Januar 2024: Neuköllns Denkmal des Monats

INDUSTRIE- UND FABRIKGEBÄUDE

Für den Januar haben wir uns für das Thema Industrie- und Fabrikgebäude entschieden und möchten drei Denkmale vorstellen:

  1. der Wasserturm Leykestraße
  2. die Geyer-Werke
  3. die Späthstraßenbrücke
Ziegelstein-Wasserturm mit Rundbogenfries und Zinnen vor blauem Himmel

DER WASSERTURM LEYKESTRASSE

Mit der zunehmenden Industrialisierung und steigenden Bevölkerungszahlen, wurde die Wasserversorgung ein zentrales Thema für Städte und Gemeinden.
1887 hatte die Gemeinde Rixdorf einen Versorgungsvertrag mit den Charlottenburger Wasserwerken zu Westend abgeschlossen, die sofort mit dem Bau eines Wasserverteilungsnetzes begannen.

DER BEDARF

Da sich die Einwohnerzahl von Rixdorf innerhalb kürzester Zeit verdoppelt hatte, schien die kontinuierliche Wasserversorgung vom weit entfernten Wasserwerk Beelitzhof gefährdet und man begann bereits 1893 mit den Planungen, nahe des damaligen Ortszentrums auf den Rollbergen einen Wasserturm zu errichten. Dieser wurde mit einer Höhe von 40 Metern der größte von insgesamt vier Wassertürmen, die die Charlottenburger Wasserwerke zu Westend ausführen ließen.

DIE ARCHITEKTUR

Den Entwurf lieferte der Architekt Otto Techow. Gestalterisch erinnert der ziegelsichtige Wasserturm durch den Rundbogenfries und einem Abschluss mit Zinnen an einen mittelalterlichen Burgturm. Im Inneren befindet sich in einer Höhe von 30 Metern der Wasserspeicher aus genietetem Stahl. Dem Prinzip der kommunizierenden Röhren folgend musste der Behälter höher als die zu versorgenden Wohnungen liegen. So konnte ein konstanter Druck in den Wasserleitungen gesichert werden.

DAS STADTBILD

Über 100 Jahre war der Wasserturm in Betrieb bis er 1999 still gelegt wurde.
Heute nicht mehr in Nutzung, prägt er aufgrund seiner freistehenden Position und seiner Dimension aber noch immer das Stadtbild von Neukölln.

Ausschnitt aus dem Wasserturm Leykestraße in Neukölln mit Erklärtexten zu Rundbogenfries: aneinandergreihte Halbkreise, Ornamente aus der mittelalterlichen Baukunst, Zinne: quaderförmige Schutzmauern auf Mauerkrone, und ziegelsichtig: unverputzt, man sieht die Ziegelsteine
Fassade der Geyer-Werke in Neukölln aus der Froschperspektive mit dem Portal-Schriftzug im Fokus: Geyer-Werke AG; ein braunes Ziegelsteingebäude

DIE GEYER-WERKE

Das Fabrik-Denkmal der ehemaligen Geyer-Werke befindet sich in der Nähe vom Kiehlufer am nordöstlichen Rand von Neukölln in der Harzer Straße 39.

BAUGESCHICHTE

Das straßenseitige Hauptgebäude unterteilt sich in einen fünfgeschossigen Bau von 1911 mit Putzfassade sowie Quaderung im Sockelbereich und den südlich angeschlossenen viergeschossigen Bau, der nach Entwürfen von Otto Rudolf Salvisberg in den Jahren 1927 – 28 errichtet wurde. Der Erweiterungsbau besitzt einen turmartigen Aufbau und eine Klinkerfassade, welche im Stil der Neuen Sachlichkeit mit Anklängen des Expressionismus gehalten ist. Der Architekt Salvisberg wirkte zu dieser Zeit auch an den Siedlungen der Berliner Moderne Reinickendorf und Zehlendorf mit.
Das sogenannte „Olympiagebäude“, ein funktionalistischer, zweigeschossiger Bau mit Putz- und Klinkerfassade, wurde 1936 auf dem Hof errichtet. Die Gebäude der Filmkopieranstalt dokumentieren das sich wandelnde Verständnis von Gewerbegebäuden und sind im Hinblick auf die Film-, Wirtschafts- und Architekturgeschichte von besonderer Bedeutung.

