Ich frage das Bezirksamt:
1.) Wie bewertet das Bezirksamt den Umstand, dass bei der Zustellung der Steueridentifikationsnummer etwa 10% der Briefe ihren Empfänger nicht erreichten?
2. Sind Presseberichte zutreffend, dass es sich hier um "verschwundene Berliner" handelt und diese Menschen nun aufwendig gesucht werden müssen?
3. Besteht der Verdacht, dass eine Vielzahl von Rückläufern durch Scheinanmeldungen begründet ist und wenn ja, welche Vorteile kann sich jemand durch solche Scheinanmeldungen verschaffen?
Zusatzfragen:
1. Welche Kosten entstehen dem Bezirksamt für diese Suche?
2. Was unternimmt das Bezirksamt, um Fehlentwicklungen des Melderegisters zukünftig zu vermeiden?
Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg 05.05.09
Abteilung Wirtschaft, Bürgerdienste und Ordnungsamt
BVV Büro
über
BzBm
Schriftliche Beantwortung der mündliche Anfrage DS/1224/III des BV Herr Dahl (SPD) Verschwundene Berliner
Sehr geehrter Herr Dahl,
Ihre o.g. Anfrage beantworte ich wie folgt:
1.) Wie bewertet das Bezirksamt den Umstand, dass bei der Zustellung der Steueridentifikationsnummer etwa 10 % der Briefe ihren Empfänger nicht erreichten
Der außergewöhnlich hohe Rücklauf erfolgloser Zustellungen der Schreiben zur Steueridentifikationsnummern an alle Bürgerinnen und Bürger ist im wesentlichen
auf die Abschaffung der sogenannten Nebenmeldepflicht des Wohnungsgebers zurückzuführen. Das melderechtliche Anmeldeverfahren sah bis zur Gesetzesnovelle im Jahr 2002 vor, dass der Wohnungsgeber bei der An- und Abmeldung zur Mitwirkung verpflichtet ist. Diese Nebenmeldepflicht - Unterschrift des Wohnungsgebers auf der Anmeldung oder Vorlage des Mietvertrages - ist seit dem 01. Juni 2004 nach einer Absprache der Innenministerien des Bundes und der Länder im Vorgriff auf melderechtliche Neuregelungen weggefallen.
Mit Schreiben der Senatsverwaltung für Inneres vom 17. Mai 2004 und Schreiben des LABO`s vom 18.05.2004 sind die Bürgerämter der Stadt angehalten worden bei Anmeldung in einer Wohnung keine Bestätigung des Wohnungsgebers - Vorlage des Mietvertrages oder Unterschrift - zu fordern. Seit dieser Zeit ist eine Zunahme rechtswidriger Anmeldungen, sog. Scheinmeldungen - zu verzeichnen.
Andere Gründe für die Nichtzustellung der Briefe sind z.B. die Nichtbeschriftung der Briefkästen.
2.) Sind Presseberichte zutreffend, dass es sich hier um "verschwundene Berliner" handelt und diese Menschen nun aufwendig gesucht werden müssen?
Es handelt sich hierbei weniger um ,,verschwundene Berliner" als vielmehr um solche, die sich zwar angemeldet haben, tatsächlich aber nicht in diese Wohnung eingezogen sind. Diese Personen werden nach wiederholten Anschreiben durch die Bürgerämter, gerichtet auch an den Wohnungsgeber, im Ergebnis aus dem Melderegister von Amts wegen abgemeldet.
3.) Besteht der Verdacht, dass eine Vielzahl von Rückläufen durch Scheinanmeldungen begründet ist und wenn ja, welche Vorteile kann sich jemand durch solche Scheinanmeldungen verschaffen?
Der wachsende Anteil unzustellbarer Briefe (Schreiben Steueridentifikationnummer, Wahl- oder Abstimmungsbenachrichtigungen), die Zunahme der von Amts wegen durchzuführenden Abmeldungen und viele Mitteilungen von Wohnungsgebern lassen auf einen deutlichen Anstieg von Scheinmeldungen in unserer Stadt schließen.
Hier einige Beispiele, die hierzu veranlassen:
a) Vereitelung von Strafvollstreckungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen
b) Missbrauch von Leistungsbezug
c) Umgehung steuerlicher Tatbestände
d) Beeinträchtigung berechtigter Interessen von Privatpersonen (z.B. im Falle
der Durchsetzung von Vollstreckungstiteln)
e) Verstoß gegen aufenthaltsrechtliche Vorschriften bis hin zur Vereitelung von
Abschiebungsmaßnahmen
Darüber hinaus kann dies Auswirkungen auf unbeteiligte Personen haben (z.B. Polizei verschafft sich bei Gefahr im Verzuge gewaltsam Zutritt zur Wohnung).
Zusatzfragen:
1.) Welche Kosten entstehen dem Bezirksamt für diese Suche?
Dem Bezirksamt entstehen neben Personal - auch Sackkosten, wie z.B. für Papier,
Umschläge, Porto und Toner.
Für die Bearbeitung der nicht zustellbaren Schreiben (25.943) zur Steueridentifikationsnummer werden Kosten in Höhe von ca. 139.000 ? erwartet. Darin enthalten sind rd. 101.000 ? Personalkosten, 27.500 ? Portokosten, sowie Kosten für Paper, Toner und Umschläge in Höhe von 10.500 ?.
2.) Was unternimmt das Bezirksamt, um Fehlentwicklungen des Melderegisters zukünftig zu vermeiden.
Mit Schreiben vom 16.01.2009 stellte die Senatsverwaltung für Inneres fest. ,"Dem Begehren nach Wiedereinführung der Nebenmeldepflicht des Vermieters im Berliner Meldegesetzt bzw. der Aufnahme eines entsprechenden Sperrvermerkes im Melderegister kann aus rechtlichen Gründen nicht entsprochen werden. ... Die Regelungen des Bundesgesetzgebers (melderechtliche Anmeldeverfahren) waren von den Ländern in die jeweiligen Landesmeldegesetze zu übernehmen, wobei zu diesem Thema kein eigener Handlungsspielraum eingeräumt war."
Trotz dieser Stellungsnahme durch die Senatsverwaltung für Inneres sind die Stadträte für Bürgerdienste der Bezirke zur Zeit im Abstimmungsprozess. Dieser sieht vor, ab einem festgelegten Zeitpunkt bei der Anmeldung die Vorlage des Mietsvertrages oder die Unterschrift des Wohnungsgebers auf der Anmeldung zu verlangen. Wichtig ist es jedoch eine Lösung zu finden, die Berlineinheitlich umgesetzt wird. Sonderregelungen einzelner Bezirke sollten vermieden werden.
Inzwischen ist das Rechtsamt gebeten worden zu prüfen, inwieweit die Möglichkeit besteht, die Vorlage von Mietverträgen bei Anmeldungen aus den Nebenpflichten des Meldepflichtigen - § 14 Meldegesetz - abzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beckers
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DGS
