Länderübergreifende Durchsuchungen bei mutmaßlichen „Juicy Fields“-Verantwortlichen

Polizeimeldung vom 12.04.2024

bundesweit

Nr. 0758
Bei Verantwortlichen der Internetplattform „Juicy Fields“ vollstreckten Polizeikräfte gestern insgesamt 33 Durchsuchungsbeschlüsse in vier Ländern. Außerdem wurden Haftbefehle und Vermögensarreste vollstreckt. Bei den Maßnahmen waren 264 deutsche Beamte im Einsatz. Darunter waren neben bundesweiter Polizeiunterstützung auch spezialisierte Krypto- und Finanz- und Wirtschaftsermittlerinnen und Wirtschaftsermittler, Kunstermittlerinnen und Kunstermittler, Spezialeinsatzkommandos, russische Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, ein Geldsuchhund und ein Datensuchhund sowie weitere IT-Forensiker der Bundespolizei und Vertreterinnen und Vertreter von EuroPol und EuroJust am Einsatz beteiligt.
„Juicy Fields“ soll seit 2020 sogenanntes „E-Growing“ angeboten haben: Investoren konnten sich über virtuelle Gewächshäuser an Anbau, Ernte und Verkauf von medizinischen Cannabispflanzen beteiligen, wofür erhebliche Renditen in Aussicht gestellt wurden. Dabei soll das Angebot bewusst auch auf Kleinanleger abgezielt haben, denn eine Beteiligung war bereits ab einem Betrag von 50 Euro möglich. Die Pflanzen selbst sollen hingegen nicht existiert, sondern es sich vielmehr um ein groß angelegtes „Schneeballsystem“ gehandelt haben.
Nachdem das Landeskriminalamt Berlin bereits am 16. August 2022 im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin Durchsuchungsbeschlüsse und Vermögensarreste vollstreckt hatte, wurden die dabei erlangten Unterlagen und Daten ausgewertet. Der Kreis der Beschuldigten wuchs von damals noch zwölf Personen auf mittlerweile 31 Personen an. Im Nachgang zu den damaligen Maßnahmen erstatteten zahlreiche weitere mutmaßliche Geschädigte zudem Anzeige. Während im August 2022 „erst“ 230 Anzeigen von Betroffenen vorlagen, sind mehr als 3.000 Anzeigen Gegenstand des allein in Berlin geführten Verfahrens. Mutmaßliche Betrugsopfer gibt es wohl in mehr als 35 Ländern.
Dies führte zur Gründung einer länderübergreifenden Ermittlungsgruppe (Joint Investigation Team: JIT), das gemeinsame grenzüberschreitende Ermittlungen ermöglicht. An dem JIT, dessen Einrichtung von EuroJust koordiniert wurde, sind neben der Staatsanwaltschaft Berlin für Deutschland auch die JUNALCO (Juridiction Nationale de Lutte contre la Criminalité Organisée Tribunal Judiciaire de Paris) für Frankreich und das Nationale Gericht durch den Richter am Zentralen Ermittlungsgericht Nr. 6 und den Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft des Nationalen Gerichts für Spanien beteiligt.
Durchsucht wurden 17 Wohnanschriften in Deutschland (davon 10 in Berlin, weitere in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen und Nordrhein-Westfalen) und zwei Wohnanschriften von Beschuldigten in Lettland, eine Geschäftsanschrift in Estland sowie fünf Wohnanschriften und vier Geschäftsanschriften in Polen. Ziel der Durchsuchungen waren weitere Geschäftsunterlagen, die Aufschluss über die Geschäftsabläufe, Geldflüsse und Verantwortlichkeiten innerhalb von „Juicy Fields“ geben. Insgesamt waren – auch über Europol – neben Polizeikräften der JIT-Länder auch solche aus der Dominikanischen Republik, Estland, Großbritannien, Lettland, Italien, Malta, Polen, Portugal und der Schweiz involviert.
