Lebensmittelkriminalität bekämpfen

Gemüse, Käse Fisch Fleisch und Öl unverpackt auf einer Steinplatte

Was ist Food Fraud/Lebensmittelkriminalität?

Der Schutz vor Irreführung und Täuschung ist neben der Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit ein zentrales Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung.
Innerhalb der EU-Gesetzgebung gibt es keine Definition, was unter „Fraud“ in der Lebensmittelkette zu verstehen ist. Wörtlich übersetzt als „Lebensmittelbetrug“, hat sich die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Food Fraud/Lebensmittelkriminalität“ im Jahr 2018 darauf geeinigt, dass ein Fall von Lebensmittelkriminalität/Food Fraud bei einem vorsätzlichen und unerlaubten Austausch oder Zusatz, der Verfälschung oder Falschdarstellung von Lebensmitteln, Lebensmittelbestandteilen oder Lebensmittelverpackungen oder bei täuschenden Aussagen über ein Produkt, mit der Absicht, dadurch einen wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen, vorliegt.
Immer komplexere Warenströme können das Auftreten von Food Fraud begünstigen.
Nach der EU-Kontrollverordnung (VO (EU) 2017/625, in Kraft seit dem 14. Dezember 2019) sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, Maßnahmen zur Bekämpfung von Food Fraud zu ergreifen. Die zuständigen Behörden haben ihre risikobasierten Kontrollen auch auf die Aufdeckung betrügerischer oder irreführender Praktiken auszurichten (Art. 9 Abs. 2 VO (EU) 2017/625). Demzufolge gehen die Kontrollen der Lebensmittelüberwachung heutzutage über den Schutz vor Gesundheitsgefahren hinaus.
Im Vordergrund steht bei der Bekämpfung von Food Fraud der Schutz vor Irreführung und Täuschung sowie der Schutz des Vermögens der Verbraucherinnen und Verbraucher .
Wegen der Furcht vor Entdeckung gehen üblicherweise mit Fällen von Food Fraud, d. h. der Manipulation oder Falschkennzeichnung von Lebensmitteln, keine unmittelbaren Gesundheitsgefahren einher. Diese sind jedoch auch nicht prinzipiell ausgeschlossen. Beispielsweise kann der Zusatz von minderwertigen oder verbotenen Stoffen, wie Sudanrot-Farbstoff zu Gewürzen, Erdnüssen oder Cashewkernen zu Haselnüssen gesundheitliche Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher haben.
„Food Fraud“ kann in verschiedenen Formen auftreten:

  • Zusatz eines lebensmittelfremden – exogenen – Stoffes zur Vortäuschung einer besseren Qualität oder zur Streckung;
  • Zusatz eines im Lebensmittel bereits enthaltenen – endogenen – Stoffes zur Streckung oder Vortäuschung einer höheren Qualität;
  • Verschnitt von verschiedenen – geographischen und/oder botanischen/tierischen – Herkünften ohne entsprechende Kennzeichnung;
  • Anwendungen nicht gekennzeichneter oder nicht erlaubter Herstellungsprozesse;
  • Falschdeklaration.

Möchten Sie einen Verdacht auf Lebensmittelkriminalität melden, wenden Sie sich bitte direkt an das LKA Berlin.

Ein kurzes Erklärvideo zu Food Fraud finden Sie auf der Homepage des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Nationale Aktivitäten gegen Lebensmittelkriminalität

Die Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) und die Justizministerkonferenz (JuMiKo) haben 2016, angesichts der steigenden Bedeutung von Lebensmittelkriminalität, die Einrichtung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe von Lebensmittelüberwachung, Justiz und Polizei – unter Einbeziehung des Zolls – beschlossen. Diese Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) unter Leitung Berlins wurde beauftragt, Vorschläge für eine koordinierte Bekämpfungsstrategie vorzulegen. 2018 legte die BLAG einen Bericht mit 35 Empfehlungen vor. Die VSMK beschloss am 28. April 2017 einstimmig, die Handlungsempfehlungen im Bund und in den Ländern umzusetzen.
Seither ist kontinuierlich auf Bundes- und Länderebene die Bekämpfung von Food Fraud vorangetrieben worden.

