschenfreundliche Stadt und das bildet sich in der Stadtgestaltung und der Umsetzung der Strategie Wien 2030 ab.
  • Wenn Diversität nach Innen gelebt wird (in diesem Fall der Personalstruktur), kann sie auch nach außen authentisch wirksam werden. Die Zusammenarbeit der MA 17 mit den unterschiedlichsten Wiener Communities ist authentisch und von Wirksamkeit geprägt.
  • Das Leitbild der Abteilung hilft allen, in ihrem Alltag den Fokus zu halten und prägt den Arbeitsalltag. Das gelingt vor allen Dingen, wenn alle das Leitbild gemeinsam entwickeln und sich dazu verpflichten, nach den gemeinsamen Werten zu Arbeiten.
  • Zwei Fragen hörte ich in der MA 17 und auch in der Personalabteilung immer wieder: “Was kann ich noch besser machen?” “Was können wir noch besser machen?” Mit solch einer Haltung ist viel Veränderung und Wachstum möglich. Sie prägt die Arbeitskultur der Wiener Verwaltung. Und somit letztlich den Service für alle in Wien lebenden Menschen.

Zu guter Letzt konnte ich Wien noch etwas zurückgeben. Bei der Veranstaltung “Dein Wien. Deine Stadt – Einmal Migrant*in, immer Migrant*in? Vielfalt als Bereicherung und Herausforderung” habe ich live ein Graphic Recording erstellt. Für diese Dialogrunde kamen etwa 50 Menschen aus unterschiedlichen Communities ins Amtshaus Favoriten und diskutierten miteinander über Ihre Erfahrungen. Deshalb gibt es zum Abschluss kein Foto von mir, sondern eine visuelle Zusammenfassung des Events.

Veranstaltung “Dein Wien. Deine Stadt - Einmal Migrant*in, immer Migrant*in?

Veranstaltung “Dein Wien. Deine Stadt - Einmal Migrant*in, immer Migrant*in?