Ein sechzig Jahre alter Tatverdächtiger, der als wirtschaftlich Berechtigter und Entscheidungsträger einer Unternehmensgruppe, der verdeckt Geschäftsanteile über eine Stiftung in Lichtenstein Anteile an „JuicyFields“ halten und Teil des Vorstands der AG sein soll, wurde aufgrund eines zuvor von der Staatsanwaltschaft erwirkten Haftbefehls festgenommen. Der Haftbefehl wurde noch gestern von einem Ermittlungsrichter in Vollzug gesetzt.
Aufgrund eines weiteren Haftbefehls konnte zudem in Baden-Württemberg ein 55-jähriger Tatverdächtiger festgenommen werden. Der Beschuldigte war Geschäftsführer und Gesellschafter des Unternehmens und einziger Kontobevollmächtigter sämtlicher Geschäftskonten. Auch dieser Haftbefehl wurde gestern noch von einem Ermittlungsrichter in Vollzug gesetzt.
In weiteren europäischen Ländern und der Dominikanischen Republik erfolgten weitere Festnahmen.
Vollstreckt wurden zudem acht Vermögensarreste über einen derzeitigen Gesamtwert von ca. 500.000 € gegenüber Beschuldigten und involvierten Firmen. Nach den bisherigen Auswertungen sollen tatsächlich durch 186.496 Anleger fast 645 Millionen Euro, davon etwa 190 Millionen in Kryptowährungen, an „Juicy Fields“ gezahlt worden sein.
Das Verfahren wird – soweit es die von Russland aus agierenden Hauptverantwortlichen der Internetplattform betrifft – wegen des Verdachts des banden- und gewerbsmäßigen Betruges geführt. Gegen die anderen Beschuldigten könnten alternativ auch Strafbarkeiten wegen Geldwäsche in Betracht kommen.
Vorherige Gemeinsame Pressemeldung Staatsanwaltschaft und Polizei Berlin vom 17. August 2022:
Durchsuchungen bei mutmaßlichen „Juicy Fields“-Verantwortlichen
Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen zwölf mutmaßlich Verantwortliche der Internetplattform „juicyfields.io“ erfolgten gestern Durchsuchungen von deren Wohnungen und von Geschäftsräumen von fünf Firmen an zwei Standorten durch das Landeskriminalamt Berlin im Auftrag der Staatsanwaltschaft Berlin. Zahlreiche Unterlagen konnten sichergestellt werden.
Die o.g. Plattform soll seit 2020 sogenanntes „E-Growing“ angeboten haben: Investoren konnten sich über virtuelle Gewächshäuser an Anbau, Ernte und Verkauf von medizinischen Cannabispflanzen beteiligen, dafür wurden erhebliche Renditen in Aussicht gestellt. Dabei soll das Angebot bewusst auch auf Kleinanleger abgezielt haben, eine Beteiligung war bereits ab einem Betrag von 50,- Euro möglich. Bisher liegen Anzeigen von 230 Anlegern vor.
Durch die Ermittlungen soll nun geklärt werden, ob die erworbenen Pflanzen tatsächlich existierten oder ob möglicherweise Anlegerinnen und Anleger im Rahmen eines sogenannten „Schneeballsystems“ betrogen wurden– Altforderungen wären dann direkt aus neu eingenommenem Geld beglichen worden, ohne dass es zu der tatsächlich bezweckten Geldanlage gekommen wäre. Auch die Höhe eines etwaigen Schadens ist Gegenstand der Ermittlungen. Gegen vier Gesellschaften wurden bereits jetzt Vermögensarreste über jeweils 2.557.197,97 Euro vollstreckt.
An der Durchsuchung beteiligt war neben dem Landeskriminalamt auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die bereits am 3. Juni 2022 öffentliche Angebote von Vermögensanlagen in Form von Investitionen in Cannabispflanzen untersagt, am 20. Juli 2022 weitere Warnungen für Verbraucherinnen und Verbraucher veröffentlicht hat und selbst wegen Verstoßes gegen das Vermögensanlagegesetz gegen die Juicy Holdings B.V. ermittelt.

Die Ermittlungen dauern an.