Unterwegs mit dem mobilen Toiletten-Team

Toiletten-Team

Ahmed Hamdi, Ibrahima "Papus" Sow und Job Quave Awuah

Seit Ende Juli ist in Kreuzberg das mobile Toiletten-Team unterwegs. Das gemeinsame Pilotprojekt des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg, der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt und dem Dienstleister Wall GmbH kümmert sich um die Toilettenanlagen im östlichen Kreuzberg. Das Projekt wird finanziert mit Mitteln aus dem Maßnahmenpaket des Berliner Sicherheitsgipfels. Damit sollen die öffentlichen Toiletten in den durch Drogenkonsum belasteten Sozialräumen mit hohem Nutzungsdruck wieder für die Allgemeinheit nutzbar gemacht und gehalten werden.

Der Bezirk und die Senatsverwaltung haben sich verständigt, das gemeinsame Pilotprojekt zunächst für zwei Jahre umzusetzen. Das Projekt wird bis Ende 2025 durch Mittel finanziert, die für Maßnahmen des Sicherheitsgipfels vom September 2023 zur Verfügung stehen. Für das Projekt stehen damit insgesamt rund 1,6 Millionen Euro bereit.
In der ersten Projektphase wurden fünf Toiletten im und direkt am Görlitzer Park betreut. Seit September sind vier weitere Standorte hinzugekommen. Im Spätherbst sollen dann die restlichen vier Toiletten im Bereich Kottbusser Tor und Warschauer Straße Teil der Tour werden.

Etwa 15 Minuten benötigen die Kollegen in der Regel für die Kontrolle und Reinigung eines Standortes. Sind die Verunreinigungen zu extrem, als dass sie mit ihren Werkzeugen beseitigt werden können, melden die Kollegen das an den Betreiber. Denn die Kollegen führen keine Chemiereinigungsprodukte mit sich. Dadurch dass sie fast stündlich nach dem Rechten sehen, hat sich der Hygienezustand der Toiletten bereits grundsätzlich verbessert. Zweimal am Tag kommt weiterhin auch das Reinigungsteam der Wall AG bzw. einer der von ihnen beauftragten Dienstleister. Diese Mitarbeiter*innen füllen dann auch die Verbrauchsmaterialien wie Toilettenpapier und Seife auf.

Toilette Falckensteinstraße

Morgendlicher Schichtbeginn in der Falckensteinstraße

Täglich sind vier Mitarbeiter des neuen Toilettenteams in zwei Schichten im Einsatz. Generell sind sie bislang in Zweier-Teams unterwegs. Einer der Mitarbeiter des neuen Teams ist Ahmed Hamdi. Gemeinsam mit seinem Kollegen Job Quave Awuah hat er an diesem Dienstagmorgen Ende September die Frühschicht, die um 7 Uhr morgens im Wrangelkiez beginnt. Die beiden treffen sich mit ihren Diensträdern und einem Fahrradanhänger, in dem die Ausrüstung verstaut ist, zu Schichtbeginn an der Berliner Toilette in der Falckensteinstraße. Dieser Standort gilt als besonderes Problemkind. Die Toilette wurde seit ihrer Einrichtung kaum für den dafür vorgesehenen Zweck genutzt. Stattdessen übernachteten dort Menschen oder konsumierten Drogen. Die Beschwerden der Nachbarschaft häuften sich. Nach Absprache zwischen Senatsverwaltung, Bezirksamt und Betreiber wurde die Toilette daher vorerst dauerhaft abgesperrt. Seit das Toiletten-Team im Einsatz ist, wird der aufgestellte Bauzaun rund um die Toilette morgens zu Schichtbeginn entfernt. So ist auch an diesem Morgen die erste Amtshandlung der beiden Kollegen, dass sie die sechs Fahrradschlösser öffnen und in ihren Anhänger legen und anschließend die Zaunelemente und Betonfüße beiseite räumen. Ihre Kollegen von der Spätschicht werden heute Abend kurz vor Dienstende um 23 Uhr den Zaun wieder aufstellen und mit den Fahrradschlössern verschließen.

Alle Kollegen des mobilen Toiletten-Teams haben vorher im Görlitzer Park als Parkläufer gearbeitet. Sie kennen die Gegend und ihre Herausforderungen, sie kennen die Menschen, die dort unterwegs sind – und diese Leute kennen sie. Sie haben Erfahrung im Umgang mit den einzelnen Nutzungsgruppen gesammelt und wissen, wann weitere Kollegen, das Ordnungsamt oder die Polizei dazuzuholen ist.

