Verfassungsschutzbericht 2021 veröffentlicht –Journalistinnen und Journalisten im Fokus von Verfassungsfeinden
Pressemitteilung vom 24.05.2022
Aus der Sitzung des Senats am 24. Mai 2022:
Der Senat von Berlin hat in seiner heutigen Sitzung den von der Senatorin für Inneres, Digitalisierung und Sport Iris Spranger vorgelegten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 zur Kenntnis genommen.
Innensenatorin Iris Spranger: „Der Verfassungsschutzbericht 2021 zeigt einmal mehr, dass unsere Stadt auf einen starken Verfassungsschutz angewiesen ist. Das extremistische Personenpotenzial in Berlin ist weiter gewachsen und neue Bedrohungen attackieren Grundpfeiler unserer freiheitlichen Demokratie. Unsere Stadt wird regelmäßig von Verfassungsfeinden aus allen extremistischen Bereichen als Bühne für ihre Aktivitäten missbraucht. In Berlin als Hauptstadt und Regierungssitz sind zudem ausländische Nachrichtendienste sehr präsent. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht deutlich, wie wichtig auch die Spionageabwehr ist. Mein Dank gilt allen Mitarbeitenden des Berliner Verfassungsschutzes, die sich diesen Herausforderungen engagiert stellen. Sie verdienen unseren Respekt und unsere Unterstützung. Denn eins ist klar: Berlin bleibt eine offene und tolerante Stadt, in der Extremismus gleich welcher Art keinen Platz hat!“
Journalistinnen und Journalisten im Fokus von Verfassungsfeinden
Das Sonderkapitel des Verfassungsschutzberichtes für 2021 befasst sich mit den Angriffen von Verfassungsfeinden auf Medien und Medienschaffende. Diese Angriffe haben 2021 einen neuen Höchststand erreicht. Zurückzuführen ist dies auch auf Kampagnen, die bereits seit längerem vor allem aus der rechtsextremistischen Szene und den Spektren der „Reichsbürger“ und „Staatsdelegitimierer“ gegen Journalistinnen und Journalisten initiiert werden. Ihnen geht es dabei längst nicht mehr nur darum, kritische Journalistinnen und Journalisten mundtot zu machen. Ihre Angriffe richten sich gegen die Meinungsvielfalt und den gesellschaftlichen Pluralismus und damit gegen zentrale Werte unserer Verfassung.
Delegitimierung und Destabilisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung als neues Phänomen
Erstmals enthält der Verfassungsschutzbericht ein eigenes Kapitel zum neuen Phänomenbereich der „Bestrebungen zur Delegitimierung und Destabilisierung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung“. Dieses Spektrum hat sich im Zuge der Proteste gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie entwickelt und in Teilen immer stärker radikalisiert. Hier ist eine verfassungsfeindliche Szene entstanden, die staatliche Maßnahmen und Institutionen anhaltend und systematisch attackiert, die den Parlamentarismus verächtlich macht, gerichtliche Entscheidungen bewusst provozierend missachtet und etablierte Medien(schaffende) verbal und auch körperlich angreift.
Rechtsextremismus/„Reichsbürger und Selbstverwalter“
Das rechtsextremistische Personenpotenzial in Berlin ist im Jahr 2021 mit 1440 Personen nahezu unverändert geblieben (2019: 1430). Davon gelten 750 Personen als gewaltorientiert (2020: 750). Während sich die Partei „Der III. Weg“ zum zentralen Akteur des organisierten Rechtsextremismus entwickelt hat, ist mehr als die Hälfte der in Berlin aktiven Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten dem „weitgehend unstrukturierten rechtsextremistischen Personenpotenzial“ zuzurechnen. Dazu zählen Personen, die als rechtsextremistische Straf- und Gewalttäter bekannt sind, die an Szeneveranstaltungen teilnehmen und zu (über)regionalen Demonstrationen mobilisiert werden. Das Potenzial der sogenannten „Reichsbürger und Selbstverwalter“ ist mit ca. 670 Personen unverändert geblieben. Neben den Aktivitäten, die die rechtsextremistische Szene und das Spektrum der „Reichsbürger“ im Jahr 2021 in Berlin entfaltet haben, enthält der Bericht auch einen Abschnitt zum Thema „Rechtsextremistinnen, Rechtsextremisten und ‚Reichsbürger‘ in Sicherheitsbehörden“. Laut dem zweiten Lagebericht über Rechtsextremisten und „Reichsbürger“ in Sicherheitsbehörden des Bundesamts für Verfassungsschutz gab es in Berlin 74 Verdachtsfälle mit 93 betroffenen Personen.
Islamismus
Im islamistischen Spektrum ist das Personenpotenzial im Vergleich zum Vorjahr um 90 Personen auf insgesamt 2260 Personen angestiegen. Dieser Zuwachs gilt vor allem für die sonstigen gewaltorientierten islamistischen Gruppierungen. Das salafistische Personenpotenzial beläuft sich unverändert auf etwa 1100 Personen. Dem Spektrum des legalistischen Islamismus werden weiterhin etwa 600 Personen zugerechnet. Thematisch bilden die Entwicklungen im Bereich der salafistischen Szene und die antisemitischen und israelfeindlichen Veranstaltungen im Mai des vergangenen Jahres die Schwerpunkte.
Linksextremismus
Im linksextremistischen Spektrum ist das Personenpotenzial im Jahr 2021 um 200 auf insgesamt 3800 Personen angewachsen. Wie in den Vorjahren ist dieser Anstieg auf den Zuwachs im Bereich der „Roten Hilfe“ zurückzuführen. Das Personenpotenzial gewaltbereiter Linksextremisten ist leicht rückläufig und beläuft sich auf etwa 950 Personen (2020: 980). Die meisten Aktivitäten der linksextremistischen Szene waren unverändert auf die Auseinandersetzung mit tatsächlichen oder drohenden Räumungen verschiedener Szeneobjekte gerichtet. Vor allem das autonome Spektrum agierte hier unverändert gewaltbereit.
Der aktuelle Bericht ist online zu finden.
Kontakt
Pressestelle der Senatsverwaltung für Inneres und Sport