Wichtiger Hinweis!

Gegenwärtig bemühen wir uns um die Überarbeitung unseres Internetauftritts. Daher bitten wir um Verständnis, wenn einige Bereiche der Website derzeit nicht auf dem aktuellen Stand sind.

(Digitale) Barrierefreiheit am Arbeitsplatz

Bedürfnisse blinder und sehbeeinträchtigter Menschen

Jeder blinde bzw. sehbeeinträchtigte Mensch ist ein Individuum, sie können nicht miteinander verglichen werden. Daher ist auch keine Verallgemeinerung in der Hilfsmittelberatung und Ausstattung zu machen. Es ist keine Massenausstattung, sondern eine individuelle Anpassung des Arbeitsplatzes.
Zunächst hat eine sehr genaue Analyse des Arbeitsplatzes zu erfolgen. Es wird analysiert welche Aufgaben anfallen, welche technischen Möglichkeiten oder auch Assistenzmöglichkeiten es gibt. Es wird als erstes ein genauer Hilfsmittelbedarf festgelegt, der sich im Verlauf bzw. der Erprobung nochmals ändern kann. Als zweiter Schritt erfolgt die Erprobung unterschiedlichster Hilfsmittel diverser Hersteller.
Es entscheidet nicht der Arbeitgeber, auch nicht der Rehabilitationsträger oder Hilfsmittelhersteller/-berater, sondern alleine der/die betroffene-, blinde oder sehbeeinträchtigte Benutzer/in, welche Hilfsmittel er/sie am besten bedienen kann. Dabei ist es unwichtig, wie umfangreich die Ausstattung ist, was sie kostet oder von welchem Hersteller die Ausstattung produziert und geliefert wird. Im Vordergrund steht die erfolgreiche und bestmögliche Bedienbarkeit.
Was für den/die eine/n Benutzer/in ein tolles Produkt ist, kann für den/die andere/n Benutzer/in eine Barriere sein. Grundsätzlich ist zu vermeiden, zentrale Serverinstallationen von Hilfsmittelsoftware durchzuführen. Zu raten ist, dass Hilfsmittelsoftware direkt auf dem Arbeitsplatz-PC installiert wird.

Andere Anforderungen an ihre Arbeitsplätze

Hilfsmittelausstattungen sind sehr komplexe Systeme, die bei nicht genügender Leistung, nicht genügender Barrierefreiheit oder Fehlerquellen sehr störanfällig sind, daher ist es erforderlich, entsprechende Leistungsanforderungen, die nicht den Standardanforderungen von Menschen ohne Beeinträchtigung entsprechen, einzuhalten.

Warum kann mit Virtualdesktopsystemen nur eingeschränkt gearbeitet werden?

Viele Unternehmen und Behörden arbeiten mit Virtualdesktopsystemen. Diese stellen aufgrund der grafischen Oberfläche aber ein Problem dar. ZoomText, Jaws und SuperNova Enterprise können zwar installiert werden, aber die Barrierefreiheit ist nur eingeschränkt möglich.
Virtualdesktopsysteme sollten daher vermieden werden, stattdessen sollte ein Windowssystem mit direktem Zugriff auf Fach- und Standardanwendungen zur Verfügung gestellt werden.

Warum gibt es verschiedene Finanzierungssysteme der Hilfsmittel?

Es wird zwischen mobilen und standortgebundenen Hilfsmitteln unterschieden.

Mobile Hilfsmittel (Finanzierung Rehabilitationsträger)

Hilfsmittel, die vom Rehabilitationsträger finanziert werden, gehen in das Privateigentum des betroffenen Beschäftigten über. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers kann der/die Beschäftigte die Hilfsmittel zum neuen Arbeitgeber mitnehmen.
Wichtig ist, dass die mobilen Hilfsmittel am Arbeitsplatz über den Arbeitgeber in der Versicherung des Gebäudes oder der Büroausstattung mitversichert werden. Der Arbeitgeber ist sogar dazu verpflichtet. Ebenfalls ist er dazu verpflichtet dies schriftlich zu bestätigen, damit im Schadensfall klargeregelte Zuständigkeiten vorhanden sind.