Unter anderem sind folgende Maßnahmen umgesetzt worden:

  • In regelmäßigen zeitlichen Abständen finden seit dem Jahr 2017 unter der Organisation der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz im Rahmen eines sog. Runden Tisches die bezirklichen Lebensmittelüberwachungsbehörden, Amts-/Staatsanwaltschaft Berlin und das Landeskriminalamt Berlin für einen gemeinsamen Austausch zusammen.
  • Seit dem Jahr 2019 finden regelmäßig interdisziplinäre Workshops für das in der amtlichen Lebensmittelüberwachung tätige Personal statt, um sich zum Thema Food Fraud fortzubilden und zu sensibilisieren.
  • Im Jahr 2017 ist am Max Rubner-Institut 1 in Kulmbach (Bayern) ein Nationales Referenzzentrum für authentische Lebensmittel (NRZ-Authent) errichtet worden. Ziel ist unter anderem der Aufbau einer Referenzdatenbank für bundesweit verfügbare Methodenkompetenzen der jeweiligen Untersuchungseinrichtungen der Länder. Ferner werden Analyseergebnisse und Referenzmaterialien zu den einzelnen Lebensmitteln und Lebensmittelgruppen bereitgehalten, um analytische Abgleiche zur Ermittlung der Echtheit von Lebensmitteln zu ermöglichen.
  • Am 2. Juli 2023 ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG ) in Kraft getreten.

Es dient der Umsetzung der sog. EU-Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937) sowie der sog. EU-Kontrollverordnung (Art. 140) in nationales Recht. Es regelt den Schutz von Beschäftigten, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße gegen Rechtsvorschriften – erfasst sind auch diese aus dem Bereich der Lebensmittel wie beispielsweise das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) – erlangt und diese gemeldet haben. Um die Meldung von Verstößen zu erleichtern, sind Arbeitgeber ab einer durchschnittlichen Größe von 50 Beschäftigten verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten. Externe Meldestelle auf Bundesebene ist das Bundesamt für Justiz.

1 Max Rubner Institut
  • Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Food Fraud - Lebensmittelkriminalität

    Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Food Fraud – Lebensmittelkriminalität

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Weitere Informationen

Internationale Aktivitäten gegen Lebensmittelkriminalität und Meldewege

OPSON-Operationen

Seit 2011 koordinieren Europol und INTERPOL OPSON-Operationen 2 , an denen weltweit Staaten teilnehmen. Ziel von OPSON ist die Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden (Lebensmittelüberwachung, Zollverwaltung, Polizei, Staatsanwaltschaft) auf nationaler Ebene sowie auf europäischer/internationaler Ebene bei der Bekämpfung von Irreführung und Täuschung/betrügerischen Praktiken im Lebensmittelverkehr. Der Begriff „OPSON“ stammt aus dem Griechischen und beschreibt den wertgebenden Bestandteil des Essens, daher wurde er als Bezeichnung für die weltweit stattfindenden Operationen zur Bekämpfung von Lebensmittelkriminalität gewählt. Die Behörden der teilnehmenden Staaten verfolgen dabei das Ziel der Aufdeckung und ggf. Sicherstellung von gefälschten oder qualitativ minderwertigen Lebensmitteln.