Die Arbeit, die die beiden acht Stunden am Tag verrichten, ist voller Herausforderungen. Ahmed Hamdi stört das nicht: „Ich starte immer mit einem guten Gefühl in den Tag. Das ist meine Arbeit. Die mache ich und habe keine Angst, dass es mal zu gefährlich werden könnte.“ Von 2017 bis 2021 hat er bei einer privaten Sicherheitsfirma gearbeitet und sei daher entsprechend geschult im Umgang mit verschiedenen Herausforderungen und schwierigen Nutzergruppen.

auf dem Rad

Nichts für zart Besaitete

Auch im Umfeld der Toilette, am Platz ohne Namen, schauen die beiden nach dem Rechten. Zwei illegal entsorgte Autoreifen, die neben der Toilette abgelegt wurden, laden sie in den Lastenanhänger, um sie später zum Werkhof des Grünflächenamtes zu bringen.

Unterwegs treffen die beiden ihren Kollegen Ibrahima “Papus” Sow, der als Parkmanagement-Assistenz ihr direkter Ansprechpartner und die Schnittstelle zwischen dem Dienstleister Think Si3 und dem bezirklichen Straßen- und Grünflächenamt ist. Er koordiniert und leitet aus einer Hand die Park- und Kiezläufer vor Ort, aber auch das Toiletten-Team, um schneller auf sich verändernde Situationen reagieren zu können.

Dann steigen die beiden Kollegen auf ihre Räder und fahren dennächsten Punkt auf ihrer Tour an – den Toilettencontainer an der Grillwiese im Görlitzer Park. Auch dieser WC-Standort ist nachts aufgrund massiver Fehlnutzungen abgesperrt. Ahmed Hamdi und Job Quave Awuah nehmen die Toilette für den heutigen Tag in Betrieb und radeln im Park weiter zum nächsten Einsatzort.

Die kostenlose WC-Anlage im Bereich der Kuhle ist 24 Stunden geöffnet. Dadurch hat das Toiletten-Team hier den ersten Reinigungseinsatz ihrer Schicht. Ein Nutzer verlässt die Toilettenkabine, als die beiden kommen. Der Zustand der Toilette ist nichts für zart Besaitete. Am Boden liegen Müll, aber auch Fäkalien. Keine Seltenheit, berichtet Ahmed Hamdi: „So sieht’s hier morgens eigentlich immer aus.“ Er entfernt den Müll und den Kot und lässt das automatische Reinigungsprogramm der Toilette laufen. Etwas zum Beräumen findet das Team eigentlich immer vor: „Klamotten, blutige Tücher, Feuerzeuge, Konsumutensilien“, zählt Ahmed Hamdi auf. Zu ihrem eigenen Schutz sind die Kollegen entsprechend mit stichfesten Handschuhen und Greifern ausgestattet. Für die korrekte Entsorgung von Spritzen hat das Team einen Spritzensammeleimer im Anhänger dabei.

Ahmed Hamdi

Fehlnutzer*innen zeigen sich in der Regel kooperativ

Weiter geht’s, vorbei am Drogenkonsummobil von Fixpunkt, zur Berliner Toilette am Eingang zur Skalitzer Straße. An dieser WC-Anlage leuchtet der rote Hinweis „Außer Betrieb“ auf. Ein Blick in den Innenraum zeigt, dass hier jemand mit brachialer Gewalt vorgegangen ist, um die Toilette im Reinigungsmodus zu halten. Dafür wurde eine Platte aus der Wand gerissen. In der Kloschüssel schwimmen Kleidungsstücke. Hier kann das Toiletten-Team außer einem kurzen Durchfegen selbst nicht viel anrichten. Wenn die Technik durch Vandalismus gestört wird, muss der Betreiber informiert werden, um seine Fachleute zu schicken. Job Quave Awuah macht mit dem Diensthandy Fotos zur Dokumentation und füllt die Meldung in der App aus. Dann steigen die beiden auf ihre Räder und steuern die Toilette am Lausitzer Platz an.

Für eine Runde zu allen neun Toiletten-Standorten braucht das Team je nach Situation der Anlagen ein bis zwei Stunden. Dann beginnt die Runde von Neuem. Durch diese intensiven Kontrollen kann Fehlnutzungen vorgebeugt werden. Eine Herausforderung ist, dass sich Drogenkonsument*innen, vor allem bei Regen, in die WC-Anlagen zurückziehen und dort konsumieren oder übernachten. Regelmäßig schicken die Kollegen Menschen aus der Toilette, teilweise mehrere gleichzeitig. „In einer Toilette waren neulich elf Personen“, erzählt Ahmed Hamdi. Er bitte sie immer freundlich, die Anlage zu verlassen. In der Regel klappe das sehr gut. „Die Drogenkonsumenten sind sehr kooperativ, wenn wir sie ansprechen.“ Bei größeren Gruppen holt sich das Toiletten-Team manchmal personelle Unterstützung von den Parkläufern. Die Hinzuziehung der Polizei oder eine andere Eskalation sei bislang nie notwendig geworden.