Während der Pandemie konnten Wahlversammlungen im vereinfachten Verfahren zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung (SBV) auch virtuell als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden. Ab 20. März 2022 gilt eine Änderung der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen (SchwbVWO), mit der diese Praxis dauerhaft ermöglicht wird.
Mit dem Teilhabestärkungsgesetz wurde in § 28 SchwbVWO die Möglichkeit geschaffen, Wahlversammlungen im vereinfachten Wahlverfahren nicht nur in Präsenz, sondern auch mittels Video- und Telefonkonferenz abzuhalten. Die Stimmabgabe erfolgte dann per Briefwahl. Diese Sonderregelung war bis 19. März 2022 gültig. Der Gesetzgeber hat die Wahlordnung nun dahingehend geändert, dass die Regelung auch unabhängig von der COVID-19-Pandemie bestehen bleiben und dauerhaft etabliert werden kann. Dazu wird der § 28 aufgehoben. Dem § 20 wird dafür folgender Absatz 5 angefügt:
„(5) Die Wahlversammlung der Schwerbehindertenvertretung kann im vereinfachten Wahlverfahren mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Für die Ausübung des Wahlrechts durch Stimmabgabe bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung und ihrer stellvertretenden Mitglieder gilt § 11 entsprechend.“
Die während der Pandemie eingeführte Norm habe sich in der Praxis bewährt. Insbesondere durch die digitalen Möglichkeiten könne die Teilhabe von schwerbehinderten Menschen gesteigert werden, wenn die technischen Voraussetzungen vorhanden sind, heißt es in der Begründung zur Änderung der Verordnung (Bundesrats-Drucksache 108/22). Mit ähnlicher Begründung wurde auch eine Sonderregel zur Briefwahl in der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) verstetigt: Nach § 21 Abs. 6 WMVO kann der Wahlvorstand beschließen, dass die Wahl des Werkstattrats auch als Briefwahl durchgeführt wird (Bundesrats-Drucksache 109/22).
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnt es ab, die zuvor befristete Regelung als generelle Regelung zu implementieren. „Im vereinfachten Verfahren findet der gesamte Wahlvorgang inklusive Einreichung und Diskussion der Wahlvorschläge statt. Eine Video- oder Telefonkonferenz ist hierfür nur bedingt geeignet“, heißt es in einer Stellungnahme des DGB. Kritisiert wird darüber hinaus, dass es keine konkreten Verfahrensvorgaben für das schriftliche Verfahren gibt, sondern allein auf § 11 SchwbVWO verwiesen wird. Daraus würden sich zu viele Unklarheiten ergeben, wie z. B. wer die Entscheidung trifft, ob die Wahlversammlung in Präsenz oder virtuell stattfindet oder welche Fristen für die Erstellung der Wahlunterlagen sowie für das Zurücksenden Wahlunterlagen anzuwenden sind. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften schlagen vor, für das vereinfachte Verfahren die Möglichkeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe zu nutzen, wie sie im vereinfachten Verfahren
bei der Betriebsratswahl vorgesehen ist (§§ 14 a Abs. 4 BetrVG, 35 WO-BetrVG). Diese ermöglicht Wahlberechtigten, die an der Wahlversammlung nicht teilnehmen können, eine nachträgliche Stimmabgabe bis 3 Tage vor der Wahlversammlung zu beantragen.