Beispiele für mobile Hilfsmittel

  • Große Bildschirme
  • Großschrifttastatur
  • Schwenkarm
  • Bildschrimlesegerät oder Kamerasystem zum Lesen von Schwarzschriftdokumenten mit Zubehör
  • CDs oder DVDs mit Lizenzen von Vergrößerungssoftwareprogrammen und Screenreadern
  • Brailledrucker
  • Braillezeile
  • Vorlesesystem, auch mobile Vorlesesysteme wie OrCam und andere
  • Arbeitsplatzscanner für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen
  • Elektronische Leselupen
  • Spezielle Arbeitsplatzbeleuchtung auf dem Schreibtisch
  • Gegebenenfalls vom Rehabilitationsträger finanzierter PC mit Zubehör

Standortgebundene Hilfsmittel

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber bleiben die Hilfsmittel im Eigentum des Arbeitgebers und können nicht mitgenommen werden. Diese Hilfsmittel werden über § 50 SGB IX vom Integrationsamt als Förderzuschuss finanziert.
Diese Hilfsmittel sind entweder an das Gebäude oder an die betriebliche Telefonanlage angepasst und können nur dort funktionieren.

Beispiele für standortgebundene Hilfsmittel

  • Rollstuhlrampen
  • Aufzüge
  • Abdunkelungsmöglichkeiten für sehbeeinträchtigte Menschen (Rolladen und ähnliche)
  • Dimmbare Deckenbeleuchtung für sehbeeinträchtigte Menschen
  • Türbeschriftungen in Punkt- oder Pyramidenschrift für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen
  • spezielle Markierungsstreifen an Treppenstufen für sehbeeinträchtigte Menschen
  • Blindenleitsystem für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen
  • spezielle Sonderarbeitsplätze mit speziellen Braillezeilen und spezieller Vergrößerungs- und Screenreaderzugangssoftware für Unternehmensgebundene Telefonieanlagen (Telefonieanlagensteuerung über spezielle Telefonie-PCs)

Warum ist die Zusammenarbeit zwischen örtlicher IT und den Hilfsmittelberatern so wichtig?

Damit die Hilfsmittelausstattung und die betriebliche PC-Umgebung stabil und fehlerfrei zusammen funktionieren, ist eine Zusammenarbeit zwischen Hilfsmittelberater und betrieblicher IT notwendig. Vor der Einrichtung des Arbeitsplatzes ist es notwendig die Details zu besprechen, damit der Arbeitsplatz für das Funktionieren der Hilfsmittelausstattung ausreichend vorbereitet ist.
Im Vorfeld muss ein Termin zur Installation der Hilfsmittelausstattung vereinbart werden, damit die betriebliche IT zur Administrationsfreigabe vor Ort ist. Somit Kann der Hilfsmittelberater die Installation und Konfiguration der Hilfsmittelausstattung durchführen.

Möglichkeiten Telefone und Kopierer barrierefrei zugänglich zu machen?

Die betriebliche IT kann mit dem Hersteller der betrieblichen Telefonanlage Kontakt aufnehmen, um über die zu installierende Steuerungssoftware für das Arbeitsplatztelefon zu sprechen. Dies muss barrierefrei (screenreadertauglich) sein.
So könnte mit der vorhandenen Arbeitsplatzhilfsmittelausstattung über den PC das Arbeitsplatztelefon bedient werden.
Auch für den Kopierer kann nach einem Steuerungsprogramm zur Installation am Arbeitsplatz-PC gefragt werden.

Moderne Kommunikationsmittel barrierefrei nutzen

Wie können blinde und sehbeeinträchtigte Menschen mit modernen Touchhandys und Tablets arbeiten? Die Betriebssysteme Android und IOS bieten bereits barrierefreie Funktionen an. Handys und Tablets mit Androidsystem sind nur eingeschränkt barrierefrei bedienbar. Geräte mit IOS-Betriebssystem (Apple) bieten mittlerweile eine sehr hohe Barrierefreiheit mit den vorhandenen Sprachbefehl- und Sprachausgabe-Apps Siri und VoiceOver an.

Softwareprodukte und Hardwaretreiber immer aktuell halten

Screenreader und Vergrößerungssoftware müssen aktuell gehalten werden. Seit 2018 gibt es jedes Jahr eine neue Software. Diese sollte auch installiert werden, um eine bestmögliche Barrierefreiheit gewährleisten zu können und um Fehler auszubessern. Hardwaretreiber, Betriebssystem und Treiber der Grafikkarte sollten auch regelmäßig aktualisiert werden, um einen stabilen und barrierefreien Betrieb zu gewährleisten.

Blinden- und Sehbehindertenhilfsmittel sind kein Datenschutzleck

Datenschutzbeauftragte und IT-Sicherheitsbeauftragte denken, dass Hilfsmittelausstattungen ein Sicherheitsrisiko für die Netzwerkinfrastruktur sind.
Hardware und Software sind keine Spionagehardware bzw. -software. Sie dienen dazu Beeinträchtigungen bei der Bedienung des PCs auszugleichen.
Ohne Hilfsmittel zum Ausgleich der Beeinträchtigung ist eine aktive Teilhabe am Arbeitsleben nicht möglich.