Fassade der Geyer-Werke in Neukölln; ein braunes Ziegelsteingebäude mit großen Fenstern zur Straßenseite

NUTZUNGSGESCHICHTE

Die Filmkopieranstalt gehört zu den wenigen Neuköllner Unternehmen, die über Berlin hinaus bekannt wurden. Der Ingenieur Karl August Geyer gründete 1911 eine Fabrik zur technischen Bearbeitung, das heißt zur Entwicklung und Vervielfältigung von Kinofilmen. Das war deutschlandweit ein Novum. Zahlreiche bekannte Kinofilme wurden in den Geyer-Werken bearbeitet. Für den Propagandafilm „Olympia“ wurde für die Regisseurin Leni Riefenstahl das Gebäude auf dem Hofgelände errichtet.
Heute ist in den Gebäuden der Geyer-Werke unter anderem noch ein Tonstudio ansässig. Der Schriftzug über dem Eingangstor und in den Klinkerbändern der Eingangsfassade erinnert an den ehemaligen Sitz des Filmkopierwerks.

Erklärgrafik zum Geyer-Werke Gebäude; die Klinkerfassade, expressionistischen Elemente, der turmartige Aufbau und die Putzfassade mit Quaderung im Sockelbereich werden mit bunten Pfeilen verdeutlicht
Ausschnitt der Späthstraßenbrücke; Stahlfachwerk mit feingliedrigen Verstrebungen mit schmuckvollen Brüstungsgitter für die Fussgängerwege

DIE SPÄTSTRASSENBRÜCKE

Die Britzer Späthstraßenbrücke entstand um 1905 im Zuge der Anlegung des Teltowkanals. Dieser sollte, als Querverbindung zwischen Havel und Dahme, den Schiffsverkehr im Zentrum Berlins entlasten. Die Stahlfachwerkträgerbrücke dient seither als Straßenbrücke mit seitlich angrenzenden Fußwegen, die die Stadtteile Britz und Baumschulenweg miteinander verbindet.

ARCHITEKTUR

Die Brückenkonstruktion ruht auf zwei in die Uferböschungen eingebrachten Ziegelsockeln. Das Skelett des Brückenkastens setzt sich aus dreieckigem Stahlfachwerk mit feingliedrigen Verstrebungen oberhalb der Fahrbahn zusammen. Die Späthstraßenbrücke steht nicht nur aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung unter Denkmalschutz. Durch das funktional gehaltene, genietete Fachwerk und die, in Anlehnung an den Jugendstil gestalteten, schmuckvollen Brüstungsgitter, verbindet sie bautechnische Notwendigkeit mit künstlerischem Anspruch. So stellt sie ein charakteristisches Zeugnis der Brückenbauweise vor dem ersten Weltkrieg dar.

FUNKTION

Als Verbindungsstück zwischen Neukölln und Treptow-Köpenick kommt der Brücke zudem eine bewegte historische und städtebauliche Bedeutung zu. Als einzige Teltowkanalbrücke wurde sie 1945 nicht von der Wehrmacht gesprengt. Durch den Bau der Berliner Mauer, die auf der Treptower Seite entlang des Teltowkanals verlief, verlor die Brücke ihren Anschluss an den Stadtteil Baumgarten und damit schlussendlich doch ihre Funktion; die Fahrbahnplatte wurde demontiert. Nach der Wiedervereinigung, der Aufnahme 1990 in die Berliner Denkmalliste und einer umfassenden, 1992 erfolgten Instandsetzung, verlor das technische Bauwerk bald zum zweiten Mal seinen Treptower Anschluss und damit seine Funktion. Mit dem Bau der A113 entlang des ehemaligen Mauerverlaufes Anfang der 2000er Jahre wurde die Brücke entwidmet und stillgelegt.

DIE ZUKUNFT DES DENKMALS

Wie so oft bei technischen, industriellen und infrastrukturellen Bauten gestaltet sich die Nach- oder Umnutzung der Späthstraßenbrücke schwierig. Doch auch wenn die zukünftige Wiedereröffnung des Bauwerks ungewiss ist, wird es dank seines Denkmalwertes als bautechnisches Zeugnis erhalten bleiben.

Aufnahme der Späthstraßenbrücke in Neukölln mit Uferanschnitt, Schifffahrtsschild und Zweige im Vordergrund