Zum Jahresbeginn 1912 war endlich der Zusammenschluss Berlins mit Charlottenburg, Schöneberg, Wilmersdorf, Lichtenberg, Neukölln und Spandau sowie den Kreisen Niederbarnim und Teltow zum Zweckverband Groß-Berlin erfolgt. Die Kompetenzen des Zweckverbandes erstreckten sich jedoch nur auf die Bereiche Verkehr, Bebauung und Erholungsflächen. Zur großen Gebietsreform kam es erst nach Krieg, Revolution und Schaffung der ersten deutschen Republik. In der Periode bis dahin amtierte als Oberbürgermeister Adolf Wermuth. Mit ihm stand in den turbulenten Jahren des Krieges und des gesellschaftlichen Umbruchs ein parteipolitisch unabhängiger Karrierediplomat an der Spitze Berlins. Geboren am 23. März 1855 in Hannover, hatte Wermuth vor seiner Berliner Amtszeit hohe Staatsämter auf Reichsebene bekleidet. So war er unter anderem für die deutschen Beiträge zu den Weltausstellungen in Melbourne (1888) und Chicago (1893) verantwortlich und wurde 1909 Staatssekretär im Reichsschatzamt. Schon unmittelbar nach seinem Amtsantritt in Berlin am 1. September 1912 sah sich Wermuth aufgrund der angespannten Versorgungslage gezwungen, für rund zwölf Millionen Reichsmark Fleisch aufzukaufen, um es zum Selbstkostenpreis an die Bevölkerung auszugeben. Während des Krieges wurde die Lebensmittelzwangswirtschaft ausgeweitet. Bereits 1913 war auf Initiative Wermuths das Berliner Stadtarchiv gegründet sowie das bis heute existierende Goldene Buch der Stadt eingeführt worden.
Am 23. Februar 1919 wurde über die Zusammensetzung einer neuen Berliner Stadtverordnetenversammlung erstmals von Männern und Frauen nach dem allgemeinen und gleichen Wahlrecht entschieden. Ein gutes Jahr später schlug dann endlich die Stunde für “Groß-Berlin”: Am 27. April 1920 verabschiedete die Verfassungsgebende Preußische Landesversammlung das Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin, die aus “Alt-Berlin” und sieben weiteren Städten, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken bestand und in 20 Bezirke eingeteilt wurde. Die Einwohnerzahl betrug nun 3,8 Millionen, die Fläche rund 880 Quadratkilometer. Die ersten Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung nach der Gebietsreform fanden am 20. Juni 1920 statt. Wegen Verfahrensfehlern mussten diese jedoch wiederholte werden. Als die Rathausmehrheit für die Sozialdemokraten und die USPD dabei verloren ging, trat Adolf Wermuth im November 1920 zurück. Er verstarb am 11. Oktober 1927 in Berlin.
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