Viren- und Firewallschutz für besondere Arbeitsplätze

Seitens der betrieblichen IT sind nach BITV 2.0 konformen Viren- und Firewallschutzprogrammen zu suchen, die mit blinden- und sehbeeinträchtigtenspezifischen Hilfsmitteln kompatibel sind.

Was ist wichtig damit Fachanwendungen barrierefrei zugänglich sind?

Fachanwendungen müssen mit der Tastatur navigierbar und bedienbar sein. Anmeldefenster sollten im Programmfenster eingebettet sein und nicht als grafisches Popupfenster erscheinen. Popupfenster sind grafische Elemente, die nicht von einer Braillezeile oder einem Screenreader erkannt werden.
Fachanwendungen, die Formularfelder enthalten, sollten diese im Hintergrund mit einer Bezeichnung versehen haben. Somit kann bei der Navigation auf ein Feld die Hintergrundbezeichnung vorgelesen werden. Das hilft bei der Orientierung im Formular.

Barrierefreiheit Internet- und Intranetportale:

  1. Inhalt auf eine Seite – keine Frames
  2. Keine Bilder oder nur Bilder außerhalb des Navigationsbereiches und auch keine im Bild eingefügten Texte (Blinde Menschen können Bilder nicht auf Braillezeile mit Screenreader darstellen. Es wird nur der Dateiname oder gar nichts angezeigt.)
  3. Kein Menübutton verwenden. Dieser ist ein grafisches Element und ist mit der Braillezeile nicht bedienbar.)
  4. Die Navigation läuft hauptsächlich über die Tastatur.
  5. Downloaddokumente im PDF-Format als Text-PDF und nicht als Bild-PDF zur Verfügung stellen.
  6. Nach Möglichkeit ist ein Kontrasttool als zusätzliche Schaltfläche zur Verfügung zu stellen. Menschen mit Sehbeeinträchtigung sind sehr blendempfindlich und brauchen einen dunklen Hintergrund und eine helle Schrift.

Was ist bei einer Systemumstellung zu beachten?

Bei Umstellungen auf neue PCs und neue Betriebssysteme ist die Zusammenarbeit mit betroffenen Beschäftigten, deren Hilfsmittelherstellern bzw. -beratern und der betrieblichen Schwerbehindertenvertretung zwingend notwendig.
Als Vorbereitung vor einer PC-Bestellung und vor Umstellung des Betriebssystems muss die Kompatibilität der Hilfsmittelausstattung mit dem neuen Betriebssystem geprüft werden. Sollte diese nicht gegeben sein, ist vom Beschäftigten nach § 49 SGB IX beim Rehabilitationsträger eine aktuellere Version der Hilfsmittelsoftware und gegebenenfalls ein Hardwareaustausch zu beantragen. Der Austausch muss erfolgen, falls es keine Treiber für die derzeitige Hardware gibt. Für die Beantragung ist kein Zweitangebot (wie bei der Neubeschaffung) notwendig, da nur die vorhandene Software auf eine aktuelle Version aktualisiert werden soll. Es ist daher keine neue Komplettausstattung.

Was ist bei der Kundenbetreuung wichtig zu wissen?

Blinde und sehbeeinträchtigte Beschäftigte können keine aufgeklebten Rechnerbeschriftungen lesen. Im Vorfeld muss der PC als Sonderarbeitsplatz gekennzeichnet sein und eine Liste der Sonderarbeitsplätze mit Namen der Beschäftigten geführt werden. Grafische Popupmeldungen auf dem Bildschirm können von Screenreadern nicht gelesen werden. Statt einer Fernwartung ist eine Fehlerbehebung direkt am Sonderarbeitsplatz durchzuführen. Bei Fehlern oder Konfigurationsproblemen an der Hilfsmittelausstattung ist alleine der Hersteller zuständig. Die Behebung solcher Fehler oder Probleme muss durch Fachpersonal durchgeführt werden, ebenso Updates und Hilfsmittelinstallationen. Bei Installationen und Konfigurationen, bei denen eine Administrationsoberfläche gebraucht wird, ist es wichtig, dass die örtliche IT beim Termin vor Ort ist. Sie muss Administrationsfreigaben erteilen und den Mitarbeiter des Hilfsmittelherstellers unterstützen.