2 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

EU Agri-Food Fraud Network

Die Europäische Kommission hat 2013 ein Netzwerk zur Bekämpfung von Lebensmittelkriminalität, das sogenannte „EU Agri-Food Fraud Network (FFN )“ 3, ins Leben gerufen. Es umfasst die Europäische Kommission selbst, die Kontaktstellen der derzeit 28 EU-Mitgliedstaaten sowie diese der Schweiz, Norwegen und Island. Es dient der Zusammenarbeit ihrer Mitglieder nach den Vorgaben der EU-Kontrollverordnung (VO (EU) 2017/625) durch Kooperation und Informationsaustausch bei grenzübergreifenden „Food Fraud“- Fällen.
Nationale Kontaktstelle für Deutschland ist das Bundesamt für Verbrauchschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL ) 4. Alle Bundesländer sind Bestandteil dieses Netzwerks und haben eigene Länder-Kontaktstellen eingerichtet. Informationen werden an Länderkontaktstellen der jeweils betroffenen Bundesländer weitergeleitet. Für Berlin nimmt die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz diese Aufgabe wahr. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) nimmt als Landeskontaktstelle die Meldungen entgegen, bei denen eine Gefahr für die Gesundheit nicht ausgeschlossen werden kann.
Die jeweiligen Kontaktstellen übermitteln die Meldungen dann an die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden der betroffenen Berliner Bezirke (Veterinär- und Lebensmittelaufsicht – (VetLeb)). Erkenntnisse aus den Kontrollen der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht werden bei Bedarf im sog. Upstream-Verfahren entlang der zuvor genannten Informationskette „hochgeleitet“.
Die Untersuchung und lebensmittelrechtliche Beurteilung von Lebensmitteln mit Hintergrund “Food Fraud” bzw. “Lebensmittelkriminalität” wird für den Raum Berlin-Brandenburg durch das Landeslabor Berlin-Brandenburg 5 durchgeführt.

3 EU Agri-Food Fraud Network (FFN) 4 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit – Nationale Kontaktstelle 5 Landeslabor Berlin-Brandenburg

Das Kommunikationsnetzwerk AAC-FF

Bei Food Fraud-Fällen, die mehr als einen EU-Mitgliedstaat betreffen, erfolgt die Kommunikation zwischen den Mitgliedsstaaten und der Europäischen Kommission über das webbasierte Administrative Assistance and Cooperation System Food Fraud (AAC-FF) 6 . Das AAC ist ein elektronisches Kommunikationsnetzwerk, das den Austausch von Meldungen und die Amtshilfe, u.a. Food Fraud-/Lebensmittelbetrugsmeldungen innerhalb des EU Agri-Food Fraud-Networks (FFN), erleichtert.

6 Administrative Assistance and Cooperation System Food Fraud (AAC-FF)

Häufig gefälschte Lebensmittel

Exemplarisch anhand des Jahres 2022 wird in folgender Auswahl dargestellt, hinsichtlich welcher Lebensmittel-Produktkategorien besonders häufig zwischen den Mitgliedern des EU Agri Food Fraud Networks Meldungen mit Verdacht auf Food Fraud übermittelt wurden und welche Formen der Fälschung bei diesen besonders häufig auftraten:

  • Honig & Gelée Royale (insb. Verfälschung mit Fremdzuckern)
  • Fleisch & Fleischprodukte (illegaler Import, Falschetikettierung)
  • Fisch & Fischereierzeugnisse (Ersatz durch minderwertige Fischsorten oder Färbemittel bei Thunfisch zur Vortäuschung von Frische)
  • Geflügelfleisch & Geflügelfleischerzeugnisse (Wasserzusatz zur Gewichtsmanipulation und Falschetikettierung, z. B. Angabe eines falschen Gefrierdatums)
  • Fette & Öle (Falschetikettierung, die eine höhere Qualität vorgibt, z. B. „Olivenöl Extra Nativ“)
  • Diätische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel & angereicherte Lebensmittel (fehlende Zulassung der Produkte oder einzelner Inhaltsstoffe, unzulässig gesundheitsbezogene Angaben)
  • Krustentiere & Krustentiererzeugnisse (nicht deklarierter Wasserzusatz bei Garnelenerzeugnissen)

Die Daten entstammen dem jährlichen Bericht „Annual Report Alert and Cooperation Network“ der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2022, der in englischer Sprache abrufbar ist. Weitere Informationen zu diesen und weiteren Produktkategorien und zu den angewandten Manipulationsmethoden sind diesem Bericht zu entnehmen.

DOWNLOAD 2022 Annual Report Alert and Cooperation Network https(Link führt zum Download des Berichts aus dem Jahr 2022)